Hugo, Gustav: Lehrbuch der Rechtsgeschichte bis auf unsre Zeiten. Berlin, 1790.Theil I. bis Justinian. griechischen Litteratur machten die Römerüberhaupt erst kurz vor dem Ende dieser Pe- riode. Anfangs lernte man die 12 Tafeln auswendig, nachher studirte man nur das Edict des Prätors, weil die 12 Tafeln nun schon gar zu sehr schienen, sich von selbst zu verstehen. Auch das Auswendiglernen der Formulare war eine Hauptsache; dies geschah, indem der junge Rechtsgelehrte zusah und es sich merkte, wie der alte Jurisconsultus seine Bescheide und seinen Rath gab. Es war die einzige Wissenschaft, die man lernte, denn in der Beredsamkeit ward noch wenig nach Regeln unterrichtet, und höchstens tha- ten es griechische Rhetoren; hingegen hier lernte man von den ersten Staatsmännern. Die meisten Juristen dieser Periode hatten wenigstens ein Jahr lang das Volk regiert, von dessen Gnade so mancher König abhing. Wäre dies nicht gewesen, so wäre die Kunst gewiß zu schulgerecht und spitzfindig geworden, zu einer Zeit wo man seine Begriffe noch so wenig durch Lectüre erweiterte. §. 80. Uebrigens dachte man nicht daran, einen chen
Theil I. bis Juſtinian. griechiſchen Litteratur machten die Roͤmeruͤberhaupt erſt kurz vor dem Ende dieſer Pe- riode. Anfangs lernte man die 12 Tafeln auswendig, nachher ſtudirte man nur das Edict des Praͤtors, weil die 12 Tafeln nun ſchon gar zu ſehr ſchienen, ſich von ſelbſt zu verſtehen. Auch das Auswendiglernen der Formulare war eine Hauptſache; dies geſchah, indem der junge Rechtsgelehrte zuſah und es ſich merkte, wie der alte Jurisconſultus ſeine Beſcheide und ſeinen Rath gab. Es war die einzige Wiſſenſchaft, die man lernte, denn in der Beredſamkeit ward noch wenig nach Regeln unterrichtet, und hoͤchſtens tha- ten es griechiſche Rhetoren; hingegen hier lernte man von den erſten Staatsmaͤnnern. Die meiſten Juriſten dieſer Periode hatten wenigſtens ein Jahr lang das Volk regiert, von deſſen Gnade ſo mancher Koͤnig abhing. Waͤre dies nicht geweſen, ſo waͤre die Kunſt gewiß zu ſchulgerecht und ſpitzfindig geworden, zu einer Zeit wo man ſeine Begriffe noch ſo wenig durch Lectuͤre erweiterte. §. 80. Uebrigens dachte man nicht daran, einen chen
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Theil I. bis Juſtinian.
griechiſchen Litteratur machten die Roͤmer
uͤberhaupt erſt kurz vor dem Ende dieſer Pe-
riode. Anfangs lernte man die 12 Tafeln
auswendig, nachher ſtudirte man nur das
Edict des Praͤtors, weil die 12 Tafeln nun
ſchon gar zu ſehr ſchienen, ſich von ſelbſt zu
verſtehen. Auch das Auswendiglernen der
Formulare war eine Hauptſache; dies geſchah,
indem der junge Rechtsgelehrte zuſah und es
ſich merkte, wie der alte Jurisconſultus ſeine
Beſcheide und ſeinen Rath gab. Es war
die einzige Wiſſenſchaft, die man lernte,
denn in der Beredſamkeit ward noch wenig
nach Regeln unterrichtet, und hoͤchſtens tha-
ten es griechiſche Rhetoren; hingegen hier
lernte man von den erſten Staatsmaͤnnern.
Die meiſten Juriſten dieſer Periode hatten
wenigſtens ein Jahr lang das Volk regiert,
von deſſen Gnade ſo mancher Koͤnig abhing.
Waͤre dies nicht geweſen, ſo waͤre die Kunſt
gewiß zu ſchulgerecht und ſpitzfindig geworden,
zu einer Zeit wo man ſeine Begriffe noch ſo
wenig durch Lectuͤre erweiterte.
§. 80.
Uebrigens dachte man nicht daran, einen
Jurisconſultus zu fragen, wenn von der Ver-
faſſung, der Religion (jus pontificium und
augurale) oder von Beſtrafung der Verbre-
chen
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