macht einen Seitenausbruch in der Ebene Los Infantes, ober- halb Icore, im Bezirk Guimar. Furchtbare Erdbeben gingen dem Ausbruch voran. Am 5. Januar 1705 thut sich ein zweiter Schlund in der Schlucht Almerchiga, 4,5 km von Icore auf. Die Lava ist so stark, daß sie das ganze Thal Fasnia oder Areza ausfüllt. Dieser zweite Schlund hört am 13. Januar zu speien auf. Ein dritter bildet sich am 2. Februar in der Cannada de Arafo. Die Lava in drei Strömen bedroht das Dorf Guimar, wird aber im Thal Melosar durch einen Felsgrat aufgehalten, der einen unüber- steiglichen Damm bildet. Während dieser Ausbrüche spürt die Stadt Orotava, die nur ein schmaler Damm von den neuen Schlünden trennt, starke Erdstöße.
Jahr 1706. -- Am 5. Mai. Ein weiterer Seiten- ausbruch des Piks von Tenerifa. Der Schlund bricht auf südlich vom Hafen von Garachico, damals dem schönsten und besuchtesten der Insel. Die volkreiche, wohlhabende Stadt hatte eine malerische Lage am Saum eines Lorbeerwaldes. Zwei Lavaströme zerstörten sie in wenigen Stunden; kein Haus blieb stehen. Der Hafen, der schon im Jahre 1645 gelitten hatte, weil ein Hochwasser viel Erdreich hineingeführt, wurde so ausgefüllt, daß die sich auftürmenden Laven in der Mitte seines Umfangs ein Vorgebirge bildeten. Ueberall, rings um Garachico, wurde das Erdreich völlig umgewandelt. Aus der Ebene stiegen Hügel auf, die Quellen blieben aus, und Felsmassen wurden durch die häufigen Erdstöße der Dammerde und des Pflanzenwuchses beraubt und blieben nackt stehen. Nur die Fischer ließen nicht vom heimatlichen Boden. Mutig, wie die Einwohner von Torre del Greco, erbauten sie wieder ein Dörfchen auf Schlackenhaufen und dem verglasten Gestein.
Jahr 1730. -- Am 1. September. Eine der furcht- barsten Katastrophen zerstört den Landungsplatz der Insel Lanzarote. Ein neuer Vulkan bildet sich bei Temanfaya. Die Lavaströme und die Erdstöße, welche den Ausbruch begleiten, zerstören eine Menge Dörfer, worunter die alten Flecken der Guanchen Tingafa, Macintafe und Guatisca. Die Stöße dauern bis 1736 fort, und die Bewohner von Lanzarote flüchten sich großenteils auf die Insel Fuerteventura. Während dieses Ausbruches, von dem schon im vorigen Kapitel die Rede war, sieht man eine dicke Rauchsäule aus der See auf- steigen. Pyramidalische Felsen erheben sich über der Meeres-
macht einen Seitenausbruch in der Ebene Los Infantes, ober- halb Icore, im Bezirk Guimar. Furchtbare Erdbeben gingen dem Ausbruch voran. Am 5. Januar 1705 thut ſich ein zweiter Schlund in der Schlucht Almerchiga, 4,5 km von Icore auf. Die Lava iſt ſo ſtark, daß ſie das ganze Thal Fasnia oder Areza ausfüllt. Dieſer zweite Schlund hört am 13. Januar zu ſpeien auf. Ein dritter bildet ſich am 2. Februar in der Cañada de Arafo. Die Lava in drei Strömen bedroht das Dorf Guimar, wird aber im Thal Meloſar durch einen Felsgrat aufgehalten, der einen unüber- ſteiglichen Damm bildet. Während dieſer Ausbrüche ſpürt die Stadt Orotava, die nur ein ſchmaler Damm von den neuen Schlünden trennt, ſtarke Erdſtöße.
Jahr 1706. — Am 5. Mai. Ein weiterer Seiten- ausbruch des Piks von Tenerifa. Der Schlund bricht auf ſüdlich vom Hafen von Garachico, damals dem ſchönſten und beſuchteſten der Inſel. Die volkreiche, wohlhabende Stadt hatte eine maleriſche Lage am Saum eines Lorbeerwaldes. Zwei Lavaſtröme zerſtörten ſie in wenigen Stunden; kein Haus blieb ſtehen. Der Hafen, der ſchon im Jahre 1645 gelitten hatte, weil ein Hochwaſſer viel Erdreich hineingeführt, wurde ſo ausgefüllt, daß die ſich auftürmenden Laven in der Mitte ſeines Umfangs ein Vorgebirge bildeten. Ueberall, rings um Garachico, wurde das Erdreich völlig umgewandelt. Aus der Ebene ſtiegen Hügel auf, die Quellen blieben aus, und Felsmaſſen wurden durch die häufigen Erdſtöße der Dammerde und des Pflanzenwuchſes beraubt und blieben nackt ſtehen. Nur die Fiſcher ließen nicht vom heimatlichen Boden. Mutig, wie die Einwohner von Torre del Greco, erbauten ſie wieder ein Dörfchen auf Schlackenhaufen und dem verglaſten Geſtein.
Jahr 1730. — Am 1. September. Eine der furcht- barſten Kataſtrophen zerſtört den Landungsplatz der Inſel Lanzarote. Ein neuer Vulkan bildet ſich bei Temanfaya. Die Lavaſtröme und die Erdſtöße, welche den Ausbruch begleiten, zerſtören eine Menge Dörfer, worunter die alten Flecken der Guanchen Tingafa, Macintafe und Guatisca. Die Stöße dauern bis 1736 fort, und die Bewohner von Lanzarote flüchten ſich großenteils auf die Inſel Fuerteventura. Während dieſes Ausbruches, von dem ſchon im vorigen Kapitel die Rede war, ſieht man eine dicke Rauchſäule aus der See auf- ſteigen. Pyramidaliſche Felſen erheben ſich über der Meeres-
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macht einen Seitenausbruch in der Ebene Los Infantes, ober-
halb Icore, im Bezirk Guimar. Furchtbare Erdbeben gingen
dem Ausbruch voran. Am 5. Januar 1705 thut ſich ein
zweiter Schlund in der Schlucht Almerchiga, 4,5 km von
Icore auf. Die Lava iſt ſo ſtark, daß ſie das ganze Thal
Fasnia oder Areza ausfüllt. Dieſer zweite Schlund hört
am 13. Januar zu ſpeien auf. Ein dritter bildet ſich am
2. Februar in der Cañada de Arafo. Die Lava in drei
Strömen bedroht das Dorf Guimar, wird aber im Thal
Meloſar durch einen Felsgrat aufgehalten, der einen unüber-
ſteiglichen Damm bildet. Während dieſer Ausbrüche ſpürt
die Stadt Orotava, die nur ein ſchmaler Damm von den
neuen Schlünden trennt, ſtarke Erdſtöße.
Jahr 1706. — Am 5. Mai. Ein weiterer Seiten-
ausbruch des Piks von Tenerifa. Der Schlund bricht auf
ſüdlich vom Hafen von Garachico, damals dem ſchönſten und
beſuchteſten der Inſel. Die volkreiche, wohlhabende Stadt
hatte eine maleriſche Lage am Saum eines Lorbeerwaldes.
Zwei Lavaſtröme zerſtörten ſie in wenigen Stunden; kein
Haus blieb ſtehen. Der Hafen, der ſchon im Jahre 1645
gelitten hatte, weil ein Hochwaſſer viel Erdreich hineingeführt,
wurde ſo ausgefüllt, daß die ſich auftürmenden Laven in der
Mitte ſeines Umfangs ein Vorgebirge bildeten. Ueberall,
rings um Garachico, wurde das Erdreich völlig umgewandelt.
Aus der Ebene ſtiegen Hügel auf, die Quellen blieben aus,
und Felsmaſſen wurden durch die häufigen Erdſtöße der
Dammerde und des Pflanzenwuchſes beraubt und blieben
nackt ſtehen. Nur die Fiſcher ließen nicht vom heimatlichen
Boden. Mutig, wie die Einwohner von Torre del Greco,
erbauten ſie wieder ein Dörfchen auf Schlackenhaufen und
dem verglaſten Geſtein.
Jahr 1730. — Am 1. September. Eine der furcht-
barſten Kataſtrophen zerſtört den Landungsplatz der Inſel
Lanzarote. Ein neuer Vulkan bildet ſich bei Temanfaya. Die
Lavaſtröme und die Erdſtöße, welche den Ausbruch begleiten,
zerſtören eine Menge Dörfer, worunter die alten Flecken der
Guanchen Tingafa, Macintafe und Guatisca. Die Stöße
dauern bis 1736 fort, und die Bewohner von Lanzarote
flüchten ſich großenteils auf die Inſel Fuerteventura. Während
dieſes Ausbruches, von dem ſchon im vorigen Kapitel die
Rede war, ſieht man eine dicke Rauchſäule aus der See auf-
ſteigen. Pyramidaliſche Felſen erheben ſich über der Meeres-
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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial01_1859/122>, abgerufen am 16.02.2025.
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