Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859.nismus und ihrem grammatischen Bau etwas wüßte, Elemente, Gelehrte, die überall, wo es Mumien, Hieroglyphen und Das Volk, das die Guanchen verdrängt hat, stammt von eines Berberstammes ist. (Vater, Untersuchungen über Amerika, S. 170.) Die guanchischen Worte alcorac, Gott, und almo- garon, Tempel, scheinen arabischen Ursprunges, wenigstens be- deutet in letzterer Sprache almoharram heilig. 1 Hornemanns Reise von Kairo nach Murzuk.
nismus und ihrem grammatiſchen Bau etwas wüßte, Elemente, Gelehrte, die überall, wo es Mumien, Hieroglyphen und Das Volk, das die Guanchen verdrängt hat, ſtammt von eines Berberſtammes iſt. (Vater, Unterſuchungen über Amerika, S. 170.) Die guanchiſchen Worte alcorac, Gott, und almo- garon, Tempel, ſcheinen arabiſchen Urſprunges, wenigſtens be- deutet in letzterer Sprache almoharram heilig. 1 Hornemanns Reiſe von Kairo nach Murzuk.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0138" n="122"/> nismus und ihrem grammatiſchen Bau etwas wüßte, Elemente,<lb/> welche von größerer Bedeutung ſind als Wortform und Gleich-<lb/> laut. Es verhält ſich mit gewiſſen Mundarten wie mit den<lb/> organiſchen Bildungen, die ſich in der Reihe der natürlichen<lb/> Familien nirgends unterbringen laſſen. Sie ſtehen nur ſchein-<lb/> bar ſo vereinzelt da; der Schein ſchwindet, ſobald man eine<lb/> größere Maſſe von Bildungen überblickt, wo dann die ver-<lb/> mittelnden Glieder hervortreten.</p><lb/> <p>Gelehrte, die überall, wo es Mumien, Hieroglyphen und<lb/> Pyramiden gibt, Aegypten ſehen, ſind vielleicht der Anſicht,<lb/> das Geſchlecht Typhons und die Guanchen ſtehen in Zu-<lb/> ſammenhang mittels der Berbern, echter Atlanten, zu denen<lb/> die Tibbu und Tuarik der Wüſte gehören. <note place="foot" n="1">Hornemanns Reiſe von Kairo nach Murzuk.</note> Es genügt<lb/> hier aber an der Bemerkung, daß eine ſolche Annahme durch<lb/> keinerlei Aehnlichkeit zwiſchen der Berberſprache und dem Kopti-<lb/> ſchen, das mit Recht für ein Ueberbleibſel des alten Aegyptiſchen<lb/> gilt, unterſtützt wird.</p><lb/> <p>Das Volk, das die Guanchen verdrängt hat, ſtammt von<lb/> Spaniern und zu einem ſehr kleinen Teil von Normannen<lb/> ab. Obgleich dieſe beiden Volksſtämme drei Jahrhunderte lang<lb/> demſelben Klima ausgeſetzt geweſen ſind, zeichnet ſich der<lb/> letztere durch weißere Haut aus. Die Nachkommen der Nor-<lb/> mannen wohnen im Thal Teganana zwiſchen Punta de Naga<lb/> und Punta de Hidalgo. Die Namen Grandville und Dam-<lb/> pierre kommen in dieſem Bezirke noch ziemlich häufig vor.<lb/> Die Kanarier ſind ein redliches, mäßiges und religiöſes Volk;<lb/> zu Hauſe zeigen ſie aber weniger Betriebſamkeit als in fremden<lb/> Ländern. Ein unruhiger Unternehmungsgeiſt treibt dieſe Inſu-<lb/> laner, wie die Biscayer und Katalanen, auf die Philippinen,<lb/> auf die Marianen und in Amerika überall hin, wo es ſpa-<lb/> niſche Kolonieen gibt, von Chile und dem La Plata bis nach<lb/> Neumexiko. Ihnen verdankt man großenteils die Fortſchritte<lb/> des Ackerbaues in den Kolonieen. Der ganze Archipel hat<lb/> kaum 160000 Einwohner, und der <hi rendition="#g">Isleños</hi> ſind vielleicht<lb/> in der Neuen Welt mehr als in ihrer alten Heimat.</p><lb/> <p> <note xml:id="seg2pn_6_2" prev="#seg2pn_6_1" place="foot" n="1">eines Berberſtammes iſt. (<hi rendition="#g">Vater</hi>, Unterſuchungen über Amerika,<lb/> S. 170.) Die guanchiſchen Worte <hi rendition="#g"><hi rendition="#aq">alcorac,</hi></hi> Gott, und <hi rendition="#g"><hi rendition="#aq">almo-<lb/> garon,</hi></hi> Tempel, ſcheinen arabiſchen Urſprunges, wenigſtens be-<lb/> deutet in letzterer Sprache <hi rendition="#g"><hi rendition="#aq">almoharram</hi> heilig</hi>.</note> </p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [122/0138]
nismus und ihrem grammatiſchen Bau etwas wüßte, Elemente,
welche von größerer Bedeutung ſind als Wortform und Gleich-
laut. Es verhält ſich mit gewiſſen Mundarten wie mit den
organiſchen Bildungen, die ſich in der Reihe der natürlichen
Familien nirgends unterbringen laſſen. Sie ſtehen nur ſchein-
bar ſo vereinzelt da; der Schein ſchwindet, ſobald man eine
größere Maſſe von Bildungen überblickt, wo dann die ver-
mittelnden Glieder hervortreten.
Gelehrte, die überall, wo es Mumien, Hieroglyphen und
Pyramiden gibt, Aegypten ſehen, ſind vielleicht der Anſicht,
das Geſchlecht Typhons und die Guanchen ſtehen in Zu-
ſammenhang mittels der Berbern, echter Atlanten, zu denen
die Tibbu und Tuarik der Wüſte gehören. 1 Es genügt
hier aber an der Bemerkung, daß eine ſolche Annahme durch
keinerlei Aehnlichkeit zwiſchen der Berberſprache und dem Kopti-
ſchen, das mit Recht für ein Ueberbleibſel des alten Aegyptiſchen
gilt, unterſtützt wird.
Das Volk, das die Guanchen verdrängt hat, ſtammt von
Spaniern und zu einem ſehr kleinen Teil von Normannen
ab. Obgleich dieſe beiden Volksſtämme drei Jahrhunderte lang
demſelben Klima ausgeſetzt geweſen ſind, zeichnet ſich der
letztere durch weißere Haut aus. Die Nachkommen der Nor-
mannen wohnen im Thal Teganana zwiſchen Punta de Naga
und Punta de Hidalgo. Die Namen Grandville und Dam-
pierre kommen in dieſem Bezirke noch ziemlich häufig vor.
Die Kanarier ſind ein redliches, mäßiges und religiöſes Volk;
zu Hauſe zeigen ſie aber weniger Betriebſamkeit als in fremden
Ländern. Ein unruhiger Unternehmungsgeiſt treibt dieſe Inſu-
laner, wie die Biscayer und Katalanen, auf die Philippinen,
auf die Marianen und in Amerika überall hin, wo es ſpa-
niſche Kolonieen gibt, von Chile und dem La Plata bis nach
Neumexiko. Ihnen verdankt man großenteils die Fortſchritte
des Ackerbaues in den Kolonieen. Der ganze Archipel hat
kaum 160000 Einwohner, und der Isleños ſind vielleicht
in der Neuen Welt mehr als in ihrer alten Heimat.
1
1 Hornemanns Reiſe von Kairo nach Murzuk.
1 eines Berberſtammes iſt. (Vater, Unterſuchungen über Amerika,
S. 170.) Die guanchiſchen Worte alcorac, Gott, und almo-
garon, Tempel, ſcheinen arabiſchen Urſprunges, wenigſtens be-
deutet in letzterer Sprache almoharram heilig.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial01_1859 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial01_1859/138 |
Zitationshilfe: | Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial01_1859/138>, abgerufen am 16.02.2025. |