Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859.weit von den Schlünden thätiger Vulkane liegen, wird die Die Vorstädte von Cumana sind fast so stark bevölkert Das Wort Guaykari verdankt, gerade wie die Worte 1 Diese Einteilung schreibt sich schon aus der Zeit des Posi-
donius her. Es ist die succussio und die inclinatio des Seneca (Quaestiones naturales Lib. VI, c. 21). Aber schon der Scharf- sinn der Alten machte die Bemerkung, daß die Art und Weise der Erdstöße viel zu veränderlich ist, als daß man sie unter solche ver- meintliche Gesetze bringen könnte. (Plato bei Plutarch, De placit, Philos. L. III, c. 15.) weit von den Schlünden thätiger Vulkane liegen, wird die Die Vorſtädte von Cumana ſind faſt ſo ſtark bevölkert Das Wort Guaykari verdankt, gerade wie die Worte 1 Dieſe Einteilung ſchreibt ſich ſchon aus der Zeit des Poſi-
donius her. Es iſt die succussio und die inclinatio des Seneca (Quaestiones naturales Lib. VI, c. 21). Aber ſchon der Scharf- ſinn der Alten machte die Bemerkung, daß die Art und Weiſe der Erdſtöße viel zu veränderlich iſt, als daß man ſie unter ſolche ver- meintliche Geſetze bringen könnte. (Plato bei Plutarch, De placit, Philos. L. III, c. 15.) <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0178" n="162"/> weit von den Schlünden thätiger Vulkane liegen, wird die<lb/> Reihe ſchwacher Erdſtöße nach Ablauf vieler Jahre leicht durch<lb/> größere Kataſtrophen unterbrochen, die in ihren Wirkungen<lb/> denen einer ſpringenden Mine ähnlich ſind. Wir werden öfters<lb/> Gelegenheit haben, auf dieſe Erſcheinungen zurückzukommen,<lb/> zu deren Erklärung ſo viele eitle Theorieen erſonnen worden<lb/> ſind, und für die man eine Klaſſifikation gefunden zu haben<lb/> glaubte, wenn man ſenkrechte und wagerechte Bewegungen,<lb/> ſtoßende und wellenförmige Bewegungen annahm. <note place="foot" n="1">Dieſe Einteilung ſchreibt ſich ſchon aus der Zeit des Poſi-<lb/> donius her. Es iſt die <hi rendition="#aq">succussio</hi> und die <hi rendition="#aq">inclinatio</hi> des Seneca<lb/> (<hi rendition="#aq">Quaestiones naturales Lib. VI, c.</hi> 21). Aber ſchon der Scharf-<lb/> ſinn der Alten machte die Bemerkung, daß die Art und Weiſe der<lb/> Erdſtöße viel zu veränderlich iſt, als daß man ſie unter ſolche ver-<lb/> meintliche Geſetze bringen könnte. (Plato bei Plutarch, <hi rendition="#aq">De placit</hi>,<lb/><hi rendition="#aq">Philos. L. III, c.</hi> 15.)</note></p><lb/> <p>Die Vorſtädte von Cumana ſind faſt ſo ſtark bevölkert<lb/> als die alte Stadt. Es ſind ihrer drei: Die der <hi rendition="#g">Serritos</hi><lb/> auf dem Wege nach der Playa chica, wo einige ſchöne Tama-<lb/> rindenbäume ſtehen, die ſüdöſtlich gelegene, San Francisco<lb/> genannt, und die große Vorſtadt der Guaykari oder der<lb/> Guaygueries. Der Name dieſes Indianerſtammes war vor der<lb/> Eroberung ganz unbekannt. Die Eingeborenen, die denſelben<lb/> jetzt führen, gehörten früher zu der Nation der Guaraunos,<lb/> die nur noch auf dem Sumpfboden zwiſchen den Armen des<lb/> Orinoko lebt. Alte Männer verſicherten mich, die Sprache<lb/> ihrer Vorfahren ſei eine Mundart der Guaraunoſprache ge-<lb/> weſen, aber ſeit hundert Jahren gebe es in Cumana und auf<lb/> Margarita keinen Eingeborenen vom Stamme mehr, der etwas<lb/> anderes ſpreche als kaſtilianiſch.</p><lb/> <p>Das Wort <hi rendition="#g">Guaykari</hi> verdankt, gerade wie die Worte<lb/><hi rendition="#g">Peru</hi> und <hi rendition="#g">Peruaner</hi>, ſeinen Urſprung einem bloßen Miß-<lb/> verſtändniſſe. Als die Begleiter des Kolumbus an der Inſel<lb/> Margarita hinfuhren, auf deren Nordküſte noch jetzt der am<lb/> höchſten ſtehende Teil dieſer Nation wohnt, ſtießen ſie auf<lb/> einige Eingeborene, die Fiſche harpunierten, indem ſie einen<lb/> mit einer ſehr feinen Spitze verſehenen, an einen Strick ge-<lb/> bundenen Stock gegen ſie ſchleuderten. Sie fragten ſie in<lb/> haytiſcher Sprache, wie ſie hießen; die Indianer aber meinten,<lb/> die Fremden erkundigen ſich nach den Harpunen aus dem<lb/> harten, ſchweren Holz der Macanapalme und antworteten:<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [162/0178]
weit von den Schlünden thätiger Vulkane liegen, wird die
Reihe ſchwacher Erdſtöße nach Ablauf vieler Jahre leicht durch
größere Kataſtrophen unterbrochen, die in ihren Wirkungen
denen einer ſpringenden Mine ähnlich ſind. Wir werden öfters
Gelegenheit haben, auf dieſe Erſcheinungen zurückzukommen,
zu deren Erklärung ſo viele eitle Theorieen erſonnen worden
ſind, und für die man eine Klaſſifikation gefunden zu haben
glaubte, wenn man ſenkrechte und wagerechte Bewegungen,
ſtoßende und wellenförmige Bewegungen annahm. 1
Die Vorſtädte von Cumana ſind faſt ſo ſtark bevölkert
als die alte Stadt. Es ſind ihrer drei: Die der Serritos
auf dem Wege nach der Playa chica, wo einige ſchöne Tama-
rindenbäume ſtehen, die ſüdöſtlich gelegene, San Francisco
genannt, und die große Vorſtadt der Guaykari oder der
Guaygueries. Der Name dieſes Indianerſtammes war vor der
Eroberung ganz unbekannt. Die Eingeborenen, die denſelben
jetzt führen, gehörten früher zu der Nation der Guaraunos,
die nur noch auf dem Sumpfboden zwiſchen den Armen des
Orinoko lebt. Alte Männer verſicherten mich, die Sprache
ihrer Vorfahren ſei eine Mundart der Guaraunoſprache ge-
weſen, aber ſeit hundert Jahren gebe es in Cumana und auf
Margarita keinen Eingeborenen vom Stamme mehr, der etwas
anderes ſpreche als kaſtilianiſch.
Das Wort Guaykari verdankt, gerade wie die Worte
Peru und Peruaner, ſeinen Urſprung einem bloßen Miß-
verſtändniſſe. Als die Begleiter des Kolumbus an der Inſel
Margarita hinfuhren, auf deren Nordküſte noch jetzt der am
höchſten ſtehende Teil dieſer Nation wohnt, ſtießen ſie auf
einige Eingeborene, die Fiſche harpunierten, indem ſie einen
mit einer ſehr feinen Spitze verſehenen, an einen Strick ge-
bundenen Stock gegen ſie ſchleuderten. Sie fragten ſie in
haytiſcher Sprache, wie ſie hießen; die Indianer aber meinten,
die Fremden erkundigen ſich nach den Harpunen aus dem
harten, ſchweren Holz der Macanapalme und antworteten:
1 Dieſe Einteilung ſchreibt ſich ſchon aus der Zeit des Poſi-
donius her. Es iſt die succussio und die inclinatio des Seneca
(Quaestiones naturales Lib. VI, c. 21). Aber ſchon der Scharf-
ſinn der Alten machte die Bemerkung, daß die Art und Weiſe der
Erdſtöße viel zu veränderlich iſt, als daß man ſie unter ſolche ver-
meintliche Geſetze bringen könnte. (Plato bei Plutarch, De placit,
Philos. L. III, c. 15.)
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