Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859.von Cumanacoa geben sich im Durchschnitt nur 1500 Personen Beschäftigt man sich mit der Geschichte unserer Kultur- Das wichtigste Produkt nach dem Tabak ist im Thale Alle Indigofabriken, die wir gesehen, sind nach demselben von Cumanacoa geben ſich im Durchſchnitt nur 1500 Perſonen Beſchäftigt man ſich mit der Geſchichte unſerer Kultur- Das wichtigſte Produkt nach dem Tabak iſt im Thale Alle Indigofabriken, die wir geſehen, ſind nach demſelben <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0254" n="238"/> von Cumanacoa geben ſich im Durchſchnitt nur 1500 Perſonen<lb/> mit dem Tabaksbau ab, lauter Weiße; die Eingeborenen vom<lb/> Stamme der Chaymas laſſen ſich durch Ausſicht auf Gewinn<lb/> ſelten dazu verlocken, auch hält es die Pacht nicht für ge-<lb/> raten, denſelben Vorſchüſſe zu machen.</p><lb/> <p>Beſchäftigt man ſich mit der Geſchichte unſerer Kultur-<lb/> pflanzen, ſo ſieht man mit Ueberraſchung, daß vor der Er-<lb/> oberung der Gebrauch des Tabaks über den größten Teil<lb/> von Amerika verbreitet war, während man die Kartoffel<lb/> weder in Mexiko, noch auf den Antillen kannte, wo ſie doch<lb/> in gebirgigen Lagen ſehr gut fortkommt. Ferner wurde in<lb/> Portugal ſchon im Jahre 1559 Tabak gebaut, während die<lb/> Kartoffel erſt am Ende des 17. und zu Anfang des 18. Jahr-<lb/> hunderts in den europäiſchen Ackerbau überging. Letzteres<lb/> Gewächs, das für das Wohl der menſchlichen Geſellſchaft<lb/> ſo bedeutſam geworden iſt, hat ſich auf beiden Kontinenten<lb/> weit langſamer verbreitet als ein Produkt, das nur für einen<lb/> Luxusartikel gelten kann.</p><lb/> <p>Das wichtigſte Produkt nach dem Tabak iſt im Thale<lb/> von Cumanacoa der Indigo. Die Pflanzungen in Cumanacoa,<lb/> San Fernando und Arenas liefern eine Ware, die im Handel<lb/> noch geſchätzter iſt als der Indigo von Caracas; er kommt<lb/> an Glanz und Fülle der Farbe oft dem Indigo von Guate-<lb/> mala nahe. Aus letzterer Provinz iſt der Samen von <hi rendition="#aq">Indigo-<lb/> fera Anil,</hi> die neben <hi rendition="#aq">Indigofera tinctoria</hi> gebaut wird, zu-<lb/> erſt auf die Küſte von Cumana gekommen. Da im Thale<lb/> von Cumanacoa ſehr viel Regen fällt, ſo gibt eine 1,3 <hi rendition="#aq">m</hi><lb/> hohe Pflanze nicht mehr Farbſtoff als eine dreimal kleinere<lb/> in den trockenen Thälern von Aragua, weſtlich von der<lb/> Stadt Caracas.</p><lb/> <p>Alle Indigofabriken, die wir geſehen, ſind nach demſelben<lb/> Plane eingerichtet. Zwei Weichküpen, in denen das Kraut<lb/> „faulen“ ſoll, ſtehen nebeneinander. Jede mißt 1,5 <hi rendition="#aq">qm</hi><lb/> und iſt 75 <hi rendition="#aq">cm</hi> tief. Aus dieſen oberen Kufen läuft die<lb/> Flüſſigkeit in die Stampfkaſten, zwiſchen denen die Waſſer-<lb/> mühle angebracht iſt. Der Baum des großen Rades läuft<lb/> zwiſchen dieſen Kaſten durch, und an ihm ſitzen an langen<lb/> Stielen die Löffel zum Stampfen. Aus einer weiten Ab-<lb/> ſeiheküpe kommt der farbhaltige Bodenſatz in die Trocken-<lb/> kaſten und wird daſelbſt auf Brettern aus Braſilholz aus-<lb/> gebreitet, die mittels kleiner Rollen unter Dach gebracht<lb/> werden können, wenn unerwartet Regen eintritt. Dieſe<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [238/0254]
von Cumanacoa geben ſich im Durchſchnitt nur 1500 Perſonen
mit dem Tabaksbau ab, lauter Weiße; die Eingeborenen vom
Stamme der Chaymas laſſen ſich durch Ausſicht auf Gewinn
ſelten dazu verlocken, auch hält es die Pacht nicht für ge-
raten, denſelben Vorſchüſſe zu machen.
Beſchäftigt man ſich mit der Geſchichte unſerer Kultur-
pflanzen, ſo ſieht man mit Ueberraſchung, daß vor der Er-
oberung der Gebrauch des Tabaks über den größten Teil
von Amerika verbreitet war, während man die Kartoffel
weder in Mexiko, noch auf den Antillen kannte, wo ſie doch
in gebirgigen Lagen ſehr gut fortkommt. Ferner wurde in
Portugal ſchon im Jahre 1559 Tabak gebaut, während die
Kartoffel erſt am Ende des 17. und zu Anfang des 18. Jahr-
hunderts in den europäiſchen Ackerbau überging. Letzteres
Gewächs, das für das Wohl der menſchlichen Geſellſchaft
ſo bedeutſam geworden iſt, hat ſich auf beiden Kontinenten
weit langſamer verbreitet als ein Produkt, das nur für einen
Luxusartikel gelten kann.
Das wichtigſte Produkt nach dem Tabak iſt im Thale
von Cumanacoa der Indigo. Die Pflanzungen in Cumanacoa,
San Fernando und Arenas liefern eine Ware, die im Handel
noch geſchätzter iſt als der Indigo von Caracas; er kommt
an Glanz und Fülle der Farbe oft dem Indigo von Guate-
mala nahe. Aus letzterer Provinz iſt der Samen von Indigo-
fera Anil, die neben Indigofera tinctoria gebaut wird, zu-
erſt auf die Küſte von Cumana gekommen. Da im Thale
von Cumanacoa ſehr viel Regen fällt, ſo gibt eine 1,3 m
hohe Pflanze nicht mehr Farbſtoff als eine dreimal kleinere
in den trockenen Thälern von Aragua, weſtlich von der
Stadt Caracas.
Alle Indigofabriken, die wir geſehen, ſind nach demſelben
Plane eingerichtet. Zwei Weichküpen, in denen das Kraut
„faulen“ ſoll, ſtehen nebeneinander. Jede mißt 1,5 qm
und iſt 75 cm tief. Aus dieſen oberen Kufen läuft die
Flüſſigkeit in die Stampfkaſten, zwiſchen denen die Waſſer-
mühle angebracht iſt. Der Baum des großen Rades läuft
zwiſchen dieſen Kaſten durch, und an ihm ſitzen an langen
Stielen die Löffel zum Stampfen. Aus einer weiten Ab-
ſeiheküpe kommt der farbhaltige Bodenſatz in die Trocken-
kaſten und wird daſelbſt auf Brettern aus Braſilholz aus-
gebreitet, die mittels kleiner Rollen unter Dach gebracht
werden können, wenn unerwartet Regen eintritt. Dieſe
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |