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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859.

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guifluum), dessen purpurbrauner Saft an der weißen Rinde
herabfließt; der Farn Calahuala, der nicht derselbe ist wie
der in Peru, aber fast ebenso heilkräftig, und die Irasse-,
Macanilla-, Corozo- und Pragapalmen. Letztere gibt einen
sehr schmackhaften "Palmkohl", den wir im Kloster Caripe
zuweilen gegessen. Von diesen Palmen mit gefiederten, stach-
ligen Blättern stachen die Baumfarne äußerst angenehm ab.
Einer derselben, Cyathea speciosa, wird über 11,5 m hoch,
eine ungeheure Größe für ein Gewächs aus dieser Familie.
Wir fanden hier und im Thale von Caripe fünf neue Arten
Baumfarne; zu Linnes Zeit kannten die Botaniker ihrer nicht
vier auf beiden Kontinenten.

Man bemerkt, daß die Baumfarne im allgemeinen weit
seltener sind als die Palmen. Die Natur hat ihnen ge-
mäßigte, feuchte, schattige Standorte angewiesen. Sie scheuen
den unmittelbaren Sonnenstrahl, und während der Pumos,
die Corypha der Steppen und andere amerikanische Palmen-
arten die kahlen, glühend heißen Ebenen aufsuchen, bleiben
die Farne mit Baumstämmen, die von weitem wie Palmen
aussehen, dem ganzen Wesen kryptogamer Gewächse treu.
Sie lieben versteckte Plätze, das Dämmerlicht, eine feuchte,
gemäßigte, stockende Luft. Wohl gehen sie hie und da bis
zur Küste hinab, aber dann nur im Schutze dichten Schattens.

Dem Fuße des Berges von Santa Maria zu wurden
die Baumfarne immer seltener, die Palmen häufiger. Die
schönen Schmetterlinge mit großen Flügeln, die Nymphalen,
die ungeheuer hoch fliegen, mehrten sich; alles deutete darauf,
daß wir nicht mehr weit von der Küste und einem Landstrich
waren, wo die mittlere Tagestemperatur 28 bis 30° der
hundertteiligen Skale beträgt.

Der Himmel war bedeckt und drohte mit einem der
Güsse, bei denen zuweilen 2 bis 2,6 mm Regen an einem
Tage fällt. Die Sonne beschien hin und wieder die Baum-
wipfel, und obgleich wir vor ihrem Strahl geschützt waren,
erstickten wir beinahe vor Hitze. Schon rollte der Donner
in der Ferne, die Wolken hingen am Gipfel des hohen
Guacharogebirges, und das klägliche Geheul der Araguatos,
das wir in Caripe bei Sonnenuntergang so oft gehört hatten,
verkündete den nahen Ausbruch des Gewitters. Wir hatten
hier zum erstenmal Gelegenheit, diese Heulaffen in der Nähe
zu sehen. Sie gehören zur Gattung Aluate (Stentor,
Geoffroy)
, deren verschiedene Arten von den Zoologen lange

guifluum), deſſen purpurbrauner Saft an der weißen Rinde
herabfließt; der Farn Calahuala, der nicht derſelbe iſt wie
der in Peru, aber faſt ebenſo heilkräftig, und die Iraſſe-,
Macanilla-, Corozo- und Pragapalmen. Letztere gibt einen
ſehr ſchmackhaften „Palmkohl“, den wir im Kloſter Caripe
zuweilen gegeſſen. Von dieſen Palmen mit gefiederten, ſtach-
ligen Blättern ſtachen die Baumfarne äußerſt angenehm ab.
Einer derſelben, Cyathea speciosa, wird über 11,5 m hoch,
eine ungeheure Größe für ein Gewächs aus dieſer Familie.
Wir fanden hier und im Thale von Caripe fünf neue Arten
Baumfarne; zu Linnés Zeit kannten die Botaniker ihrer nicht
vier auf beiden Kontinenten.

Man bemerkt, daß die Baumfarne im allgemeinen weit
ſeltener ſind als die Palmen. Die Natur hat ihnen ge-
mäßigte, feuchte, ſchattige Standorte angewieſen. Sie ſcheuen
den unmittelbaren Sonnenſtrahl, und während der Pumos,
die Corypha der Steppen und andere amerikaniſche Palmen-
arten die kahlen, glühend heißen Ebenen aufſuchen, bleiben
die Farne mit Baumſtämmen, die von weitem wie Palmen
ausſehen, dem ganzen Weſen kryptogamer Gewächſe treu.
Sie lieben verſteckte Plätze, das Dämmerlicht, eine feuchte,
gemäßigte, ſtockende Luft. Wohl gehen ſie hie und da bis
zur Küſte hinab, aber dann nur im Schutze dichten Schattens.

Dem Fuße des Berges von Santa Maria zu wurden
die Baumfarne immer ſeltener, die Palmen häufiger. Die
ſchönen Schmetterlinge mit großen Flügeln, die Nymphalen,
die ungeheuer hoch fliegen, mehrten ſich; alles deutete darauf,
daß wir nicht mehr weit von der Küſte und einem Landſtrich
waren, wo die mittlere Tagestemperatur 28 bis 30° der
hundertteiligen Skale beträgt.

Der Himmel war bedeckt und drohte mit einem der
Güſſe, bei denen zuweilen 2 bis 2,6 mm Regen an einem
Tage fällt. Die Sonne beſchien hin und wieder die Baum-
wipfel, und obgleich wir vor ihrem Strahl geſchützt waren,
erſtickten wir beinahe vor Hitze. Schon rollte der Donner
in der Ferne, die Wolken hingen am Gipfel des hohen
Guacharogebirges, und das klägliche Geheul der Araguatos,
das wir in Caripe bei Sonnenuntergang ſo oft gehört hatten,
verkündete den nahen Ausbruch des Gewitters. Wir hatten
hier zum erſtenmal Gelegenheit, dieſe Heulaffen in der Nähe
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Geoffroy)
, deren verſchiedene Arten von den Zoologen lange

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[280/0296] guifluum), deſſen purpurbrauner Saft an der weißen Rinde herabfließt; der Farn Calahuala, der nicht derſelbe iſt wie der in Peru, aber faſt ebenſo heilkräftig, und die Iraſſe-, Macanilla-, Corozo- und Pragapalmen. Letztere gibt einen ſehr ſchmackhaften „Palmkohl“, den wir im Kloſter Caripe zuweilen gegeſſen. Von dieſen Palmen mit gefiederten, ſtach- ligen Blättern ſtachen die Baumfarne äußerſt angenehm ab. Einer derſelben, Cyathea speciosa, wird über 11,5 m hoch, eine ungeheure Größe für ein Gewächs aus dieſer Familie. Wir fanden hier und im Thale von Caripe fünf neue Arten Baumfarne; zu Linnés Zeit kannten die Botaniker ihrer nicht vier auf beiden Kontinenten. Man bemerkt, daß die Baumfarne im allgemeinen weit ſeltener ſind als die Palmen. Die Natur hat ihnen ge- mäßigte, feuchte, ſchattige Standorte angewieſen. Sie ſcheuen den unmittelbaren Sonnenſtrahl, und während der Pumos, die Corypha der Steppen und andere amerikaniſche Palmen- arten die kahlen, glühend heißen Ebenen aufſuchen, bleiben die Farne mit Baumſtämmen, die von weitem wie Palmen ausſehen, dem ganzen Weſen kryptogamer Gewächſe treu. Sie lieben verſteckte Plätze, das Dämmerlicht, eine feuchte, gemäßigte, ſtockende Luft. Wohl gehen ſie hie und da bis zur Küſte hinab, aber dann nur im Schutze dichten Schattens. Dem Fuße des Berges von Santa Maria zu wurden die Baumfarne immer ſeltener, die Palmen häufiger. Die ſchönen Schmetterlinge mit großen Flügeln, die Nymphalen, die ungeheuer hoch fliegen, mehrten ſich; alles deutete darauf, daß wir nicht mehr weit von der Küſte und einem Landſtrich waren, wo die mittlere Tagestemperatur 28 bis 30° der hundertteiligen Skale beträgt. Der Himmel war bedeckt und drohte mit einem der Güſſe, bei denen zuweilen 2 bis 2,6 mm Regen an einem Tage fällt. Die Sonne beſchien hin und wieder die Baum- wipfel, und obgleich wir vor ihrem Strahl geſchützt waren, erſtickten wir beinahe vor Hitze. Schon rollte der Donner in der Ferne, die Wolken hingen am Gipfel des hohen Guacharogebirges, und das klägliche Geheul der Araguatos, das wir in Caripe bei Sonnenuntergang ſo oft gehört hatten, verkündete den nahen Ausbruch des Gewitters. Wir hatten hier zum erſtenmal Gelegenheit, dieſe Heulaffen in der Nähe zu ſehen. Sie gehören zur Gattung Aluate (Stentor, Geoffroy), deren verſchiedene Arten von den Zoologen lange

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial01_1859/296>, abgerufen am 25.11.2024.