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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859.

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verwechselt worden sind. Während die kleinen amerikanischen
Sapaju, die wie Sperlinge pfeifen, ein einfaches dünnes
Zungenbein haben, liegt die Zunge bei den großen Affen,
den Aluaten und Marimonda, auf einer großen Knochen-
trommel. Ihr oberer Kehlkopf hat sechs Taschen, in denen
sich die Stimme fängt, und wovon zwei, taubennestförmige,
große Aehnlichkeit mit dem unteren Kehlkopf der Vögel haben.
Der den Araguaten eigene klägliche Ton entsteht, wenn die
Luft gewaltsam in die knöcherne Trommel einströmt. Ich
habe diese den Anatomen nur sehr unvollständig bekannten
Organe an Ort und Stelle gezeichnet und die Beschreibung
nach meiner Rückkehr nach Europa bekannt gemacht.1 Bedenkt
man, wie groß bei den Aluatos die Knochenschachtel ist und
wie viele Heulaffen in den Wäldern von Cumana und Guyana
auf einem einzigen Baume beisammen sitzen, so wundert man
sich nicht mehr so sehr über die Stärke und den Umfang
ihrer vereinigten Stimmen.

Der Araguato, bei den Tamanacasindianern Aravata,
bei den Maypures Marave genannt, gleicht einem jungen
Bären. Er ist vom Scheitel des kleinen, stark zugespitzten
Kopfes bis zum Anfang des Wickelschwanzes 1 m lang; sein
Pelz ist dicht und rotbraun von Farbe; auch Brust und Bauch
sind schön behaart, nicht nackt wie beim Mono colorado oder
Buffons Alouate roux, den wir auf dem Wege von Cartagena
nach Santa Fe de Bogota genau beobachtet haben. Das Ge-
sicht des Araguato ist blauschwarz, die Haut desselben fein
und gefaltet. Der Bart ist ziemlich lang, und trotz seines
kleinen Gesichtswinkels von nur 30° hat er in Blick und
Gesichtsausdruck so viel Menschenähnliches als die Marimonda
(Simia Belzebuth) und der Kapuziner am Orinoko (S. chiro-
potes
). Bei den Tausenden von Araguaten, die uns in den
Provinzen Cumana, Caracas und Guyana zu Gesicht ge-
kommen, haben wir nie, weder an einzelnen Exemplaren noch
an ganzen Banden, einen Wechsel im Rotbraun des Pelzes
an Rücken und Schultern wahrgenommen. Durch die Farbe
unterschiedene Spielarten schienen mir überhaupt bei den Affen
nicht so häufig zu sein, als die Zoologen annehmen, und bei
den gesellig lebenden Arten sind sie vollends sehr selten.

Der Araguato bei Caripe ist eine neue Art der Gattung
Stentor, die ich unter dem Namen Simia ursina bekannt

1 Observations de zoologie.

verwechſelt worden ſind. Während die kleinen amerikaniſchen
Sapaju, die wie Sperlinge pfeifen, ein einfaches dünnes
Zungenbein haben, liegt die Zunge bei den großen Affen,
den Aluaten und Marimonda, auf einer großen Knochen-
trommel. Ihr oberer Kehlkopf hat ſechs Taſchen, in denen
ſich die Stimme fängt, und wovon zwei, taubenneſtförmige,
große Aehnlichkeit mit dem unteren Kehlkopf der Vögel haben.
Der den Araguaten eigene klägliche Ton entſteht, wenn die
Luft gewaltſam in die knöcherne Trommel einſtrömt. Ich
habe dieſe den Anatomen nur ſehr unvollſtändig bekannten
Organe an Ort und Stelle gezeichnet und die Beſchreibung
nach meiner Rückkehr nach Europa bekannt gemacht.1 Bedenkt
man, wie groß bei den Aluatos die Knochenſchachtel iſt und
wie viele Heulaffen in den Wäldern von Cumana und Guyana
auf einem einzigen Baume beiſammen ſitzen, ſo wundert man
ſich nicht mehr ſo ſehr über die Stärke und den Umfang
ihrer vereinigten Stimmen.

Der Araguato, bei den Tamanacasindianern Aravata,
bei den Maypures Marave genannt, gleicht einem jungen
Bären. Er iſt vom Scheitel des kleinen, ſtark zugeſpitzten
Kopfes bis zum Anfang des Wickelſchwanzes 1 m lang; ſein
Pelz iſt dicht und rotbraun von Farbe; auch Bruſt und Bauch
ſind ſchön behaart, nicht nackt wie beim Mono colorado oder
Buffons Alouate roux, den wir auf dem Wege von Cartagena
nach Santa Fé de Bogota genau beobachtet haben. Das Ge-
ſicht des Araguato iſt blauſchwarz, die Haut desſelben fein
und gefaltet. Der Bart iſt ziemlich lang, und trotz ſeines
kleinen Geſichtswinkels von nur 30° hat er in Blick und
Geſichtsausdruck ſo viel Menſchenähnliches als die Marimonda
(Simia Belzebuth) und der Kapuziner am Orinoko (S. chiro-
potes
). Bei den Tauſenden von Araguaten, die uns in den
Provinzen Cumana, Caracas und Guyana zu Geſicht ge-
kommen, haben wir nie, weder an einzelnen Exemplaren noch
an ganzen Banden, einen Wechſel im Rotbraun des Pelzes
an Rücken und Schultern wahrgenommen. Durch die Farbe
unterſchiedene Spielarten ſchienen mir überhaupt bei den Affen
nicht ſo häufig zu ſein, als die Zoologen annehmen, und bei
den geſellig lebenden Arten ſind ſie vollends ſehr ſelten.

Der Araguato bei Caripe iſt eine neue Art der Gattung
Stentor, die ich unter dem Namen Simia ursina bekannt

1 Observations de zoologie.
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[281/0297] verwechſelt worden ſind. Während die kleinen amerikaniſchen Sapaju, die wie Sperlinge pfeifen, ein einfaches dünnes Zungenbein haben, liegt die Zunge bei den großen Affen, den Aluaten und Marimonda, auf einer großen Knochen- trommel. Ihr oberer Kehlkopf hat ſechs Taſchen, in denen ſich die Stimme fängt, und wovon zwei, taubenneſtförmige, große Aehnlichkeit mit dem unteren Kehlkopf der Vögel haben. Der den Araguaten eigene klägliche Ton entſteht, wenn die Luft gewaltſam in die knöcherne Trommel einſtrömt. Ich habe dieſe den Anatomen nur ſehr unvollſtändig bekannten Organe an Ort und Stelle gezeichnet und die Beſchreibung nach meiner Rückkehr nach Europa bekannt gemacht. 1 Bedenkt man, wie groß bei den Aluatos die Knochenſchachtel iſt und wie viele Heulaffen in den Wäldern von Cumana und Guyana auf einem einzigen Baume beiſammen ſitzen, ſo wundert man ſich nicht mehr ſo ſehr über die Stärke und den Umfang ihrer vereinigten Stimmen. Der Araguato, bei den Tamanacasindianern Aravata, bei den Maypures Marave genannt, gleicht einem jungen Bären. Er iſt vom Scheitel des kleinen, ſtark zugeſpitzten Kopfes bis zum Anfang des Wickelſchwanzes 1 m lang; ſein Pelz iſt dicht und rotbraun von Farbe; auch Bruſt und Bauch ſind ſchön behaart, nicht nackt wie beim Mono colorado oder Buffons Alouate roux, den wir auf dem Wege von Cartagena nach Santa Fé de Bogota genau beobachtet haben. Das Ge- ſicht des Araguato iſt blauſchwarz, die Haut desſelben fein und gefaltet. Der Bart iſt ziemlich lang, und trotz ſeines kleinen Geſichtswinkels von nur 30° hat er in Blick und Geſichtsausdruck ſo viel Menſchenähnliches als die Marimonda (Simia Belzebuth) und der Kapuziner am Orinoko (S. chiro- potes). Bei den Tauſenden von Araguaten, die uns in den Provinzen Cumana, Caracas und Guyana zu Geſicht ge- kommen, haben wir nie, weder an einzelnen Exemplaren noch an ganzen Banden, einen Wechſel im Rotbraun des Pelzes an Rücken und Schultern wahrgenommen. Durch die Farbe unterſchiedene Spielarten ſchienen mir überhaupt bei den Affen nicht ſo häufig zu ſein, als die Zoologen annehmen, und bei den geſellig lebenden Arten ſind ſie vollends ſehr ſelten. Der Araguato bei Caripe iſt eine neue Art der Gattung Stentor, die ich unter dem Namen Simia ursina bekannt 1 Observations de zoologie.

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial01_1859/297>, abgerufen am 24.11.2024.