Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859.des geübten Schiffers wohl hörbaren Geräusch hinströmt. Am Wir fuhren am Kap Vincent, das aus Basalt besteht, Seit unserer Abfahrt von Corunda und bis zum 36. Breiten- des geübten Schiffers wohl hörbaren Geräuſch hinſtrömt. Am Wir fuhren am Kap Vincent, das aus Baſalt beſteht, Seit unſerer Abfahrt von Coruña und bis zum 36. Breiten- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0051" n="35"/> des geübten Schiffers wohl hörbaren Geräuſch hinſtrömt. Am<lb/> 13. Juni, unter 34° 36′ nördlicher Breite, befanden wir uns<lb/> mitten unter einer Menge ſolcher Strombetten. Wir konnten<lb/> die Richtung derſelben mit dem Kompaß aufnehmen, die einen<lb/> liefen nach Nordoſt, andere nach Oſt-Nord-Oſt, trotzdem,<lb/> daß der allgemeine Zug der See, wie die Vergleichung der<lb/> Schätzung mit der chronometriſchen Länge angab, fortwährend<lb/> nach Südoſt ging. Sehr häufig ſieht man eine ſtehende Waſſer-<lb/> maſſe von Waſſerfäden durchzogen, die nach verſchiedenen Rich-<lb/> tungen ſtrömen; ſolches kann man täglich an der Oberfläche<lb/> unſerer Landſeen beobachten, aber ſeltener bemerkt man ſolch<lb/> partielle Bewegungen kleiner Waſſerteile infolge lokaler Ur-<lb/> ſachen mitten in einem Meeresſtrome, der ſich über ungeheure<lb/> Räume erſtreckt und ſich immer in derſelben Richtung, wenn<lb/> auch nicht mit bedeutender Geſchwindigkeit fortbewegt. Die<lb/> ſich kreuzenden Strömungen beſchäftigen unſere Einbildungs-<lb/> kraft, wie der Wellenſchlag, weil dieſe Bewegungen, die den<lb/> Ozean in beſtändiger Unruhe erhalten, ſich zu durchdringen<lb/> ſcheinen.</p><lb/> <p>Wir fuhren am Kap Vincent, das aus Baſalt beſteht,<lb/> auf mehr als 360 <hi rendition="#aq">km</hi> Entfernung vorüber. Auf 67,5 <hi rendition="#aq">km</hi><lb/> erkennt man es nicht mehr deutlich, aber die Foya von<lb/> Monchique, ein Granitberg in der Nähe des Kaps, ſoll, wie<lb/> die Steuerleute behaupten, auf 117 <hi rendition="#aq">km</hi> in See ſichtbar ſein.<lb/> Verhält es ſich wirklich ſo, ſo iſt die Foya 1363 <hi rendition="#aq">m</hi> hoch, alſo<lb/> 225 <hi rendition="#aq">m</hi> höher als der Veſuv. Es iſt auffallend, daß die<lb/> portugieſiſche Regierung kein Feuer auf einem Punkte unter-<lb/> hält, nach dem ſich alle vom Kap der guten Hoffnung und<lb/> vom Kap Horn kommenden Schiffe richten müſſen; nach keinem<lb/> anderen Punkte wird mit ſo viel Ungeduld ausgeſchaut, bis<lb/> er in Sicht kommt. Die Feuer auf dem Turm des Herkules<lb/> und am Kap Spichel ſind ſo ſchwach und ſo wenig weit ſicht-<lb/> bar, daß man ſie gar nicht rechnen kann. Dazu wäre das<lb/> Kapuzinerkloſter, das auf Kap Vincent ſteht, ganz der ge-<lb/> eignete Platz zu einem Leuchtturm mit ſich drehendem Feuer,<lb/> wie zu Cadiz und an der Garonnemündung.</p><lb/> <p>Seit unſerer Abfahrt von Coruña und bis zum 36. Breiten-<lb/> grad hatten wir außer Meerſchwalben und einigen Delphinen<lb/> faſt kein lebendes Weſen geſehen. Umſonſt ſahen wir uns<lb/> nach Tangen und Weichtieren um. Am 11. Juni aber hatten<lb/> wir ein Schauſpiel, das uns höchlich überraſchte, das wir aber<lb/> ſpäter in der Südſee häufig genoſſen. Wir gelangten in einen<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [35/0051]
des geübten Schiffers wohl hörbaren Geräuſch hinſtrömt. Am
13. Juni, unter 34° 36′ nördlicher Breite, befanden wir uns
mitten unter einer Menge ſolcher Strombetten. Wir konnten
die Richtung derſelben mit dem Kompaß aufnehmen, die einen
liefen nach Nordoſt, andere nach Oſt-Nord-Oſt, trotzdem,
daß der allgemeine Zug der See, wie die Vergleichung der
Schätzung mit der chronometriſchen Länge angab, fortwährend
nach Südoſt ging. Sehr häufig ſieht man eine ſtehende Waſſer-
maſſe von Waſſerfäden durchzogen, die nach verſchiedenen Rich-
tungen ſtrömen; ſolches kann man täglich an der Oberfläche
unſerer Landſeen beobachten, aber ſeltener bemerkt man ſolch
partielle Bewegungen kleiner Waſſerteile infolge lokaler Ur-
ſachen mitten in einem Meeresſtrome, der ſich über ungeheure
Räume erſtreckt und ſich immer in derſelben Richtung, wenn
auch nicht mit bedeutender Geſchwindigkeit fortbewegt. Die
ſich kreuzenden Strömungen beſchäftigen unſere Einbildungs-
kraft, wie der Wellenſchlag, weil dieſe Bewegungen, die den
Ozean in beſtändiger Unruhe erhalten, ſich zu durchdringen
ſcheinen.
Wir fuhren am Kap Vincent, das aus Baſalt beſteht,
auf mehr als 360 km Entfernung vorüber. Auf 67,5 km
erkennt man es nicht mehr deutlich, aber die Foya von
Monchique, ein Granitberg in der Nähe des Kaps, ſoll, wie
die Steuerleute behaupten, auf 117 km in See ſichtbar ſein.
Verhält es ſich wirklich ſo, ſo iſt die Foya 1363 m hoch, alſo
225 m höher als der Veſuv. Es iſt auffallend, daß die
portugieſiſche Regierung kein Feuer auf einem Punkte unter-
hält, nach dem ſich alle vom Kap der guten Hoffnung und
vom Kap Horn kommenden Schiffe richten müſſen; nach keinem
anderen Punkte wird mit ſo viel Ungeduld ausgeſchaut, bis
er in Sicht kommt. Die Feuer auf dem Turm des Herkules
und am Kap Spichel ſind ſo ſchwach und ſo wenig weit ſicht-
bar, daß man ſie gar nicht rechnen kann. Dazu wäre das
Kapuzinerkloſter, das auf Kap Vincent ſteht, ganz der ge-
eignete Platz zu einem Leuchtturm mit ſich drehendem Feuer,
wie zu Cadiz und an der Garonnemündung.
Seit unſerer Abfahrt von Coruña und bis zum 36. Breiten-
grad hatten wir außer Meerſchwalben und einigen Delphinen
faſt kein lebendes Weſen geſehen. Umſonſt ſahen wir uns
nach Tangen und Weichtieren um. Am 11. Juni aber hatten
wir ein Schauſpiel, das uns höchlich überraſchte, das wir aber
ſpäter in der Südſee häufig genoſſen. Wir gelangten in einen
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