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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859.

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andere bis zur Grenze des Luftmeeres fortläuft, so folgt daraus,
daß, je weiter man vom Gegenstande wegrückt, desto kleiner
der Unterschied wird zwischen dem Lichte der umgebenden Luft
und dem Lichte der vor dem Berge befindlichen Luftschichten.
Daher kommt es, daß nicht sehr hohe Berggipfel, wenn sie
sich über dem Horizont zu zeigen anfangen, anfangs dunkler
erscheinen als Gipfel, die man auf sehr große Entfernung
sieht. Ebenso hängt die Sichtbarkeit von Bergen, die man
nur negativ gewahr wird, nicht allein vom Zustande der unteren
Luftschichten ab, auf die unsere meteorologischen Beobachtungen
beschränkt sind, sondern auch von der Durchsichtigkeit und der
physischen Beschaffenheit der höheren Regionen; denn das Bild
hebt sich desto besser ab, je stärker das Licht in der Luft, das
von den Grenzen der Atmosphäre herkommt, ursprünglich ist,
oder je weniger Verlust es auf seinem Durchgange erlitten hat.
Dieser Umstand macht es bis zu einem gewissen Grade er-
klärlich, warum bei gleich heiterem Himmel, bei ganz gleichem
Thermometer- und Hygrometerstand nahe an der Erdoberfläche,
der Pik auf Schiffen, die gleich weit davon entfernt sind, das
eine Mal sichtbar ist, das andere Mal nicht. Wahrscheinlich
würde man sogar den Vulkan nicht häufiger sehen können,
wenn die Höhe des Aschenkegels, an dessen Spitze sich die
Krateröffnung befindet, ein Vierteil der ganzen Berghöhe wäre,
wie es beim Vesuv der Fall ist. Die Asche, zu Pulver
zerriebener Bimsstein, wirft das Licht nicht so stark zurück
als der Schnee der Anden. Sie macht, daß der Berg bei
sehr großem Abstand sich nicht hell, sondern weit schwächer
dunkelfarbig abhebt. Sie trägt so zu sagen dazu bei, die An-
teile des in der Luft verbreiteten Lichtes, deren veränderliche
Unterschiede einen Gegenstand mehr oder weniger deutlich sicht-
bar machen, auszugleichen. Kahle Kalkgebirge, mit Granit-
sand bedeckte Berggipfel, die hohen Savannen der Kordilleren, 1
die goldgelb sind, treten allerdings in geringer Entfernung
deutlicher hervor als Gegenstände, die man negativ sieht; aber
nach der Theorie besteht eine gewisse Grenze, jenseits welcher
diese letzteren sich bestimmter vom Blau des Himmels abheben.

Bei den kolossalen Berggipfeln von Quito und Peru, die
über die Grenze des ewigen Schnees hinausragen, wirken alle

1 Los Pajonales, von paja, Gras. So heißt die Zone
der grasartigen Gewächse, welche unter der Region des ewigen
Schnees liegt.

andere bis zur Grenze des Luftmeeres fortläuft, ſo folgt daraus,
daß, je weiter man vom Gegenſtande wegrückt, deſto kleiner
der Unterſchied wird zwiſchen dem Lichte der umgebenden Luft
und dem Lichte der vor dem Berge befindlichen Luftſchichten.
Daher kommt es, daß nicht ſehr hohe Berggipfel, wenn ſie
ſich über dem Horizont zu zeigen anfangen, anfangs dunkler
erſcheinen als Gipfel, die man auf ſehr große Entfernung
ſieht. Ebenſo hängt die Sichtbarkeit von Bergen, die man
nur negativ gewahr wird, nicht allein vom Zuſtande der unteren
Luftſchichten ab, auf die unſere meteorologiſchen Beobachtungen
beſchränkt ſind, ſondern auch von der Durchſichtigkeit und der
phyſiſchen Beſchaffenheit der höheren Regionen; denn das Bild
hebt ſich deſto beſſer ab, je ſtärker das Licht in der Luft, das
von den Grenzen der Atmoſphäre herkommt, urſprünglich iſt,
oder je weniger Verluſt es auf ſeinem Durchgange erlitten hat.
Dieſer Umſtand macht es bis zu einem gewiſſen Grade er-
klärlich, warum bei gleich heiterem Himmel, bei ganz gleichem
Thermometer- und Hygrometerſtand nahe an der Erdoberfläche,
der Pik auf Schiffen, die gleich weit davon entfernt ſind, das
eine Mal ſichtbar iſt, das andere Mal nicht. Wahrſcheinlich
würde man ſogar den Vulkan nicht häufiger ſehen können,
wenn die Höhe des Aſchenkegels, an deſſen Spitze ſich die
Krateröffnung befindet, ein Vierteil der ganzen Berghöhe wäre,
wie es beim Veſuv der Fall iſt. Die Aſche, zu Pulver
zerriebener Bimsſtein, wirft das Licht nicht ſo ſtark zurück
als der Schnee der Anden. Sie macht, daß der Berg bei
ſehr großem Abſtand ſich nicht hell, ſondern weit ſchwächer
dunkelfarbig abhebt. Sie trägt ſo zu ſagen dazu bei, die An-
teile des in der Luft verbreiteten Lichtes, deren veränderliche
Unterſchiede einen Gegenſtand mehr oder weniger deutlich ſicht-
bar machen, auszugleichen. Kahle Kalkgebirge, mit Granit-
ſand bedeckte Berggipfel, die hohen Savannen der Kordilleren, 1
die goldgelb ſind, treten allerdings in geringer Entfernung
deutlicher hervor als Gegenſtände, die man negativ ſieht; aber
nach der Theorie beſteht eine gewiſſe Grenze, jenſeits welcher
dieſe letzteren ſich beſtimmter vom Blau des Himmels abheben.

Bei den koloſſalen Berggipfeln von Quito und Peru, die
über die Grenze des ewigen Schnees hinausragen, wirken alle

1 Los Pajonales, von paja, Gras. So heißt die Zone
der grasartigen Gewächſe, welche unter der Region des ewigen
Schnees liegt.
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[52/0068] andere bis zur Grenze des Luftmeeres fortläuft, ſo folgt daraus, daß, je weiter man vom Gegenſtande wegrückt, deſto kleiner der Unterſchied wird zwiſchen dem Lichte der umgebenden Luft und dem Lichte der vor dem Berge befindlichen Luftſchichten. Daher kommt es, daß nicht ſehr hohe Berggipfel, wenn ſie ſich über dem Horizont zu zeigen anfangen, anfangs dunkler erſcheinen als Gipfel, die man auf ſehr große Entfernung ſieht. Ebenſo hängt die Sichtbarkeit von Bergen, die man nur negativ gewahr wird, nicht allein vom Zuſtande der unteren Luftſchichten ab, auf die unſere meteorologiſchen Beobachtungen beſchränkt ſind, ſondern auch von der Durchſichtigkeit und der phyſiſchen Beſchaffenheit der höheren Regionen; denn das Bild hebt ſich deſto beſſer ab, je ſtärker das Licht in der Luft, das von den Grenzen der Atmoſphäre herkommt, urſprünglich iſt, oder je weniger Verluſt es auf ſeinem Durchgange erlitten hat. Dieſer Umſtand macht es bis zu einem gewiſſen Grade er- klärlich, warum bei gleich heiterem Himmel, bei ganz gleichem Thermometer- und Hygrometerſtand nahe an der Erdoberfläche, der Pik auf Schiffen, die gleich weit davon entfernt ſind, das eine Mal ſichtbar iſt, das andere Mal nicht. Wahrſcheinlich würde man ſogar den Vulkan nicht häufiger ſehen können, wenn die Höhe des Aſchenkegels, an deſſen Spitze ſich die Krateröffnung befindet, ein Vierteil der ganzen Berghöhe wäre, wie es beim Veſuv der Fall iſt. Die Aſche, zu Pulver zerriebener Bimsſtein, wirft das Licht nicht ſo ſtark zurück als der Schnee der Anden. Sie macht, daß der Berg bei ſehr großem Abſtand ſich nicht hell, ſondern weit ſchwächer dunkelfarbig abhebt. Sie trägt ſo zu ſagen dazu bei, die An- teile des in der Luft verbreiteten Lichtes, deren veränderliche Unterſchiede einen Gegenſtand mehr oder weniger deutlich ſicht- bar machen, auszugleichen. Kahle Kalkgebirge, mit Granit- ſand bedeckte Berggipfel, die hohen Savannen der Kordilleren, 1 die goldgelb ſind, treten allerdings in geringer Entfernung deutlicher hervor als Gegenſtände, die man negativ ſieht; aber nach der Theorie beſteht eine gewiſſe Grenze, jenſeits welcher dieſe letzteren ſich beſtimmter vom Blau des Himmels abheben. Bei den koloſſalen Berggipfeln von Quito und Peru, die über die Grenze des ewigen Schnees hinausragen, wirken alle 1 Los Pajonales, von paja, Gras. So heißt die Zone der grasartigen Gewächſe, welche unter der Region des ewigen Schnees liegt.

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Übers. v. Hermann Hauff. Bd. 1. Stuttgart, 1859, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial01_1859/68>, abgerufen am 24.11.2024.