scharf bezeichnet. Dreißig, vierzig Jahre lang werfen sie keine Schlacken, keine Asche aus, rauchen nicht einmal. In einer solchen Periode habe ich keine Spur von Rauch auf dem Gipfel des Tunguragua und des Cotopaxi gesehen. Wenn dagegen dem Krater des Vesuvs eine Rauchwolke entsteigt, achten die Neapolitaner kaum darauf; sie sind an die Bewegungen dieses kleinen Vulkanes gewöhnt, der oft in zwei, drei Jahren hinter- einander Schlacken auswirft. Da ist freilich schwer zu be- urteilen, ob die Schlackenauswürfe im Moment, wo man im Apennin einen Erdstoß verspürt, stärker gewesen sind. Auf dem Rücken der Kordilleren hat alles einen bestimmteren Typus. Auf einen Aschenauswurf von ein paar Minuten folgt oft zehnjährige Ruhe. Unter diesen Umständen wird es leicht, Epochen zu verzeichnen und auszumitteln, ob die Erscheinungen in der Zeit zusammenfallen.
Die Zerstörung von Cumana im Jahre 1797 und von Caracas im Jahre 1812 weisen darauf hin, daß die Vulkane auf den Kleinen Antillen mit den Erschütterungen, welche die Küsten von Terra Firma erleiden, im Zusammenhange stehen. Trotzdem kommt es häufig vor, daß die Stöße, welche man im vulkanischen Archipel spürt, sich weder nach der Insel Trinidad, noch nach den Küsten von Cumana und Caracas fortpflanzen. Diese Erscheinung hat aber durchaus nichts Auffallendes. Auf den Kleinen Antillen selbst beschränken sich die Erschütterungen oft auf eine einzige Insel. Der große Ausbruch des Vulkanes auf San Vincent im Jahre 1812 hatte in Martinique und Guadeloupe kein Erdbeben zur Folge. Man hörte, wie in Venezuela, starke Schläge, aber der Boden blieb ruhig.
Diese Donnerschläge, die nicht mit dem rollenden Ge- räusch zu verwechseln sind, das überall auch ganz schwachen Erdstößen vorausgeht, hört man an den Ufern des Orinoko ziemlich oft, besonders, wie man uns an Ort und Stelle ver- sichert hat, zwischen dem Rio Arauca und dem Cuchivero. Pater Morello erzählt, in der Mission Cabruta habe das unterirdische Getöse zuweilen so ganz geklungen wie Salven von Steinböllern (pedreros), daß es gewesen sei, als würde in der Ferne ein Gefecht geliefert. Am 21. Oktober 1766, am Tage des schrecklichen Erdbebens, das die Provinz Neu- andalusien verheerte, erzitterte der Boden zu gleicher Zeit in Cumana, in Caracas, in Maracaybo, an den Ufern des Ca- sanare, des Meta, des Orinoko und des Ventuario. Pater
ſcharf bezeichnet. Dreißig, vierzig Jahre lang werfen ſie keine Schlacken, keine Aſche aus, rauchen nicht einmal. In einer ſolchen Periode habe ich keine Spur von Rauch auf dem Gipfel des Tunguragua und des Cotopaxi geſehen. Wenn dagegen dem Krater des Veſuvs eine Rauchwolke entſteigt, achten die Neapolitaner kaum darauf; ſie ſind an die Bewegungen dieſes kleinen Vulkanes gewöhnt, der oft in zwei, drei Jahren hinter- einander Schlacken auswirft. Da iſt freilich ſchwer zu be- urteilen, ob die Schlackenauswürfe im Moment, wo man im Apennin einen Erdſtoß verſpürt, ſtärker geweſen ſind. Auf dem Rücken der Kordilleren hat alles einen beſtimmteren Typus. Auf einen Aſchenauswurf von ein paar Minuten folgt oft zehnjährige Ruhe. Unter dieſen Umſtänden wird es leicht, Epochen zu verzeichnen und auszumitteln, ob die Erſcheinungen in der Zeit zuſammenfallen.
Die Zerſtörung von Cumana im Jahre 1797 und von Caracas im Jahre 1812 weiſen darauf hin, daß die Vulkane auf den Kleinen Antillen mit den Erſchütterungen, welche die Küſten von Terra Firma erleiden, im Zuſammenhange ſtehen. Trotzdem kommt es häufig vor, daß die Stöße, welche man im vulkaniſchen Archipel ſpürt, ſich weder nach der Inſel Trinidad, noch nach den Küſten von Cumana und Caracas fortpflanzen. Dieſe Erſcheinung hat aber durchaus nichts Auffallendes. Auf den Kleinen Antillen ſelbſt beſchränken ſich die Erſchütterungen oft auf eine einzige Inſel. Der große Ausbruch des Vulkanes auf San Vincent im Jahre 1812 hatte in Martinique und Guadeloupe kein Erdbeben zur Folge. Man hörte, wie in Venezuela, ſtarke Schläge, aber der Boden blieb ruhig.
Dieſe Donnerſchläge, die nicht mit dem rollenden Ge- räuſch zu verwechſeln ſind, das überall auch ganz ſchwachen Erdſtößen vorausgeht, hört man an den Ufern des Orinoko ziemlich oft, beſonders, wie man uns an Ort und Stelle ver- ſichert hat, zwiſchen dem Rio Arauca und dem Cuchivero. Pater Morello erzählt, in der Miſſion Cabruta habe das unterirdiſche Getöſe zuweilen ſo ganz geklungen wie Salven von Steinböllern (pedreros), daß es geweſen ſei, als würde in der Ferne ein Gefecht geliefert. Am 21. Oktober 1766, am Tage des ſchrecklichen Erdbebens, das die Provinz Neu- andaluſien verheerte, erzitterte der Boden zu gleicher Zeit in Cumana, in Caracas, in Maracaybo, an den Ufern des Ca- ſanare, des Meta, des Orinoko und des Ventuario. Pater
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ſcharf bezeichnet. Dreißig, vierzig Jahre lang werfen ſie keine
Schlacken, keine Aſche aus, rauchen nicht einmal. In einer
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des Tunguragua und des Cotopaxi geſehen. Wenn dagegen
dem Krater des Veſuvs eine Rauchwolke entſteigt, achten die
Neapolitaner kaum darauf; ſie ſind an die Bewegungen dieſes
kleinen Vulkanes gewöhnt, der oft in zwei, drei Jahren hinter-
einander Schlacken auswirft. Da iſt freilich ſchwer zu be-
urteilen, ob die Schlackenauswürfe im Moment, wo man im
Apennin einen Erdſtoß verſpürt, ſtärker geweſen ſind. Auf
dem Rücken der Kordilleren hat alles einen beſtimmteren Typus.
Auf einen Aſchenauswurf von ein paar Minuten folgt oft
zehnjährige Ruhe. Unter dieſen Umſtänden wird es leicht,
Epochen zu verzeichnen und auszumitteln, ob die Erſcheinungen
in der Zeit zuſammenfallen.
Die Zerſtörung von Cumana im Jahre 1797 und von
Caracas im Jahre 1812 weiſen darauf hin, daß die Vulkane
auf den Kleinen Antillen mit den Erſchütterungen, welche die
Küſten von Terra Firma erleiden, im Zuſammenhange ſtehen.
Trotzdem kommt es häufig vor, daß die Stöße, welche man
im vulkaniſchen Archipel ſpürt, ſich weder nach der Inſel
Trinidad, noch nach den Küſten von Cumana und Caracas
fortpflanzen. Dieſe Erſcheinung hat aber durchaus nichts
Auffallendes. Auf den Kleinen Antillen ſelbſt beſchränken ſich
die Erſchütterungen oft auf eine einzige Inſel. Der große
Ausbruch des Vulkanes auf San Vincent im Jahre 1812 hatte
in Martinique und Guadeloupe kein Erdbeben zur Folge.
Man hörte, wie in Venezuela, ſtarke Schläge, aber der Boden
blieb ruhig.
Dieſe Donnerſchläge, die nicht mit dem rollenden Ge-
räuſch zu verwechſeln ſind, das überall auch ganz ſchwachen
Erdſtößen vorausgeht, hört man an den Ufern des Orinoko
ziemlich oft, beſonders, wie man uns an Ort und Stelle ver-
ſichert hat, zwiſchen dem Rio Arauca und dem Cuchivero.
Pater Morello erzählt, in der Miſſion Cabruta habe das
unterirdiſche Getöſe zuweilen ſo ganz geklungen wie Salven
von Steinböllern (pedreros), daß es geweſen ſei, als würde
in der Ferne ein Gefecht geliefert. Am 21. Oktober 1766,
am Tage des ſchrecklichen Erdbebens, das die Provinz Neu-
andaluſien verheerte, erzitterte der Boden zu gleicher Zeit in
Cumana, in Caracas, in Maracaybo, an den Ufern des Ca-
ſanare, des Meta, des Orinoko und des Ventuario. Pater
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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 2. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1859, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial02_1859/173>, abgerufen am 16.02.2025.
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