Ausfuhrartikel nach Europa werden kann. Es ist die von Bredemayer und Willdenow beschriebene Sickingia erythro- xylon.
Vom bewaldeten Berge Higuerote kommt man gegen Süd- west zum kleinen Dorfe San Pedro herunter (Höhe 1138 m), das in einem Becken liegt, wo mehrere kleine Thäler zu- sammenstoßen, und fast 584 m tiefer als die Ebene von Bue- navista. Man baute hier nebeneinander Bananen, Kartoffeln und Kaffee. Das Dorf ist sehr klein und die Kirche noch nicht ausgebaut. Wir trafen in einer Schenke (pulperia) mehrere bei der Tabakspacht angestellte Hispano-Europäer. Ihre Stimmung war von der unserigen sehr verschieden. Vom Marsche ermüdet, brachen sie in Klagen und Verwünschungen aus über das unselige Land (estas tierras infelices), in dem sie leben müßten. Wir dagegen konnten die wilde Schönheit der Gegend, die Fruchtbarkeit des Bodens, das angenehme Klima nicht genug rühmen.
Das Thal von San Pedro mit dem Flüßchen dieses Namens trennt zwei große Bergmassen, die des Higuerote und die von Las Cocuyzas. Es ging nun gegen West wieder aufwärts über die kleinen Höfe Las Lagunetas und Garavatos. Es sind dies nur einzelne Häuser, die als Herbergen dienen; die Maultiertreiber finden hier ihr Lieblingsgetränk, Gua- rapo, gegorenen Zuckerrohrsaft. Besonders die Indianer, die auf dieser Straße hin und her ziehen, sind dem Trunke sehr ergeben. Bei Garavatos steht ein sonderbar gestalteter Glimmerschieferfels, ein Kamm oder eine steile Wand, auf der oben ein Turm steht. Ganz oben auf dem Berge Las Cocuyzas öffneten wir den Barometer und fanden, daß wir hier in derselben Höhe waren wie auf Buenavista, kaum 20 m höher.
Die Aussicht auf Las Lagunetas ist sehr weit, aber ziemlich einförmig. Dieser gebirgige, unbebaute Landstrich zwischen den Quellen des Guayre und des Tuy ist über 500 qkm groß. Es gibt darin ein einziges elendes Dorf, Los Teques, südöstlich von San Pedro. Der Boden ist wie durchfurcht von unzähligen kleinen Thälern, und die kleinsten, neben- einander herlaufenden münden unter rechtem Winkel in die größeren aus. Die Berggipfel sind ebenso einförmig wie die Thalschluchten; nirgends eine pyramidalische Bildung oder eine Auszackung, nirgends ein steiler Abhang. Nach meiner An- sicht rührt das fast durchgängig flache, wellenförmige Relief
Ausfuhrartikel nach Europa werden kann. Es iſt die von Bredemayer und Willdenow beſchriebene Sickingia erythro- xylon.
Vom bewaldeten Berge Higuerote kommt man gegen Süd- weſt zum kleinen Dorfe San Pedro herunter (Höhe 1138 m), das in einem Becken liegt, wo mehrere kleine Thäler zu- ſammenſtoßen, und faſt 584 m tiefer als die Ebene von Bue- naviſta. Man baute hier nebeneinander Bananen, Kartoffeln und Kaffee. Das Dorf iſt ſehr klein und die Kirche noch nicht ausgebaut. Wir trafen in einer Schenke (pulperia) mehrere bei der Tabakspacht angeſtellte Hiſpano-Europäer. Ihre Stimmung war von der unſerigen ſehr verſchieden. Vom Marſche ermüdet, brachen ſie in Klagen und Verwünſchungen aus über das unſelige Land (estas tierras infelices), in dem ſie leben müßten. Wir dagegen konnten die wilde Schönheit der Gegend, die Fruchtbarkeit des Bodens, das angenehme Klima nicht genug rühmen.
Das Thal von San Pedro mit dem Flüßchen dieſes Namens trennt zwei große Bergmaſſen, die des Higuerote und die von Las Cocuyzas. Es ging nun gegen Weſt wieder aufwärts über die kleinen Höfe Las Lagunetas und Garavatos. Es ſind dies nur einzelne Häuſer, die als Herbergen dienen; die Maultiertreiber finden hier ihr Lieblingsgetränk, Gua- rapo, gegorenen Zuckerrohrſaft. Beſonders die Indianer, die auf dieſer Straße hin und her ziehen, ſind dem Trunke ſehr ergeben. Bei Garavatos ſteht ein ſonderbar geſtalteter Glimmerſchieferfels, ein Kamm oder eine ſteile Wand, auf der oben ein Turm ſteht. Ganz oben auf dem Berge Las Cocuyzas öffneten wir den Barometer und fanden, daß wir hier in derſelben Höhe waren wie auf Buenaviſta, kaum 20 m höher.
Die Ausſicht auf Las Lagunetas iſt ſehr weit, aber ziemlich einförmig. Dieſer gebirgige, unbebaute Landſtrich zwiſchen den Quellen des Guayre und des Tuy iſt über 500 qkm groß. Es gibt darin ein einziges elendes Dorf, Los Teques, ſüdöſtlich von San Pedro. Der Boden iſt wie durchfurcht von unzähligen kleinen Thälern, und die kleinſten, neben- einander herlaufenden münden unter rechtem Winkel in die größeren aus. Die Berggipfel ſind ebenſo einförmig wie die Thalſchluchten; nirgends eine pyramidaliſche Bildung oder eine Auszackung, nirgends ein ſteiler Abhang. Nach meiner An- ſicht rührt das faſt durchgängig flache, wellenförmige Relief
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Ausfuhrartikel nach Europa werden kann. Es iſt die von
Bredemayer und Willdenow beſchriebene Sickingia erythro-
xylon.
Vom bewaldeten Berge Higuerote kommt man gegen Süd-
weſt zum kleinen Dorfe San Pedro herunter (Höhe 1138 m),
das in einem Becken liegt, wo mehrere kleine Thäler zu-
ſammenſtoßen, und faſt 584 m tiefer als die Ebene von Bue-
naviſta. Man baute hier nebeneinander Bananen, Kartoffeln
und Kaffee. Das Dorf iſt ſehr klein und die Kirche noch
nicht ausgebaut. Wir trafen in einer Schenke (pulperia)
mehrere bei der Tabakspacht angeſtellte Hiſpano-Europäer.
Ihre Stimmung war von der unſerigen ſehr verſchieden. Vom
Marſche ermüdet, brachen ſie in Klagen und Verwünſchungen
aus über das unſelige Land (estas tierras infelices), in dem
ſie leben müßten. Wir dagegen konnten die wilde Schönheit
der Gegend, die Fruchtbarkeit des Bodens, das angenehme
Klima nicht genug rühmen.
Das Thal von San Pedro mit dem Flüßchen dieſes
Namens trennt zwei große Bergmaſſen, die des Higuerote
und die von Las Cocuyzas. Es ging nun gegen Weſt wieder
aufwärts über die kleinen Höfe Las Lagunetas und Garavatos.
Es ſind dies nur einzelne Häuſer, die als Herbergen dienen;
die Maultiertreiber finden hier ihr Lieblingsgetränk, Gua-
rapo, gegorenen Zuckerrohrſaft. Beſonders die Indianer,
die auf dieſer Straße hin und her ziehen, ſind dem Trunke
ſehr ergeben. Bei Garavatos ſteht ein ſonderbar geſtalteter
Glimmerſchieferfels, ein Kamm oder eine ſteile Wand, auf
der oben ein Turm ſteht. Ganz oben auf dem Berge Las
Cocuyzas öffneten wir den Barometer und fanden, daß wir
hier in derſelben Höhe waren wie auf Buenaviſta, kaum
20 m höher.
Die Ausſicht auf Las Lagunetas iſt ſehr weit, aber ziemlich
einförmig. Dieſer gebirgige, unbebaute Landſtrich zwiſchen
den Quellen des Guayre und des Tuy iſt über 500 qkm
groß. Es gibt darin ein einziges elendes Dorf, Los Teques,
ſüdöſtlich von San Pedro. Der Boden iſt wie durchfurcht
von unzähligen kleinen Thälern, und die kleinſten, neben-
einander herlaufenden münden unter rechtem Winkel in die
größeren aus. Die Berggipfel ſind ebenſo einförmig wie die
Thalſchluchten; nirgends eine pyramidaliſche Bildung oder eine
Auszackung, nirgends ein ſteiler Abhang. Nach meiner An-
ſicht rührt das faſt durchgängig flache, wellenförmige Relief
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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 2. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1859, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial02_1859/184>, abgerufen am 16.02.2025.
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