Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 2. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1859.örtlicher Verhältnisse ab: von der stärkeren oder geringeren Seit der Ausbreitung des Ackerbaues in den Thälern örtlicher Verhältniſſe ab: von der ſtärkeren oder geringeren Seit der Ausbreitung des Ackerbaues in den Thälern <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0218" n="210"/> örtlicher Verhältniſſe ab: von der ſtärkeren oder geringeren<lb/> Beſchattung des Waſſerbeckens, von der Ruhe und der Be-<lb/> wegung des Waſſers, von der Tiefe desſelben, von der Be-<lb/> ſchaffenheit und Farbe des Grundes; im großen aber wird<lb/> die Verdunſtung nur durch drei Elemente bedingt, durch die<lb/> Temperatur, durch die Spannung der in der Luft enthaltenen<lb/> Dämpfe, durch den Widerſtand, den die Luft, je nachdem ſie<lb/> mehr oder minder dicht, mehr oder weniger bewegt iſt, der<lb/> Verbreitung der Dämpfe entgegenſetzt. Die Waſſermenge,<lb/> die an einem gegebenen Orte verdunſtet, iſt proportional dem<lb/> Unterſchiede zwiſchen der Maſſe des Dampfes, welche die<lb/> umgebende Luft im geſättigten Zuſtande aufnehmen kann,<lb/> und der Maſſe desſelben, welche ſie wirklich enthält. Es folgt<lb/> daraus, daß (wie ſchon d’Aubuiſſon bemerkt, der meine hygro-<lb/> metriſchen Beobachtungen berechnet hat) die Verdunſtung in<lb/> der heißen Zone nicht ſo ſtark iſt, als man nach der ungemein<lb/> hohen Temperatur glauben ſollte, weil in den heißen Himmels-<lb/> ſtrichen die Luft gewöhnlich ſehr feucht iſt.</p><lb/> <p>Seit der Ausbreitung des Ackerbaues in den Thälern<lb/> von Aragua kommen die Flüßchen, die ſich in den See von<lb/> Valencia ergießen, in den ſechs Monaten nach Dezember als<lb/> Zuflüſſe nicht mehr in Betracht. Im unteren Stücke ihres<lb/> Laufes ſind ſie ausgetrocknet, weil die Indigo-, Zucker- und<lb/> Kaffeepflanzer ſie an vielen Punkten ableiten, um die Felder<lb/> zu bewäſſern. Noch mehr, ein ziemlich anſehnliches Waſſer,<lb/> der Rio Pao, der am Rande der Llanos, am Fuße des La<lb/> Galera genannten Hügelzuges entſpringt, ergoß ſich früher<lb/> in den See, nachdem er auf dem Wege von Nueva Valencia<lb/> nach Guigue den Caño de Cambury aufgenommen. Der Fluß<lb/> lief damals von Süd nach Nord. Zu Ende des 17. Jahr-<lb/> hunderts kam der Beſitzer einer anliegenden Pflanzung auf<lb/> den Gedanken, dem Rio Pao am Abhange eines Geländes<lb/> ein neues Bett zu graben. Er leitete den Fluß ab, benutzte<lb/> ihn zum Teil zur Bewäſſerung ſeines Grundſtückes und ließ<lb/> ihn dann gegen Süd, dem Abhange der Llanos nach, ſelbſt<lb/> ſeinen Weg ſuchen. Auf dieſem neuen Laufe nach Süd<lb/> nimmt der Rio Pao drei andere Bäche auf, den Tinaco, den<lb/> Guanarito und den Chilua, und ergießt ſich in die Portu-<lb/> gueſa, einen Zweig der Rio Apure. Es iſt eine nicht un-<lb/> intereſſante Erſcheinung, daß infolge der eigentümlichen Boden-<lb/> bildung und der Senkung der Waſſerſcheide nach Südweſt der<lb/> Rio Pao ſich vom kleinen <hi rendition="#g">inneren Flußſyſteme</hi>, dem er<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [210/0218]
örtlicher Verhältniſſe ab: von der ſtärkeren oder geringeren
Beſchattung des Waſſerbeckens, von der Ruhe und der Be-
wegung des Waſſers, von der Tiefe desſelben, von der Be-
ſchaffenheit und Farbe des Grundes; im großen aber wird
die Verdunſtung nur durch drei Elemente bedingt, durch die
Temperatur, durch die Spannung der in der Luft enthaltenen
Dämpfe, durch den Widerſtand, den die Luft, je nachdem ſie
mehr oder minder dicht, mehr oder weniger bewegt iſt, der
Verbreitung der Dämpfe entgegenſetzt. Die Waſſermenge,
die an einem gegebenen Orte verdunſtet, iſt proportional dem
Unterſchiede zwiſchen der Maſſe des Dampfes, welche die
umgebende Luft im geſättigten Zuſtande aufnehmen kann,
und der Maſſe desſelben, welche ſie wirklich enthält. Es folgt
daraus, daß (wie ſchon d’Aubuiſſon bemerkt, der meine hygro-
metriſchen Beobachtungen berechnet hat) die Verdunſtung in
der heißen Zone nicht ſo ſtark iſt, als man nach der ungemein
hohen Temperatur glauben ſollte, weil in den heißen Himmels-
ſtrichen die Luft gewöhnlich ſehr feucht iſt.
Seit der Ausbreitung des Ackerbaues in den Thälern
von Aragua kommen die Flüßchen, die ſich in den See von
Valencia ergießen, in den ſechs Monaten nach Dezember als
Zuflüſſe nicht mehr in Betracht. Im unteren Stücke ihres
Laufes ſind ſie ausgetrocknet, weil die Indigo-, Zucker- und
Kaffeepflanzer ſie an vielen Punkten ableiten, um die Felder
zu bewäſſern. Noch mehr, ein ziemlich anſehnliches Waſſer,
der Rio Pao, der am Rande der Llanos, am Fuße des La
Galera genannten Hügelzuges entſpringt, ergoß ſich früher
in den See, nachdem er auf dem Wege von Nueva Valencia
nach Guigue den Caño de Cambury aufgenommen. Der Fluß
lief damals von Süd nach Nord. Zu Ende des 17. Jahr-
hunderts kam der Beſitzer einer anliegenden Pflanzung auf
den Gedanken, dem Rio Pao am Abhange eines Geländes
ein neues Bett zu graben. Er leitete den Fluß ab, benutzte
ihn zum Teil zur Bewäſſerung ſeines Grundſtückes und ließ
ihn dann gegen Süd, dem Abhange der Llanos nach, ſelbſt
ſeinen Weg ſuchen. Auf dieſem neuen Laufe nach Süd
nimmt der Rio Pao drei andere Bäche auf, den Tinaco, den
Guanarito und den Chilua, und ergießt ſich in die Portu-
gueſa, einen Zweig der Rio Apure. Es iſt eine nicht un-
intereſſante Erſcheinung, daß infolge der eigentümlichen Boden-
bildung und der Senkung der Waſſerſcheide nach Südweſt der
Rio Pao ſich vom kleinen inneren Flußſyſteme, dem er
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