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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 2. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1859.

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von Mariara, liegt die Schlucht der heißen Wasser, Quebrada
de aguas calientes.
Sie streicht nach Nord 75° West und
enthält mehrere kleine Tümpel, von denen die zwei oberen,
die nicht zusammenhängen, nur 21 cm, die drei unteren 60 bis
95 cm Durchmesser haben; ihre Tiefe beträgt zwischen 8 und
40 cm. Die Temperatur dieser verschiedenen Trichter (pozos)
ist 56 bis 59°, und, was ziemlich auffallend ist, die unteren
Trichter sind heißer als die oberen, obgleich der Unterschied
in der Bodenhöhe nicht mehr als 18 bis 21 cm beträgt. Die
heißen Wasser laufen zu einem kleinen Bache zusammen (Rio
de aguas calientes)
, der 10 m weiter unten nur 48° Tem-
peratur zeigt. Während der größten Trockenheit (in dieser
Zeit besuchten wir die Schlucht) hat die ganze Masse des
heißen Wassers nur ein Profil von 184 qcm, in der Regenzeit
aber wird dasselbe bedeutend größer. Der Bach wird dann
zum Bergstrom und seine Wärme nimmt ab, denn die Tem-
peratur der heißen Quellen selbst scheint nur unmerklich auf
und ab zu schwanken. Alle diese Quellen enthalten Schwefel-
wasserstoffgas in geringer Menge. Der diesem Gase eigene
Geruch nach faulen Eiern läßt sich nur ganz nahe bei den
Quellen spüren. Nur in einem der Tümpel, in dem mit
56,2° Temperatur, sieht man Luftblasen sich entwickeln, und
zwar in ziemlich regelmäßigen Pausen von 2 bis 3 Minuten.
Ich bemerkte, daß die Blasen immer von denselben Stellen
ausgingen, vier an der Zahl, und daß man den Ort, von
dem das Schwefelwasserstoffgas aufsteigt, durch Umrühren des
Bodens mit einem Stock nicht merklich verändern kann. Diese
Stellen entsprechen ohne Zweifel ebenso vielen Löchern oder
Spalten im Gneis; auch sieht man, wenn über einem Loche
Blasen erscheinen, das Gas sogleich auch über den drei anderen
sich entwickeln. Es gelang mir nicht, das Gas anzuzünden,
weder die kleinen Mengen in den an der Fläche des heißen
Wassers platzenden Blasen, noch dasjenige, das ich in einer
Flasche über den Quellen gesammelt, wobei mir übel wurde,
nicht sowohl vom Geruche des Gases, als von der übermäßigen
Hitze in der Schlucht. Ist das Schwefelwasserstoffgas mit
vieler Kohlensäure oder mit atmosphärischer Luft gemengt?
Ersteres ist mir nicht wahrscheinlich, so häufig es auch bei
heißen Quellen vorkommt (Aachen, Enghien, Barege). Das
in der Röhre eines Fontanaschen Eudiometers aufgefangene
Gas war lange mit Wasser geschüttelt worden. Auf den
kleinen Tümpeln schwimmt ein feines Schwefelhäutchen, das

von Mariara, liegt die Schlucht der heißen Waſſer, Quebrada
de aguas calientes.
Sie ſtreicht nach Nord 75° Weſt und
enthält mehrere kleine Tümpel, von denen die zwei oberen,
die nicht zuſammenhängen, nur 21 cm, die drei unteren 60 bis
95 cm Durchmeſſer haben; ihre Tiefe beträgt zwiſchen 8 und
40 cm. Die Temperatur dieſer verſchiedenen Trichter (pozos)
iſt 56 bis 59°, und, was ziemlich auffallend iſt, die unteren
Trichter ſind heißer als die oberen, obgleich der Unterſchied
in der Bodenhöhe nicht mehr als 18 bis 21 cm beträgt. Die
heißen Waſſer laufen zu einem kleinen Bache zuſammen (Rio
de aguas calientes)
, der 10 m weiter unten nur 48° Tem-
peratur zeigt. Während der größten Trockenheit (in dieſer
Zeit beſuchten wir die Schlucht) hat die ganze Maſſe des
heißen Waſſers nur ein Profil von 184 qcm, in der Regenzeit
aber wird dasſelbe bedeutend größer. Der Bach wird dann
zum Bergſtrom und ſeine Wärme nimmt ab, denn die Tem-
peratur der heißen Quellen ſelbſt ſcheint nur unmerklich auf
und ab zu ſchwanken. Alle dieſe Quellen enthalten Schwefel-
waſſerſtoffgas in geringer Menge. Der dieſem Gaſe eigene
Geruch nach faulen Eiern läßt ſich nur ganz nahe bei den
Quellen ſpüren. Nur in einem der Tümpel, in dem mit
56,2° Temperatur, ſieht man Luftblaſen ſich entwickeln, und
zwar in ziemlich regelmäßigen Pauſen von 2 bis 3 Minuten.
Ich bemerkte, daß die Blaſen immer von denſelben Stellen
ausgingen, vier an der Zahl, und daß man den Ort, von
dem das Schwefelwaſſerſtoffgas aufſteigt, durch Umrühren des
Bodens mit einem Stock nicht merklich verändern kann. Dieſe
Stellen entſprechen ohne Zweifel ebenſo vielen Löchern oder
Spalten im Gneis; auch ſieht man, wenn über einem Loche
Blaſen erſcheinen, das Gas ſogleich auch über den drei anderen
ſich entwickeln. Es gelang mir nicht, das Gas anzuzünden,
weder die kleinen Mengen in den an der Fläche des heißen
Waſſers platzenden Blaſen, noch dasjenige, das ich in einer
Flaſche über den Quellen geſammelt, wobei mir übel wurde,
nicht ſowohl vom Geruche des Gaſes, als von der übermäßigen
Hitze in der Schlucht. Iſt das Schwefelwaſſerſtoffgas mit
vieler Kohlenſäure oder mit atmoſphäriſcher Luft gemengt?
Erſteres iſt mir nicht wahrſcheinlich, ſo häufig es auch bei
heißen Quellen vorkommt (Aachen, Enghien, Barège). Das
in der Röhre eines Fontanaſchen Eudiometers aufgefangene
Gas war lange mit Waſſer geſchüttelt worden. Auf den
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[219/0227] von Mariara, liegt die Schlucht der heißen Waſſer, Quebrada de aguas calientes. Sie ſtreicht nach Nord 75° Weſt und enthält mehrere kleine Tümpel, von denen die zwei oberen, die nicht zuſammenhängen, nur 21 cm, die drei unteren 60 bis 95 cm Durchmeſſer haben; ihre Tiefe beträgt zwiſchen 8 und 40 cm. Die Temperatur dieſer verſchiedenen Trichter (pozos) iſt 56 bis 59°, und, was ziemlich auffallend iſt, die unteren Trichter ſind heißer als die oberen, obgleich der Unterſchied in der Bodenhöhe nicht mehr als 18 bis 21 cm beträgt. Die heißen Waſſer laufen zu einem kleinen Bache zuſammen (Rio de aguas calientes), der 10 m weiter unten nur 48° Tem- peratur zeigt. Während der größten Trockenheit (in dieſer Zeit beſuchten wir die Schlucht) hat die ganze Maſſe des heißen Waſſers nur ein Profil von 184 qcm, in der Regenzeit aber wird dasſelbe bedeutend größer. Der Bach wird dann zum Bergſtrom und ſeine Wärme nimmt ab, denn die Tem- peratur der heißen Quellen ſelbſt ſcheint nur unmerklich auf und ab zu ſchwanken. Alle dieſe Quellen enthalten Schwefel- waſſerſtoffgas in geringer Menge. Der dieſem Gaſe eigene Geruch nach faulen Eiern läßt ſich nur ganz nahe bei den Quellen ſpüren. Nur in einem der Tümpel, in dem mit 56,2° Temperatur, ſieht man Luftblaſen ſich entwickeln, und zwar in ziemlich regelmäßigen Pauſen von 2 bis 3 Minuten. Ich bemerkte, daß die Blaſen immer von denſelben Stellen ausgingen, vier an der Zahl, und daß man den Ort, von dem das Schwefelwaſſerſtoffgas aufſteigt, durch Umrühren des Bodens mit einem Stock nicht merklich verändern kann. Dieſe Stellen entſprechen ohne Zweifel ebenſo vielen Löchern oder Spalten im Gneis; auch ſieht man, wenn über einem Loche Blaſen erſcheinen, das Gas ſogleich auch über den drei anderen ſich entwickeln. Es gelang mir nicht, das Gas anzuzünden, weder die kleinen Mengen in den an der Fläche des heißen Waſſers platzenden Blaſen, noch dasjenige, das ich in einer Flaſche über den Quellen geſammelt, wobei mir übel wurde, nicht ſowohl vom Geruche des Gaſes, als von der übermäßigen Hitze in der Schlucht. Iſt das Schwefelwaſſerſtoffgas mit vieler Kohlenſäure oder mit atmoſphäriſcher Luft gemengt? Erſteres iſt mir nicht wahrſcheinlich, ſo häufig es auch bei heißen Quellen vorkommt (Aachen, Enghien, Barège). Das in der Röhre eines Fontanaſchen Eudiometers aufgefangene Gas war lange mit Waſſer geſchüttelt worden. Auf den kleinen Tümpeln ſchwimmt ein feines Schwefelhäutchen, das

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 2. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1859, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial02_1859/227>, abgerufen am 21.11.2024.