Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 2. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1859.bemerkt man häufig die Strömung nach oben. Die In- Der eigentümlichste Zug der Savannen oder Steppen Trotz der scheinbaren Gleichförmigkeit ihrer Fläche finden bemerkt man häufig die Strömung nach oben. Die In- Der eigentümlichſte Zug der Savannen oder Steppen Trotz der ſcheinbaren Gleichförmigkeit ihrer Fläche finden <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0279" n="271"/> bemerkt man häufig die Strömung <hi rendition="#g">nach oben</hi>. Die In-<lb/> dianer glauben einen ganzen Tag lang abwärts zu ſchiffen,<lb/> während ſie von der Mündung gegen die Quellen fahren.<lb/> Zwiſchen den abwärtsſtrömenden und den aufwärtsſtrömenden<lb/> Gewäſſern bleibt eine bedeutende Waſſermaſſe ſtillſtehen, in<lb/> der ſich durch Gleichgewichtsſtörung Wirbel bilden, die den<lb/> Fahrzeugen gefährlich werden.</p><lb/> <p>Der eigentümlichſte Zug der Savannen oder Steppen<lb/> Südamerikas iſt die völlige Abweſenheit aller Erhöhungen,<lb/> die vollkommen wagerechte Lage des ganzen Bodens. Die<lb/> ſpaniſchen Eroberer, die zuerſt von Coro her an die Ufer des<lb/> Apure vordrangen, haben ſie daher auch weder Wüſten, noch<lb/> Savannen, noch Prärien genannt, ſondern Ebenen, <hi rendition="#aq">los Llanos.</hi><lb/> Auf 600 <hi rendition="#aq">qkm</hi> zeigt der Boden oft keine fußhohe Unebenheit.<lb/> Dieſe Aehnlichkeit mit der Meeresfläche drängt ſich der Ein-<lb/> bildungskraft beſonders da auf, wo die Ebenen gar keine<lb/> Palmen tragen, und wo man von den Bergen an der Küſte<lb/> und vom Orinoko ſo weit weg iſt, daß man dieſelben nicht<lb/> ſieht, wie in der Meſa de Pavones. Dort könnte man ſich<lb/> verſucht fühlen, mit einem Reflexionsinſtrument Sonnenhöhen<lb/> aufzunehmen, wenn nicht der <hi rendition="#g">Landhorizont</hi> infolge des<lb/> wechſelnden Spieles der Refraktionen, beſtändig in Nebel ge-<lb/> hüllt wäre. Dieſe Ebenheit des Bodens iſt noch vollſtändiger<lb/> unter dem Meridian von Calabozo als gegen Oſt zwiſchen<lb/> Cari, Villa del Pao und Nueva Barcelona; aber ſie herrſcht<lb/> ohne Unterbrechung von den Mündungen des Orinoko bis zur<lb/> Villa de Araure und Oſpinos, auf einer <hi rendition="#g">Parallele</hi> von<lb/> 810 <hi rendition="#aq">km</hi>, und von San Carlos bis zu den Savannen am<lb/> Caqueta auf einem <hi rendition="#g">Meridian</hi> von 900 <hi rendition="#aq">km.</hi> Sie vor allem<lb/> iſt charakteriſtiſch für den neuen Kontinent, ſowie für die aſia-<lb/> tiſchen Steppen zwiſchen dem Dnjepr und der Wolga, zwi-<lb/> ſchen dem Irtyſch und dem Ob. Dagegen zeigen die Wüſten<lb/> im inneren Afrika, in Arabien, Syrien und Perſien, die Gobi<lb/> und die Gasna viele Bodenunebenheiten, Hügelreihen, waſſer-<lb/> loſe Schluchten und feſtes Geſtein, das aus dem Sande her-<lb/> vorragt.</p><lb/> <p>Trotz der ſcheinbaren Gleichförmigkeit ihrer Fläche finden<lb/> ſich indeſſen in den Llanos zweierlei Unebenheiten, die dem<lb/> aufmerkſamen Beobachter nicht entgehen. Die erſte Art nennt<lb/> man Bancos; es ſind wahre Bänke, Untiefen im Steppen-<lb/> becken, zerbrochene Schichten von feſtem Sandſtein oder Kalk-<lb/> ſtein, die 1,3 bis 1,6 <hi rendition="#aq">m</hi> höher liegen als die übrige Ebene.<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [271/0279]
bemerkt man häufig die Strömung nach oben. Die In-
dianer glauben einen ganzen Tag lang abwärts zu ſchiffen,
während ſie von der Mündung gegen die Quellen fahren.
Zwiſchen den abwärtsſtrömenden und den aufwärtsſtrömenden
Gewäſſern bleibt eine bedeutende Waſſermaſſe ſtillſtehen, in
der ſich durch Gleichgewichtsſtörung Wirbel bilden, die den
Fahrzeugen gefährlich werden.
Der eigentümlichſte Zug der Savannen oder Steppen
Südamerikas iſt die völlige Abweſenheit aller Erhöhungen,
die vollkommen wagerechte Lage des ganzen Bodens. Die
ſpaniſchen Eroberer, die zuerſt von Coro her an die Ufer des
Apure vordrangen, haben ſie daher auch weder Wüſten, noch
Savannen, noch Prärien genannt, ſondern Ebenen, los Llanos.
Auf 600 qkm zeigt der Boden oft keine fußhohe Unebenheit.
Dieſe Aehnlichkeit mit der Meeresfläche drängt ſich der Ein-
bildungskraft beſonders da auf, wo die Ebenen gar keine
Palmen tragen, und wo man von den Bergen an der Küſte
und vom Orinoko ſo weit weg iſt, daß man dieſelben nicht
ſieht, wie in der Meſa de Pavones. Dort könnte man ſich
verſucht fühlen, mit einem Reflexionsinſtrument Sonnenhöhen
aufzunehmen, wenn nicht der Landhorizont infolge des
wechſelnden Spieles der Refraktionen, beſtändig in Nebel ge-
hüllt wäre. Dieſe Ebenheit des Bodens iſt noch vollſtändiger
unter dem Meridian von Calabozo als gegen Oſt zwiſchen
Cari, Villa del Pao und Nueva Barcelona; aber ſie herrſcht
ohne Unterbrechung von den Mündungen des Orinoko bis zur
Villa de Araure und Oſpinos, auf einer Parallele von
810 km, und von San Carlos bis zu den Savannen am
Caqueta auf einem Meridian von 900 km. Sie vor allem
iſt charakteriſtiſch für den neuen Kontinent, ſowie für die aſia-
tiſchen Steppen zwiſchen dem Dnjepr und der Wolga, zwi-
ſchen dem Irtyſch und dem Ob. Dagegen zeigen die Wüſten
im inneren Afrika, in Arabien, Syrien und Perſien, die Gobi
und die Gasna viele Bodenunebenheiten, Hügelreihen, waſſer-
loſe Schluchten und feſtes Geſtein, das aus dem Sande her-
vorragt.
Trotz der ſcheinbaren Gleichförmigkeit ihrer Fläche finden
ſich indeſſen in den Llanos zweierlei Unebenheiten, die dem
aufmerkſamen Beobachter nicht entgehen. Die erſte Art nennt
man Bancos; es ſind wahre Bänke, Untiefen im Steppen-
becken, zerbrochene Schichten von feſtem Sandſtein oder Kalk-
ſtein, die 1,3 bis 1,6 m höher liegen als die übrige Ebene.
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