Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 2. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1859.ist, so müßte man annehmen, sie sei einst von den Anden Diese drei Querketten oder vielmehr diese drei Berg- iſt, ſo müßte man annehmen, ſie ſei einſt von den Anden Dieſe drei Querketten oder vielmehr dieſe drei Berg- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0282" n="274"/> iſt, ſo müßte man annehmen, ſie ſei einſt von den Anden<lb/> zwiſchen Santa F<hi rendition="#aq">é</hi> de Bogota und Pamplona abgegangen.<lb/> Dieſe Bemerkung mag dazu dienen, die geographiſche Lage<lb/> dieſer Kordillere, die bis jetzt ſehr wenig bekannt geworden,<lb/> dem Leſer beſſer einzuprägen. — Eine dritte Bergkette ver-<lb/> bindet unter dem 16. und 18. Grad ſüdlicher Breite (über Santa<lb/> Cruz de la Sierra, die Serranias von Aguapehy und die<lb/> vielberufenen Campos dos Parecis) die peruaniſchen Anden<lb/> mit den Gebirgen Braſiliens. Dies iſt die <hi rendition="#g">Kordillere von<lb/> Chiquitos</hi>, die in der Capitania von Minas Geraes breiter<lb/> wird und die Waſſerſcheide zwiſchen dem Amazonenſtrome und<lb/> dem La Plata bildet, nicht nur im inneren Lande, im Meridian<lb/> von Villa Boa, ſondern bis wenige Meilen von der Küſte,<lb/> zwiſchen Rio de Janeiro und Bahia.</p><lb/> <p>Dieſe drei Querketten oder vielmehr dieſe drei <hi rendition="#g">Berg-<lb/> ſtöcke</hi>, welche innerhalb der Grenzen der heißen Zone von<lb/> Weſt nach Oſt ſtreichen, ſind durch völlig ebene Landſtriche<lb/> getrennt, <hi rendition="#g">die Ebenen von Caracas</hi> oder am unteren Ori-<lb/> noko, <hi rendition="#g">die Ebenen des Amazonenſtromes</hi> und des Rio<lb/> Negro, <hi rendition="#g">die Ebenen von Buenos Ayres</hi> oder des La Plata.<lb/> Ich brauche nicht den Ausdruck <hi rendition="#g">Thäler</hi>, weil der untere<lb/> Orinoko und der Amazonenſtrom keineswegs in einem Thale<lb/> fließen, ſondern nur in einer weiten Ebene eine kleine Rinne<lb/> bilden. Die beiden Becken an den beiden Enden Südamerikas<lb/> ſind Savannen oder Steppen, baumloſe Weiden; das mittlere<lb/> Becken, in welches das ganze Jahr die tropiſchen Regen<lb/> fallen, iſt faſt durchgängig ein ungeheurer Wald, in dem es<lb/> keinen anderen Pfad gibt als die Flüſſe. Wegen des kräftigen<lb/> Pflanzenwuchſes, der den Boden überzieht, fällt hier die Eben-<lb/> heit desſelben weniger auf, und nur die Becken von Caracas<lb/> und La Plata nennt man <hi rendition="#g">Ebenen</hi>. In der Sprache der<lb/> Koloniſten heißen die drei eben beſchriebenen Becken: die<lb/><hi rendition="#g">Llanos</hi> von Varinas und Caracas, die <hi rendition="#g">Bosques</hi> oder<lb/><hi rendition="#g">Selvas</hi> (Wälder) des Amazonenſtromes, und die <hi rendition="#g">Pampas</hi><lb/> von Buenos Ayres. Der Wald bedeckt nicht nur größtenteils<lb/> die <hi rendition="#g">Ebenen des Amazonenſtromes</hi> von der Kordillere<lb/> von Chiquitos bis zu der der Parime, er überzieht auch dieſe<lb/> beiden Bergketten, welche ſelten die Höhe der Pyrenäen<lb/> erreichen. Deshalb ſind die weiten Ebenen des Amazonen-<lb/> ſtromes, des Madeira und Rio Negro nicht ſo ſcharf begrenzt<lb/> wie die <hi rendition="#g">Llanos</hi> von Caracas und die <hi rendition="#g">Pampas</hi> von Buenos<lb/> Ayres. Da die <hi rendition="#g">Waldregion</hi> Ebenen und Gebirge zugleich<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [274/0282]
iſt, ſo müßte man annehmen, ſie ſei einſt von den Anden
zwiſchen Santa Fé de Bogota und Pamplona abgegangen.
Dieſe Bemerkung mag dazu dienen, die geographiſche Lage
dieſer Kordillere, die bis jetzt ſehr wenig bekannt geworden,
dem Leſer beſſer einzuprägen. — Eine dritte Bergkette ver-
bindet unter dem 16. und 18. Grad ſüdlicher Breite (über Santa
Cruz de la Sierra, die Serranias von Aguapehy und die
vielberufenen Campos dos Parecis) die peruaniſchen Anden
mit den Gebirgen Braſiliens. Dies iſt die Kordillere von
Chiquitos, die in der Capitania von Minas Geraes breiter
wird und die Waſſerſcheide zwiſchen dem Amazonenſtrome und
dem La Plata bildet, nicht nur im inneren Lande, im Meridian
von Villa Boa, ſondern bis wenige Meilen von der Küſte,
zwiſchen Rio de Janeiro und Bahia.
Dieſe drei Querketten oder vielmehr dieſe drei Berg-
ſtöcke, welche innerhalb der Grenzen der heißen Zone von
Weſt nach Oſt ſtreichen, ſind durch völlig ebene Landſtriche
getrennt, die Ebenen von Caracas oder am unteren Ori-
noko, die Ebenen des Amazonenſtromes und des Rio
Negro, die Ebenen von Buenos Ayres oder des La Plata.
Ich brauche nicht den Ausdruck Thäler, weil der untere
Orinoko und der Amazonenſtrom keineswegs in einem Thale
fließen, ſondern nur in einer weiten Ebene eine kleine Rinne
bilden. Die beiden Becken an den beiden Enden Südamerikas
ſind Savannen oder Steppen, baumloſe Weiden; das mittlere
Becken, in welches das ganze Jahr die tropiſchen Regen
fallen, iſt faſt durchgängig ein ungeheurer Wald, in dem es
keinen anderen Pfad gibt als die Flüſſe. Wegen des kräftigen
Pflanzenwuchſes, der den Boden überzieht, fällt hier die Eben-
heit desſelben weniger auf, und nur die Becken von Caracas
und La Plata nennt man Ebenen. In der Sprache der
Koloniſten heißen die drei eben beſchriebenen Becken: die
Llanos von Varinas und Caracas, die Bosques oder
Selvas (Wälder) des Amazonenſtromes, und die Pampas
von Buenos Ayres. Der Wald bedeckt nicht nur größtenteils
die Ebenen des Amazonenſtromes von der Kordillere
von Chiquitos bis zu der der Parime, er überzieht auch dieſe
beiden Bergketten, welche ſelten die Höhe der Pyrenäen
erreichen. Deshalb ſind die weiten Ebenen des Amazonen-
ſtromes, des Madeira und Rio Negro nicht ſo ſcharf begrenzt
wie die Llanos von Caracas und die Pampas von Buenos
Ayres. Da die Waldregion Ebenen und Gebirge zugleich
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