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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 2. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1859.

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zwischen Varinas und Caragua, sieht man eine hübsche Straße,
22,5 km lang, vor der Eroberung, in sehr alter Zeit von
den Eingeborenen angelegt. Es ist ein Erddamm, 5 m hoch,
der über eine häufig überschwemmte Ebene führt. Hatten sich
etwa civilisiertere Völker von den Gebirgen von Truxillo und
Merida über die Ebenen am Rio Apure verbreitet? Die heu-
tigen Indianer zwischen diesem Fluß und dem Meta sind viel
zu versunken, um an die Errichtung von Kunststraßen oder
Grabhügeln zu denken.

Ich habe den Flächenraum dieser Llanos von der Caqueta
bis zum Apure und vom Apure zum Delta des Orinoko auf
345000 qkm berechnet. Der von Nord nach Süd sich er-
streckende Teil ist beinahe doppelt so groß als der von Ost
nach West zwischen dem unteren Orinoko und der Küsten-
kordillere von Caracas streichende. Die Pampas nord- und
nordwestwärts von Buenos Ayres, zwischen dieser Stadt
und Cordova, Jujuy und Tucuman, sind ungefähr ebenso
groß als die Llanos; aber die Pampas setzen sich noch 18°
weiter nach Süd fort, und sie erstrecken sich über einen so
weiten Landstrich, daß am einen Saume Palmen wachsen,
während der andere, ebenso niedrig gelegene und ebene, mit
ewigem Eis bedeckt ist.

Die amerikanischen Llanos sind da, wo sie parallel mit
dem Aequator streichen, viermal schmäler als die große afri-
kanische Wüste. Dieser Umstand ist von großer Bedeutung
in einem Landstrich, wo die Richtung der Winde beständig
von Ost nach West geht. Je weiter Ebenen in dieser Richtung
sich erstrecken, desto heißer ist ihr Klima. Das große afri-
kanische Sandmeer hängt über Yemen mit Gedrosia und Be-
ludschistan bis ans rechte Ufer des Indus zusammen, und
infolge der Winde, die über die ostwärts gelegenen Wüsten
weggegangen sind, ist das Becken des Roten Meeres, in der
Mitte von Ebenen, welche auf allen Punkten Wärme strahlen,
eine der heißesten Gegenden des Erdballs. Der unglückliche
Kapitän Tuckey berichtet, daß der hundertteilige Thermo-
meter sich dort fast immer bei Nacht auf 34°, bei Tag auf
40 bis 44° hält. Wie wir bald sehen werden, haben wir
selbst im westlichen Teile der Steppen von Caracas die Tem-
peratur der Luft, im Schatten und vom Boden entfernt, selten
über 37° gefunden.

An diese physikalischen Betrachtungen über die Steppen
der Neuen Welt knüpfen sich andere, höhere, solche, die sich

zwiſchen Varinas und Caragua, ſieht man eine hübſche Straße,
22,5 km lang, vor der Eroberung, in ſehr alter Zeit von
den Eingeborenen angelegt. Es iſt ein Erddamm, 5 m hoch,
der über eine häufig überſchwemmte Ebene führt. Hatten ſich
etwa civiliſiertere Völker von den Gebirgen von Truxillo und
Merida über die Ebenen am Rio Apure verbreitet? Die heu-
tigen Indianer zwiſchen dieſem Fluß und dem Meta ſind viel
zu verſunken, um an die Errichtung von Kunſtſtraßen oder
Grabhügeln zu denken.

Ich habe den Flächenraum dieſer Llanos von der Caqueta
bis zum Apure und vom Apure zum Delta des Orinoko auf
345000 qkm berechnet. Der von Nord nach Süd ſich er-
ſtreckende Teil iſt beinahe doppelt ſo groß als der von Oſt
nach Weſt zwiſchen dem unteren Orinoko und der Küſten-
kordillere von Caracas ſtreichende. Die Pampas nord- und
nordweſtwärts von Buenos Ayres, zwiſchen dieſer Stadt
und Cordova, Jujuy und Tucuman, ſind ungefähr ebenſo
groß als die Llanos; aber die Pampas ſetzen ſich noch 18°
weiter nach Süd fort, und ſie erſtrecken ſich über einen ſo
weiten Landſtrich, daß am einen Saume Palmen wachſen,
während der andere, ebenſo niedrig gelegene und ebene, mit
ewigem Eis bedeckt iſt.

Die amerikaniſchen Llanos ſind da, wo ſie parallel mit
dem Aequator ſtreichen, viermal ſchmäler als die große afri-
kaniſche Wüſte. Dieſer Umſtand iſt von großer Bedeutung
in einem Landſtrich, wo die Richtung der Winde beſtändig
von Oſt nach Weſt geht. Je weiter Ebenen in dieſer Richtung
ſich erſtrecken, deſto heißer iſt ihr Klima. Das große afri-
kaniſche Sandmeer hängt über Yemen mit Gedroſia und Be-
ludſchiſtan bis ans rechte Ufer des Indus zuſammen, und
infolge der Winde, die über die oſtwärts gelegenen Wüſten
weggegangen ſind, iſt das Becken des Roten Meeres, in der
Mitte von Ebenen, welche auf allen Punkten Wärme ſtrahlen,
eine der heißeſten Gegenden des Erdballs. Der unglückliche
Kapitän Tuckey berichtet, daß der hundertteilige Thermo-
meter ſich dort faſt immer bei Nacht auf 34°, bei Tag auf
40 bis 44° hält. Wie wir bald ſehen werden, haben wir
ſelbſt im weſtlichen Teile der Steppen von Caracas die Tem-
peratur der Luft, im Schatten und vom Boden entfernt, ſelten
über 37° gefunden.

An dieſe phyſikaliſchen Betrachtungen über die Steppen
der Neuen Welt knüpfen ſich andere, höhere, ſolche, die ſich

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[278/0286] zwiſchen Varinas und Caragua, ſieht man eine hübſche Straße, 22,5 km lang, vor der Eroberung, in ſehr alter Zeit von den Eingeborenen angelegt. Es iſt ein Erddamm, 5 m hoch, der über eine häufig überſchwemmte Ebene führt. Hatten ſich etwa civiliſiertere Völker von den Gebirgen von Truxillo und Merida über die Ebenen am Rio Apure verbreitet? Die heu- tigen Indianer zwiſchen dieſem Fluß und dem Meta ſind viel zu verſunken, um an die Errichtung von Kunſtſtraßen oder Grabhügeln zu denken. Ich habe den Flächenraum dieſer Llanos von der Caqueta bis zum Apure und vom Apure zum Delta des Orinoko auf 345000 qkm berechnet. Der von Nord nach Süd ſich er- ſtreckende Teil iſt beinahe doppelt ſo groß als der von Oſt nach Weſt zwiſchen dem unteren Orinoko und der Küſten- kordillere von Caracas ſtreichende. Die Pampas nord- und nordweſtwärts von Buenos Ayres, zwiſchen dieſer Stadt und Cordova, Jujuy und Tucuman, ſind ungefähr ebenſo groß als die Llanos; aber die Pampas ſetzen ſich noch 18° weiter nach Süd fort, und ſie erſtrecken ſich über einen ſo weiten Landſtrich, daß am einen Saume Palmen wachſen, während der andere, ebenſo niedrig gelegene und ebene, mit ewigem Eis bedeckt iſt. Die amerikaniſchen Llanos ſind da, wo ſie parallel mit dem Aequator ſtreichen, viermal ſchmäler als die große afri- kaniſche Wüſte. Dieſer Umſtand iſt von großer Bedeutung in einem Landſtrich, wo die Richtung der Winde beſtändig von Oſt nach Weſt geht. Je weiter Ebenen in dieſer Richtung ſich erſtrecken, deſto heißer iſt ihr Klima. Das große afri- kaniſche Sandmeer hängt über Yemen mit Gedroſia und Be- ludſchiſtan bis ans rechte Ufer des Indus zuſammen, und infolge der Winde, die über die oſtwärts gelegenen Wüſten weggegangen ſind, iſt das Becken des Roten Meeres, in der Mitte von Ebenen, welche auf allen Punkten Wärme ſtrahlen, eine der heißeſten Gegenden des Erdballs. Der unglückliche Kapitän Tuckey berichtet, daß der hundertteilige Thermo- meter ſich dort faſt immer bei Nacht auf 34°, bei Tag auf 40 bis 44° hält. Wie wir bald ſehen werden, haben wir ſelbſt im weſtlichen Teile der Steppen von Caracas die Tem- peratur der Luft, im Schatten und vom Boden entfernt, ſelten über 37° gefunden. An dieſe phyſikaliſchen Betrachtungen über die Steppen der Neuen Welt knüpfen ſich andere, höhere, ſolche, die ſich

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 2. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1859, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial02_1859/286>, abgerufen am 24.11.2024.