Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 2. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1859.auf die Geschichte unserer Gattung beziehen. Das große 1 `Ulaie. Herodot, Melpomene.
auf die Geſchichte unſerer Gattung beziehen. Das große 1 ῾ϒλαίη. Herodot, Melpomene.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0287" n="279"/> auf die Geſchichte unſerer Gattung beziehen. Das große<lb/> afrikaniſche Sandmeer, die waſſerloſen Wüſten ſind nur von<lb/> Karawanen beſucht, die bis zu 50 Tagen brauchen, ſie zu<lb/> durchziehen. Die Sahara trennt die Völker von Negerbildung<lb/> von den Stämmen der Araber und Berbern und iſt nur in<lb/> den Oaſen bewohnt. Weiden hat ſie nur im öſtlichen Striche,<lb/> wo als Wirkung der Paſſatwinde die Sandſchicht weniger<lb/> dick iſt, ſo daß die Quellen zu Tage brechen können. Die<lb/> Steppen Amerikas ſind nicht ſo breit, nicht ſo glühend heiß,<lb/> ſie werden von herrlichen Strömen befruchtet und ſind ſo dem<lb/> Verkehr der Völker weit weniger hinderlich. Die <hi rendition="#g">Llanos</hi><lb/> trennen die Küſtenkordillere von Caracas und die Anden von<lb/> Neugranada von der Waldregion, von jener Hyläa <note place="foot" n="1">῾ϒλαίη. <hi rendition="#g">Herodot</hi>, Melpomene.</note> des Ori-<lb/> noko, die ſchon bei der Entdeckung Amerikas von Völkern<lb/> bewohnt war, welche auf einer weit tieferen Stufe der Kultur<lb/> ſtanden, als die Bewohner der Küſten und vor allen des Ge-<lb/> birgslandes der Kordilleren. Indeſſen waren die Steppen<lb/> einſt ſo wenig eine Schutzmauer der Kultur, als ſie gegen-<lb/> wärtig für die in den Wäldern lebenden Horden eine Schutz-<lb/> mauer der Freiheit ſind. Sie haben die Völker am unteren<lb/> Orinoko nicht abgehalten, die kleinen Flüſſe hinaufzufahren<lb/> und nach Nord und Weſt Einfälle ins Land zu machen. Hätte<lb/> es die mannigfaltige Verbreitung der Geſchlechter über die<lb/> Erde mit ſich gebracht, daß das Hirtenleben in der Neuen<lb/> Welt beſtehen konnte; hätten vor der Ankunft der Spanier<lb/> auf den Llanos und Pampas ſo zahlreiche Herden von Rindern<lb/> und Pferden geweidet wie jetzt, ſo wäre Kolumbus das Men-<lb/> ſchengeſchlecht hier in ganz anderer Verfaſſung entgegengetreten.<lb/> Hirtenvölker, die von Milch und Käſe leben, wahre Nomaden<lb/> hätten dieſe weiten, miteinander zuſammenhängenden Ebenen<lb/> durchzogen. In der trockenen Jahreszeit und ſelbſt zur Zeit<lb/> der Ueberſchwemmungen hätten ſie den Beſitz der Weiden<lb/> einander ſtreitig gemacht, ſie hätten einander unterjocht und,<lb/> vereint durch das gemeinſame Band der Sitten, der Sprache<lb/> und der Gottesverehrung, ſich zu der Stufe von Halbkultur<lb/> erhoben, die uns bei den Völkern mongoliſchen und tatariſchen<lb/> Stammes überraſchend entgegentritt. Dann hätte Amerika,<lb/> gleich dem mittleren Aſien, ſeine Eroberer gehabt, welche aus<lb/> den Ebenen zum Plateau der Kordilleren hinaufſtiegen, dem<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [279/0287]
auf die Geſchichte unſerer Gattung beziehen. Das große
afrikaniſche Sandmeer, die waſſerloſen Wüſten ſind nur von
Karawanen beſucht, die bis zu 50 Tagen brauchen, ſie zu
durchziehen. Die Sahara trennt die Völker von Negerbildung
von den Stämmen der Araber und Berbern und iſt nur in
den Oaſen bewohnt. Weiden hat ſie nur im öſtlichen Striche,
wo als Wirkung der Paſſatwinde die Sandſchicht weniger
dick iſt, ſo daß die Quellen zu Tage brechen können. Die
Steppen Amerikas ſind nicht ſo breit, nicht ſo glühend heiß,
ſie werden von herrlichen Strömen befruchtet und ſind ſo dem
Verkehr der Völker weit weniger hinderlich. Die Llanos
trennen die Küſtenkordillere von Caracas und die Anden von
Neugranada von der Waldregion, von jener Hyläa 1 des Ori-
noko, die ſchon bei der Entdeckung Amerikas von Völkern
bewohnt war, welche auf einer weit tieferen Stufe der Kultur
ſtanden, als die Bewohner der Küſten und vor allen des Ge-
birgslandes der Kordilleren. Indeſſen waren die Steppen
einſt ſo wenig eine Schutzmauer der Kultur, als ſie gegen-
wärtig für die in den Wäldern lebenden Horden eine Schutz-
mauer der Freiheit ſind. Sie haben die Völker am unteren
Orinoko nicht abgehalten, die kleinen Flüſſe hinaufzufahren
und nach Nord und Weſt Einfälle ins Land zu machen. Hätte
es die mannigfaltige Verbreitung der Geſchlechter über die
Erde mit ſich gebracht, daß das Hirtenleben in der Neuen
Welt beſtehen konnte; hätten vor der Ankunft der Spanier
auf den Llanos und Pampas ſo zahlreiche Herden von Rindern
und Pferden geweidet wie jetzt, ſo wäre Kolumbus das Men-
ſchengeſchlecht hier in ganz anderer Verfaſſung entgegengetreten.
Hirtenvölker, die von Milch und Käſe leben, wahre Nomaden
hätten dieſe weiten, miteinander zuſammenhängenden Ebenen
durchzogen. In der trockenen Jahreszeit und ſelbſt zur Zeit
der Ueberſchwemmungen hätten ſie den Beſitz der Weiden
einander ſtreitig gemacht, ſie hätten einander unterjocht und,
vereint durch das gemeinſame Band der Sitten, der Sprache
und der Gottesverehrung, ſich zu der Stufe von Halbkultur
erhoben, die uns bei den Völkern mongoliſchen und tatariſchen
Stammes überraſchend entgegentritt. Dann hätte Amerika,
gleich dem mittleren Aſien, ſeine Eroberer gehabt, welche aus
den Ebenen zum Plateau der Kordilleren hinaufſtiegen, dem
1 ῾ϒλαίη. Herodot, Melpomene.
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