Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 2. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1859.und so war es natürlich, daß ich mich seit unserer Ankunft Die Spanier begreifen unter dem Namen Tembladores und ſo war es natürlich, daß ich mich ſeit unſerer Ankunft Die Spanier begreifen unter dem Namen Tembladores <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0302" n="294"/> und ſo war es natürlich, daß ich mich ſeit unſerer Ankunft<lb/> in Cumana eifrig nach elektriſchen Aalen umſah. Man hatte<lb/> uns mehrmals welche verſprochen, wir hatten uns aber immer<lb/> getäuſcht geſehen. Je weiter von der Küſte weg, deſto wert-<lb/> loſer wird das Geld, und wie ſoll man über das unerſchüt-<lb/> terliche Phlegma des Volkes Herr werden, wo der Stachel<lb/> der Gewinnſucht fehlt?</p><lb/> <p>Die Spanier begreifen unter dem Namen Tembladores<lb/> (Zitterer) alle elektriſchen Fiſche. Es gibt welche im Antilli-<lb/> ſchen Meer an den Küſten von Cumana. Die Guaykeri,<lb/> die gewandteſten und fleißigſten Fiſcher in jener Gegend,<lb/> brachten uns einen Fiſch, der, wie ſie ſagten, ihnen die Hände<lb/> ſtarr machte. Dieſer Fiſch geht im kleinen Fluſſe Manzanares<lb/> aufwärts. Es war eine neue Art Raja mit kaum ſichtbaren<lb/> Seitenflecken, dem Zitterrochen Galvanis ziemlich ähnlich.<lb/> Die Zitterrochen haben ein elektriſches Organ, das wegen der<lb/> Durchſichtigkeit der Haut ſchon außen ſichtbar iſt, und bilden<lb/> eine eigene Geſtaltung oder doch eine Untergattung der eigent-<lb/> lichen Rochen. Der cumaniſche Zitterrochen war ſehr munter,<lb/> ſeine Muskelbewegungen ſehr kräftig, dennoch waren die elek-<lb/> triſchen Schläge, die wir von ihm erhielten, äußerſt ſchwach.<lb/> Sie wurden ſtärker, wenn wir das Tier mittels der Berüh-<lb/> rung von Zink und Gold galvaniſierten. Andere Tembla-<lb/> dores, echte Gymnoten oder Zitteraale, kommen im Rio Co-<lb/> lorado, im Guarapiche und verſchiedenen kleinen Bächen in<lb/> den Miſſionen der Chaymasindianer vor. Auch in den<lb/> großen amerikaniſchen Flüſſen, im Orinoko, im Amazonen-<lb/> ſtrom, im Meta ſind ſie häufig, aber wegen der ſtarken<lb/> Strömung und des tiefen Waſſers ſchwer zu fangen. Die<lb/> Indianer fühlen weit häufiger ihre elektriſchen Schläge beim<lb/> Schwimmen und Baden im Fluß, als daß ſie dieſelben zu<lb/> ſehen bekommen. In den Llanos, beſonders in der Nähe von<lb/> Calabozo, zwiſchen den Höfen Morichal und den Miſſionen<lb/> de Arriba und de Abaxo, ſind die Gymnoten in den Stücken<lb/> ſtehenden Waſſers und in den Zuflüſſen des Orinoko (im<lb/> Rio Guarico, in den Caños Raſtro, Berito und Paloma)<lb/> ſehr häufig. Wir wollten zuerſt in unſerem Hauſe zu Cala-<lb/> bozo unſere Verſuche anſtellen; aber die Furcht vor den<lb/> Schlägen des Gymnotus iſt im Volk ſo übertrieben, daß wir<lb/> in den erſten drei Tagen keinen bekommen konnten, obgleich<lb/> ſie ſehr leicht zu fangen ſind und wir den Indianern zwei<lb/> Piaſter für jeden recht großen und ſtarken Fiſch verſprochen<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [294/0302]
und ſo war es natürlich, daß ich mich ſeit unſerer Ankunft
in Cumana eifrig nach elektriſchen Aalen umſah. Man hatte
uns mehrmals welche verſprochen, wir hatten uns aber immer
getäuſcht geſehen. Je weiter von der Küſte weg, deſto wert-
loſer wird das Geld, und wie ſoll man über das unerſchüt-
terliche Phlegma des Volkes Herr werden, wo der Stachel
der Gewinnſucht fehlt?
Die Spanier begreifen unter dem Namen Tembladores
(Zitterer) alle elektriſchen Fiſche. Es gibt welche im Antilli-
ſchen Meer an den Küſten von Cumana. Die Guaykeri,
die gewandteſten und fleißigſten Fiſcher in jener Gegend,
brachten uns einen Fiſch, der, wie ſie ſagten, ihnen die Hände
ſtarr machte. Dieſer Fiſch geht im kleinen Fluſſe Manzanares
aufwärts. Es war eine neue Art Raja mit kaum ſichtbaren
Seitenflecken, dem Zitterrochen Galvanis ziemlich ähnlich.
Die Zitterrochen haben ein elektriſches Organ, das wegen der
Durchſichtigkeit der Haut ſchon außen ſichtbar iſt, und bilden
eine eigene Geſtaltung oder doch eine Untergattung der eigent-
lichen Rochen. Der cumaniſche Zitterrochen war ſehr munter,
ſeine Muskelbewegungen ſehr kräftig, dennoch waren die elek-
triſchen Schläge, die wir von ihm erhielten, äußerſt ſchwach.
Sie wurden ſtärker, wenn wir das Tier mittels der Berüh-
rung von Zink und Gold galvaniſierten. Andere Tembla-
dores, echte Gymnoten oder Zitteraale, kommen im Rio Co-
lorado, im Guarapiche und verſchiedenen kleinen Bächen in
den Miſſionen der Chaymasindianer vor. Auch in den
großen amerikaniſchen Flüſſen, im Orinoko, im Amazonen-
ſtrom, im Meta ſind ſie häufig, aber wegen der ſtarken
Strömung und des tiefen Waſſers ſchwer zu fangen. Die
Indianer fühlen weit häufiger ihre elektriſchen Schläge beim
Schwimmen und Baden im Fluß, als daß ſie dieſelben zu
ſehen bekommen. In den Llanos, beſonders in der Nähe von
Calabozo, zwiſchen den Höfen Morichal und den Miſſionen
de Arriba und de Abaxo, ſind die Gymnoten in den Stücken
ſtehenden Waſſers und in den Zuflüſſen des Orinoko (im
Rio Guarico, in den Caños Raſtro, Berito und Paloma)
ſehr häufig. Wir wollten zuerſt in unſerem Hauſe zu Cala-
bozo unſere Verſuche anſtellen; aber die Furcht vor den
Schlägen des Gymnotus iſt im Volk ſo übertrieben, daß wir
in den erſten drei Tagen keinen bekommen konnten, obgleich
ſie ſehr leicht zu fangen ſind und wir den Indianern zwei
Piaſter für jeden recht großen und ſtarken Fiſch verſprochen
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