Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 2. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1859.der elektrischen Fische genau beobachten, so muß man diese Die Empfindung bei schwachen Schlägen des Gymnotus 1 Humboldts Versuche über die gereizte Muskelfaser.
Bd. I, S. 323--329. der elektriſchen Fiſche genau beobachten, ſo muß man dieſe Die Empfindung bei ſchwachen Schlägen des Gymnotus 1 Humboldts Verſuche über die gereizte Muskelfaſer.
Bd. I, S. 323—329. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0306" n="298"/> der elektriſchen Fiſche genau beobachten, ſo muß man dieſe<lb/> berühren, wenn ſie ſehr erſchöpft ſind. Die Zitterrochen und<lb/> die Zitteraale verurſachen dann ein Sehnenhüpfen vom Glied<lb/> an, das die elektriſchen Organe berührt, bis zum Ellbogen.<lb/> Man glaubt bei jedem Schlage <choice><sic>innnerlich</sic><corr>innerlich</corr></choice> eine Schwingung<lb/> zu empfinden, die zwei, drei Sekunden anhält und der eine<lb/> ſchmerzhafte Betäubung folgt. In der ausdrucksvollen Sprache<lb/> der Tamanaken heißt daher der Temblador <hi rendition="#g">Arimna</hi>, das<lb/> heißt, „der die Bewegung raubt“.</p><lb/> <p>Die Empfindung bei ſchwachen Schlägen des Gymnotus<lb/> ſchien mir große Aehnlichkeit zu haben mit dem ſchmerzlichen<lb/> Zucken, das ich fühlte, wenn auf den wunden Stellen, die<lb/> ich auf meinem Rücken durch ſpaniſche Fliegen hervorgebracht,<lb/> zwei heterogene Metalle ſich berührten. <note place="foot" n="1"><hi rendition="#g">Humboldts</hi> Verſuche über die gereizte Muskelfaſer.<lb/> Bd. <hi rendition="#aq">I</hi>, S. 323—329.</note> Dieſer Unterſchied<lb/> zwiſchen der Empfindung, welche der Schlag des elektriſchen<lb/> Fiſches, und der, welche eine Säule oder ſchwach geladene<lb/> Leidner Flaſche hervorbringt, iſt allen Beobachtern aufgefallen;<lb/> derſelbe widerſpricht indeſſen keineswegs der Annahme, daß<lb/> die Elektrizität und die galvaniſche Wirkung der Fiſche dem<lb/> Weſen nach eins ſind. Die Elektrizität kann beidemal dieſelbe<lb/> ſein, ſie mag ſich aber verſchieden äußern infolge des Baues<lb/> der elektriſchen Organe, der Intenſität des elektriſchen Flui-<lb/> dums, der Schnelligkeit des Stromes oder einer eigentümlichen<lb/> Wirkungsweiſe. In holländiſch Guyana, zum Beiſpiel zu<lb/> Demerary, galten früher die Zitteraale als ein Heilmittel<lb/> gegen Lähmungen. Zur Zeit, wo die europäiſchen Aerzte von<lb/> der Anwendung der Elektrizität Großes erwarteten, gab ein<lb/> Wundarzt in Eſſequibo, Namens van der Lott, in Holland<lb/> eine Abhandlung über die Heilkräfte des Zitteraales heraus.<lb/> Solche „elektriſche Kuren“ kommen bei den Wilden Amerikas<lb/> wie bei den Griechen vor. Scribonius Largus, Galenus und<lb/> Dioscorides berichten uns, daß der Zitterrochen Kopfweh,<lb/> Migräne und Gicht heile. In den ſpaniſchen Kolonieen, die<lb/> ich durchreiſt, habe ich von dieſer Heilmethode nichts gehört;<lb/> aber ſo viel iſt gewiß, daß Bonpland und ich, nachdem wir<lb/> vier Stunden lang an Gymnoten experimentiert, bis zum<lb/> anderen Tage Muskelſchwäche, Schmerz in den Gelenken, all-<lb/> gemeine Ueblichkeit empfanden, eine Folge der heftigen Reizung<lb/> des Nervenſyſtems.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [298/0306]
der elektriſchen Fiſche genau beobachten, ſo muß man dieſe
berühren, wenn ſie ſehr erſchöpft ſind. Die Zitterrochen und
die Zitteraale verurſachen dann ein Sehnenhüpfen vom Glied
an, das die elektriſchen Organe berührt, bis zum Ellbogen.
Man glaubt bei jedem Schlage innerlich eine Schwingung
zu empfinden, die zwei, drei Sekunden anhält und der eine
ſchmerzhafte Betäubung folgt. In der ausdrucksvollen Sprache
der Tamanaken heißt daher der Temblador Arimna, das
heißt, „der die Bewegung raubt“.
Die Empfindung bei ſchwachen Schlägen des Gymnotus
ſchien mir große Aehnlichkeit zu haben mit dem ſchmerzlichen
Zucken, das ich fühlte, wenn auf den wunden Stellen, die
ich auf meinem Rücken durch ſpaniſche Fliegen hervorgebracht,
zwei heterogene Metalle ſich berührten. 1 Dieſer Unterſchied
zwiſchen der Empfindung, welche der Schlag des elektriſchen
Fiſches, und der, welche eine Säule oder ſchwach geladene
Leidner Flaſche hervorbringt, iſt allen Beobachtern aufgefallen;
derſelbe widerſpricht indeſſen keineswegs der Annahme, daß
die Elektrizität und die galvaniſche Wirkung der Fiſche dem
Weſen nach eins ſind. Die Elektrizität kann beidemal dieſelbe
ſein, ſie mag ſich aber verſchieden äußern infolge des Baues
der elektriſchen Organe, der Intenſität des elektriſchen Flui-
dums, der Schnelligkeit des Stromes oder einer eigentümlichen
Wirkungsweiſe. In holländiſch Guyana, zum Beiſpiel zu
Demerary, galten früher die Zitteraale als ein Heilmittel
gegen Lähmungen. Zur Zeit, wo die europäiſchen Aerzte von
der Anwendung der Elektrizität Großes erwarteten, gab ein
Wundarzt in Eſſequibo, Namens van der Lott, in Holland
eine Abhandlung über die Heilkräfte des Zitteraales heraus.
Solche „elektriſche Kuren“ kommen bei den Wilden Amerikas
wie bei den Griechen vor. Scribonius Largus, Galenus und
Dioscorides berichten uns, daß der Zitterrochen Kopfweh,
Migräne und Gicht heile. In den ſpaniſchen Kolonieen, die
ich durchreiſt, habe ich von dieſer Heilmethode nichts gehört;
aber ſo viel iſt gewiß, daß Bonpland und ich, nachdem wir
vier Stunden lang an Gymnoten experimentiert, bis zum
anderen Tage Muskelſchwäche, Schmerz in den Gelenken, all-
gemeine Ueblichkeit empfanden, eine Folge der heftigen Reizung
des Nervenſyſtems.
1 Humboldts Verſuche über die gereizte Muskelfaſer.
Bd. I, S. 323—329.
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