Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 2. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1859.Kariben, die Saliven oder Otomaken im Spanischen so ge- Die Sprache der Chaymas schien mir nicht so wohl- Kariben, die Saliven oder Otomaken im Spaniſchen ſo ge- Die Sprache der Chaymas ſchien mir nicht ſo wohl- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0033" n="25"/> Kariben, die Saliven oder Otomaken im Spaniſchen ſo ge-<lb/> ringe Fortſchritte machen, wenn man bedenkt, daß fünf-, ſechs-<lb/> hundert Indianern ein Weißer, ein Miſſionär gegenüberſteht,<lb/> und daß dieſer alle Mühe hat, einen Governador, Alkaden<lb/> oder Fiskal zum Dolmetſcher heranzubilden! Könnte man<lb/> ſtatt der Zucht der Miſſionäre die Indianer auf anderem<lb/> Wege civiliſieren oder vielmehr ihre Sitten ſänftigen (denn<lb/> der unterworfene Indianer hat weniger rohe Sitten, ohne<lb/> deshalb gebildeter zu ſein), könnte man die Weißen, ſtatt ſie<lb/> fern zu halten, in neugebildeten Gemeinden unter den Ein-<lb/> geborenen leben laſſen, ſo wären die amerikaniſchen Sprachen<lb/> bald von den europäiſchen verdrängt, und die Eingeborenen<lb/> überkämen mit den letzteren die gewaltige Maſſe neuer Vor-<lb/> ſtellungen, welche die Früchte der Kultur ſind. Dann brauchte<lb/> man allerdings keine allgemeinen Sprachen, wie die der Inka<lb/> oder das Guarani, einzuführen. Aber nachdem ich mich in<lb/> den Miſſionen des ſüdlichen Amerikas ſo lange aufgehalten,<lb/> nachdem ich die Vorzüge und die Mißbräuche des Regimentes<lb/> der Miſſionäre kennen gelernt, darf ich wohl die Anſicht aus-<lb/> ſprechen, daß dieſes Regiment nicht ſo leicht abzuſchaffen ſein<lb/> wird, ein Syſtem, das ſich gar wohl bedeutend verbeſſern<lb/> läßt und das als Vorbereitung und Uebergang zu einem<lb/> unſeren Begriffen von bürgerlicher Freiheit entſprechenderen<lb/> erſcheint. Man wird mir einwenden, die Römer haben in<lb/> Gallien, in Bätika, in der Provinz Afrika mit ihrer Herr-<lb/> ſchaft ſchnell auch ihre Sprache eingeführt, aber die einge-<lb/> borenen Völker dieſer Länder waren keine Wilde. Sie wohnten<lb/> in Städten, ſie kannten den Gebrauch des Geldes, ſie hatten<lb/> bürgerliche Einrichtungen, die eine ziemlich hohe Stufe der<lb/> Kultur vorausſetzen. Durch die Lockungen des Warentauſches<lb/> und den langen Aufenthalt der Legionen waren ſie mit den<lb/> Eroberern in unmittelbare Berührung gekommen. Dagegen<lb/> ſehen wir der Einführung der Sprachen der Mutterländer<lb/> überall faſt unüberwindliche Hinderniſſe entgegentreten, wo<lb/> karthaginenſiſche, griechiſche oder römiſche Kolonieen auf wirk-<lb/> lich barbariſchen Küſten angelegt wurden. Zu allen Zeiten<lb/> und unter allen Himmelsſtrichen iſt Flucht der erſte Gedanke<lb/> des Wilden dem civiliſierten Menſchen gegenüber.</p><lb/> <p>Die Sprache der Chaymas ſchien mir nicht ſo wohl-<lb/> klingend wie das Karibiſche, das Saliviſche und andere Orinoko-<lb/> ſprachen. Namentlich hat ſie weniger in accentuierten Vo-<lb/> kalen ausklingende Endungen. Silben wie <hi rendition="#aq">guaz, ez, puic,<lb/></hi></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [25/0033]
Kariben, die Saliven oder Otomaken im Spaniſchen ſo ge-
ringe Fortſchritte machen, wenn man bedenkt, daß fünf-, ſechs-
hundert Indianern ein Weißer, ein Miſſionär gegenüberſteht,
und daß dieſer alle Mühe hat, einen Governador, Alkaden
oder Fiskal zum Dolmetſcher heranzubilden! Könnte man
ſtatt der Zucht der Miſſionäre die Indianer auf anderem
Wege civiliſieren oder vielmehr ihre Sitten ſänftigen (denn
der unterworfene Indianer hat weniger rohe Sitten, ohne
deshalb gebildeter zu ſein), könnte man die Weißen, ſtatt ſie
fern zu halten, in neugebildeten Gemeinden unter den Ein-
geborenen leben laſſen, ſo wären die amerikaniſchen Sprachen
bald von den europäiſchen verdrängt, und die Eingeborenen
überkämen mit den letzteren die gewaltige Maſſe neuer Vor-
ſtellungen, welche die Früchte der Kultur ſind. Dann brauchte
man allerdings keine allgemeinen Sprachen, wie die der Inka
oder das Guarani, einzuführen. Aber nachdem ich mich in
den Miſſionen des ſüdlichen Amerikas ſo lange aufgehalten,
nachdem ich die Vorzüge und die Mißbräuche des Regimentes
der Miſſionäre kennen gelernt, darf ich wohl die Anſicht aus-
ſprechen, daß dieſes Regiment nicht ſo leicht abzuſchaffen ſein
wird, ein Syſtem, das ſich gar wohl bedeutend verbeſſern
läßt und das als Vorbereitung und Uebergang zu einem
unſeren Begriffen von bürgerlicher Freiheit entſprechenderen
erſcheint. Man wird mir einwenden, die Römer haben in
Gallien, in Bätika, in der Provinz Afrika mit ihrer Herr-
ſchaft ſchnell auch ihre Sprache eingeführt, aber die einge-
borenen Völker dieſer Länder waren keine Wilde. Sie wohnten
in Städten, ſie kannten den Gebrauch des Geldes, ſie hatten
bürgerliche Einrichtungen, die eine ziemlich hohe Stufe der
Kultur vorausſetzen. Durch die Lockungen des Warentauſches
und den langen Aufenthalt der Legionen waren ſie mit den
Eroberern in unmittelbare Berührung gekommen. Dagegen
ſehen wir der Einführung der Sprachen der Mutterländer
überall faſt unüberwindliche Hinderniſſe entgegentreten, wo
karthaginenſiſche, griechiſche oder römiſche Kolonieen auf wirk-
lich barbariſchen Küſten angelegt wurden. Zu allen Zeiten
und unter allen Himmelsſtrichen iſt Flucht der erſte Gedanke
des Wilden dem civiliſierten Menſchen gegenüber.
Die Sprache der Chaymas ſchien mir nicht ſo wohl-
klingend wie das Karibiſche, das Saliviſche und andere Orinoko-
ſprachen. Namentlich hat ſie weniger in accentuierten Vo-
kalen ausklingende Endungen. Silben wie guaz, ez, puic,
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