Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 2. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1859.daselbst niedergelassen und Mais und Maniok gebaut. Der Wir verließen den Ort, an den sich so traurige Erinne- daſelbſt niedergelaſſen und Mais und Maniok gebaut. Der Wir verließen den Ort, an den ſich ſo traurige Erinne- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0075" n="67"/> daſelbſt niedergelaſſen und Mais und Maniok gebaut. Der<lb/> Vater überlebte allein alle ſeine Kinder. Da ſich ſein Wohl-<lb/> ſtand gehoben hatte, kaufte er zwei ſchwarze Sklaven, und<lb/> dies ward ſein Verderben: er wurde von ſeinen Sklaven er-<lb/> ſchlagen. Die Ziegen verwilderten, nicht ſo die Kultur-<lb/> gewächſe. Der Mais in Amerika, wie der Weizen in Europa,<lb/> ſcheinen ſich nur durch die Pflege des Menſchen zu erhalten,<lb/> an den ſie ſeit ſeinen früheſten Wanderungen gekettet ſind.<lb/> Wohl wachſen dieſe nährenden Gräſer hin und wieder aus<lb/> verſtreuten Samen auf; wenn ſie ſich aber ſelbſt überlaſſen<lb/> bleiben, ſo gehen ſie ein, weil die Vögel die Samen aufzehren.<lb/> Die beiden Sklaven von der Inſel Caracas entgingen lange<lb/> dem Arm der Gerechtigkeit; für ein an ſo einſamem Orte be-<lb/> gangenes Verbrechen war es ſchwer, Beweiſe aufzubringen.<lb/> Der eine dieſer Schwarzen iſt jetzt in Cumana der Henker.<lb/> Er hatte ſeinen Genoſſen angegeben, und da es an einem<lb/> Nachrichter fehlte, ſo begnadigte man nach dem barbariſchen<lb/> Landesbrauch den Sklaven unter der Bedingung, daß er alle<lb/> Verhafteten aufknüpfte, gegen die längſt das Todesurteil ge-<lb/> fällt war. Man ſollte kaum glauben, daß es Menſchen gibt,<lb/> die roh genug ſind, um ihr Leben um ſolchen Preis zu er-<lb/> kaufen und mit ihren Händen diejenigen abzuthun, die ſie<lb/> tags zuvor verraten haben.</p><lb/> <p>Wir verließen den Ort, an den ſich ſo traurige Erinne-<lb/> rungen knüpfen, und ankerten ein paar Stunden auf der<lb/> Reede von Nueva Barcelona an der Mündung des Fluſſes<lb/> Neveri, deſſen indianiſcher (cumanagotiſcher) Name Inipiricuar<lb/> lautet. Der Fluß wimmelt von Krokodilen, die ſich zuweilen<lb/> bis auf die hohe See hinauswagen, beſonders bei Windſtille.<lb/> Sie gehören zu der Art, die im Orinoko ſo häufig vorkommt<lb/> und dem ägyptiſchen Krokodil ſo ſehr gleicht, daß man ſie<lb/> lange zuſammengeworfen hat. Man ſieht leicht ein, daß ein<lb/> Tier, deſſen Körper in einer Art Panzer ſteckt, für die Schärfe<lb/> des Salzwaſſers nicht ſehr empfindlich ſein kann. Schon Piga-<lb/> fetta ſah, wie er in ſeinem kürzlich in Mailand erſchienenen<lb/> Tagebuche erzählt, auf der Küſte der Inſel Borneo Krokodile,<lb/> die ſo gut in der See wie am Lande leben. Dieſe Beob-<lb/> achtungen werden für die Geologie von Bedeutung, ſeit man<lb/> in dieſer Wiſſenſchaft die Süßwaſſerbildungen näher ins Auge<lb/> faßt, ſowie das auffallende Durcheinanderliegen von verſtei-<lb/> nerten See- und Süßwaſſertieren in manchen ſehr neuen Ab-<lb/> lagerungen.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [67/0075]
daſelbſt niedergelaſſen und Mais und Maniok gebaut. Der
Vater überlebte allein alle ſeine Kinder. Da ſich ſein Wohl-
ſtand gehoben hatte, kaufte er zwei ſchwarze Sklaven, und
dies ward ſein Verderben: er wurde von ſeinen Sklaven er-
ſchlagen. Die Ziegen verwilderten, nicht ſo die Kultur-
gewächſe. Der Mais in Amerika, wie der Weizen in Europa,
ſcheinen ſich nur durch die Pflege des Menſchen zu erhalten,
an den ſie ſeit ſeinen früheſten Wanderungen gekettet ſind.
Wohl wachſen dieſe nährenden Gräſer hin und wieder aus
verſtreuten Samen auf; wenn ſie ſich aber ſelbſt überlaſſen
bleiben, ſo gehen ſie ein, weil die Vögel die Samen aufzehren.
Die beiden Sklaven von der Inſel Caracas entgingen lange
dem Arm der Gerechtigkeit; für ein an ſo einſamem Orte be-
gangenes Verbrechen war es ſchwer, Beweiſe aufzubringen.
Der eine dieſer Schwarzen iſt jetzt in Cumana der Henker.
Er hatte ſeinen Genoſſen angegeben, und da es an einem
Nachrichter fehlte, ſo begnadigte man nach dem barbariſchen
Landesbrauch den Sklaven unter der Bedingung, daß er alle
Verhafteten aufknüpfte, gegen die längſt das Todesurteil ge-
fällt war. Man ſollte kaum glauben, daß es Menſchen gibt,
die roh genug ſind, um ihr Leben um ſolchen Preis zu er-
kaufen und mit ihren Händen diejenigen abzuthun, die ſie
tags zuvor verraten haben.
Wir verließen den Ort, an den ſich ſo traurige Erinne-
rungen knüpfen, und ankerten ein paar Stunden auf der
Reede von Nueva Barcelona an der Mündung des Fluſſes
Neveri, deſſen indianiſcher (cumanagotiſcher) Name Inipiricuar
lautet. Der Fluß wimmelt von Krokodilen, die ſich zuweilen
bis auf die hohe See hinauswagen, beſonders bei Windſtille.
Sie gehören zu der Art, die im Orinoko ſo häufig vorkommt
und dem ägyptiſchen Krokodil ſo ſehr gleicht, daß man ſie
lange zuſammengeworfen hat. Man ſieht leicht ein, daß ein
Tier, deſſen Körper in einer Art Panzer ſteckt, für die Schärfe
des Salzwaſſers nicht ſehr empfindlich ſein kann. Schon Piga-
fetta ſah, wie er in ſeinem kürzlich in Mailand erſchienenen
Tagebuche erzählt, auf der Küſte der Inſel Borneo Krokodile,
die ſo gut in der See wie am Lande leben. Dieſe Beob-
achtungen werden für die Geologie von Bedeutung, ſeit man
in dieſer Wiſſenſchaft die Süßwaſſerbildungen näher ins Auge
faßt, ſowie das auffallende Durcheinanderliegen von verſtei-
nerten See- und Süßwaſſertieren in manchen ſehr neuen Ab-
lagerungen.
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