Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 3. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.metrischen Beobachtungen steigt der Thermometer im Schatten Am 28. März bei Sonnenaufgang befand ich mich am 1 31,2° bis 31,6° R.
metriſchen Beobachtungen ſteigt der Thermometer im Schatten Am 28. März bei Sonnenaufgang befand ich mich am 1 31,2° bis 31,6° R.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0016" n="8"/> metriſchen Beobachtungen ſteigt der Thermometer im Schatten<lb/> auf 39 bis 39,5°,<note place="foot" n="1">31,2° bis 31,6° R.</note> und zwar noch über 4,9 <hi rendition="#aq">m</hi> vom Boden.<lb/> Je näher wir den Flüſſen Portugueſa, Apure und Apurito<lb/> kamen, deſto kühler wurde die Luft, infolge der Verdunſtung<lb/> ſo anſehnlicher Waſſermaſſen. Dies iſt beſonders bei Sonnen-<lb/> aufgang fühlbar; den Tag über werfen die mit weißem Sand<lb/> bedeckten Flußufer die Sonnenſtrahlen auf unerträgliche Weiſe<lb/> zurück, mehr als der gelbbraune Thonboden um Calabozo und<lb/> Tisnao.</p><lb/> <p>Am 28. März bei Sonnenaufgang befand ich mich am<lb/> Ufer, um die Breite des Apure zu meſſen. Sie beträgt 411 <hi rendition="#aq">m.</hi><lb/> Es donnerte von allen Seiten; es war dies das erſte Ge-<lb/> witter und der erſte Regen der Jahreszeit. Der Fluß ſchlug<lb/> beim Oſtwind ſtarke Wellen, aber bald wurde die Luft wieder<lb/> ſtill, und alsbald fingen große Cetaceen aus der Familie der<lb/> Spritzfiſche, ganz ähnlich den Delphinen unſerer Meere, an<lb/> ſich in langen Reihen an der Waſſerfläche zu tummeln. Die<lb/> Krokodile, langſam und träge, ſchienen die Nähe dieſer lär-<lb/> menden, in ihren Bewegungen ungeſtümen Tiere zu ſcheuen;<lb/> wir ſahen ſie untertauchen, wenn die Spritzfiſche ihnen nahe-<lb/> kamen. Daß Cetaceen ſo weit von der Küſte vorkommen, iſt<lb/> ſehr auffallend. Die Spanier in den Miſſionen nennen ſie,<lb/> wie die Seedelphine, <hi rendition="#g">Toninas</hi>; ihr indianiſcher Name iſt<lb/><hi rendition="#g">Orinucua</hi>. Sie ſind 1 bis 1,3 <hi rendition="#aq">m</hi> lang und zeigen, wenn<lb/> ſie den Rücken krümmen und mit dem Schwanz auf die unteren<lb/> Waſſerſchichten ſchlagen, ein Stück des Rückens und der Rücken-<lb/> floſſe. Ich konnte keines Stückes habhaft werden, ſo oft ich<lb/> auch Indianer aufforderte, mit Pfeilen auf ſie zu ſchießen.<lb/> Pater Gili verſichert, die Guamos eſſen das Fleiſch derſelben.<lb/> Gehören dieſe Cetaceen den großen Strömen Südamerikas<lb/> eigentümlich an, wie der Lamantin (die Seekuh), der nach<lb/> Cuviers anatomiſchen Unterſuchungen gleichfalls ein <hi rendition="#g">Süß-<lb/> waſſerſäugetier</hi> iſt, oder ſoll man annehmen, daß ſie aus<lb/> der See gegen die Strömung ſo weit heraufkommen, wie in<lb/> den aſiatiſchen Flüſſen der <hi rendition="#aq">Delphinapterus Beluga</hi> zuweilen<lb/> thut? Was mir letztere Vermutung unwahrſcheinlich macht,<lb/> iſt der Umſtand, daß wir im Rio Atabapo, oberhalb der<lb/> großen Fälle des Orinoko, Toninas angetroffen haben. Sollten<lb/> ſie von der Mündung des Amazonenſtromes her durch die<lb/> Verbindungen desſelben mit dem Rio Negro, Caſſiquiare und<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [8/0016]
metriſchen Beobachtungen ſteigt der Thermometer im Schatten
auf 39 bis 39,5°, 1 und zwar noch über 4,9 m vom Boden.
Je näher wir den Flüſſen Portugueſa, Apure und Apurito
kamen, deſto kühler wurde die Luft, infolge der Verdunſtung
ſo anſehnlicher Waſſermaſſen. Dies iſt beſonders bei Sonnen-
aufgang fühlbar; den Tag über werfen die mit weißem Sand
bedeckten Flußufer die Sonnenſtrahlen auf unerträgliche Weiſe
zurück, mehr als der gelbbraune Thonboden um Calabozo und
Tisnao.
Am 28. März bei Sonnenaufgang befand ich mich am
Ufer, um die Breite des Apure zu meſſen. Sie beträgt 411 m.
Es donnerte von allen Seiten; es war dies das erſte Ge-
witter und der erſte Regen der Jahreszeit. Der Fluß ſchlug
beim Oſtwind ſtarke Wellen, aber bald wurde die Luft wieder
ſtill, und alsbald fingen große Cetaceen aus der Familie der
Spritzfiſche, ganz ähnlich den Delphinen unſerer Meere, an
ſich in langen Reihen an der Waſſerfläche zu tummeln. Die
Krokodile, langſam und träge, ſchienen die Nähe dieſer lär-
menden, in ihren Bewegungen ungeſtümen Tiere zu ſcheuen;
wir ſahen ſie untertauchen, wenn die Spritzfiſche ihnen nahe-
kamen. Daß Cetaceen ſo weit von der Küſte vorkommen, iſt
ſehr auffallend. Die Spanier in den Miſſionen nennen ſie,
wie die Seedelphine, Toninas; ihr indianiſcher Name iſt
Orinucua. Sie ſind 1 bis 1,3 m lang und zeigen, wenn
ſie den Rücken krümmen und mit dem Schwanz auf die unteren
Waſſerſchichten ſchlagen, ein Stück des Rückens und der Rücken-
floſſe. Ich konnte keines Stückes habhaft werden, ſo oft ich
auch Indianer aufforderte, mit Pfeilen auf ſie zu ſchießen.
Pater Gili verſichert, die Guamos eſſen das Fleiſch derſelben.
Gehören dieſe Cetaceen den großen Strömen Südamerikas
eigentümlich an, wie der Lamantin (die Seekuh), der nach
Cuviers anatomiſchen Unterſuchungen gleichfalls ein Süß-
waſſerſäugetier iſt, oder ſoll man annehmen, daß ſie aus
der See gegen die Strömung ſo weit heraufkommen, wie in
den aſiatiſchen Flüſſen der Delphinapterus Beluga zuweilen
thut? Was mir letztere Vermutung unwahrſcheinlich macht,
iſt der Umſtand, daß wir im Rio Atabapo, oberhalb der
großen Fälle des Orinoko, Toninas angetroffen haben. Sollten
ſie von der Mündung des Amazonenſtromes her durch die
Verbindungen desſelben mit dem Rio Negro, Caſſiquiare und
1 31,2° bis 31,6° R.
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