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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 3. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.

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überhaupt in allen Stücken an die Savannen am unteren
Orinoko.

Wir hielten uns 3 Tage in der kleinen Stadt San
Francisco auf. Wir wohnten beim Missionär, einem sehr
wohlhabenden Kapuziner. Wir waren vom Bischof von Ca-
racas an ihn empfohlen, und er bewies uns die größte Auf-
merksamkeit und Gefälligkeit. Man hatte Uferbauten unter-
nommen, damit der Fluß den Boden, auf dem die Stadt
liegt, nicht unterwühlen könnte, und er zog mich deshalb zu
Rat. Durch den Einfluß der Portuguesa in den Apure wird
dieser nach Südost gedrängt, und statt dem Fluß freieren
Lauf zu verschaffen, hatte man Dämme und Deiche gebaut,
um ihn einzuengen. Es war leicht vorauszusagen, daß, wenn
die Flüsse stark austraten, diese Wehren um so schneller weg-
geschwemmt werden mußten, da man das Erdreich zu den
Wasserbauten hinter dem Damme genommen und so das Ufer
geschwächt hatte.

San Fernando ist berüchtigt wegen der unmäßigen Hitze,
die hier den größten Teil des Jahres herrscht, und bevor ich
von unserer langen Fahrt auf den Strömen berichte, führe
ich hier einige Beobachtungen an, welche für die Meteorologie
der Tropenländer nicht ohne Wert sein mögen. Wir begaben
uns mit Thermometern auf das mit weißem Sand bedeckte
Gestade am Apure. Um 2 Uhr nachmittags zeigte der Sand
überall, wo er der Sonne ausgesetzt war, 52,5°. In 48 cm
Höhe über dem Sand stand der Thermometer auf 42°, in
1,95 m Höhe auf 38,7°. Die Lufttemperatur im Schatten
eines Ceibabaumes war 36,2°. Diese Beobachtungen wurden
bei völlig stiller Luft gemacht. Sobald der Wind zu wehen
anfing, stieg die Temperatur der Luft um 3°, und doch be-
fanden wir uns in keinem "Sandwind". Es waren vielmehr
Luftschichten, die mit einem stark erhitzten Boden in Berüh-
rung gewesen, oder durch welche "Sandhosen" durchgegangen
waren Dieser westliche Strich der Llanos ist der heißeste,
weil ihm die Luft zugeführt wird, welche bereits über die
ganze dürre Steppe weggegangen ist. Denselben Unterschied
hat man zwischen den östlichen und westlichen Strichen der
afrikanischen Wüsten da bemerkt, wo die Passate wehen. --
In der Regenzeit nimmt die Hitze in den Llanos bedeutend
zu, besonders im Juli, wenn der Himmel bedeckt ist und die
strahlende Wärme gegen den Erdboden zurückwirft. In dieser
Zeit hört der Seewind ganz auf, und nach Pozos guten thermo-

überhaupt in allen Stücken an die Savannen am unteren
Orinoko.

Wir hielten uns 3 Tage in der kleinen Stadt San
Francisco auf. Wir wohnten beim Miſſionär, einem ſehr
wohlhabenden Kapuziner. Wir waren vom Biſchof von Ca-
racas an ihn empfohlen, und er bewies uns die größte Auf-
merkſamkeit und Gefälligkeit. Man hatte Uferbauten unter-
nommen, damit der Fluß den Boden, auf dem die Stadt
liegt, nicht unterwühlen könnte, und er zog mich deshalb zu
Rat. Durch den Einfluß der Portugueſa in den Apure wird
dieſer nach Südoſt gedrängt, und ſtatt dem Fluß freieren
Lauf zu verſchaffen, hatte man Dämme und Deiche gebaut,
um ihn einzuengen. Es war leicht vorauszuſagen, daß, wenn
die Flüſſe ſtark austraten, dieſe Wehren um ſo ſchneller weg-
geſchwemmt werden mußten, da man das Erdreich zu den
Waſſerbauten hinter dem Damme genommen und ſo das Ufer
geſchwächt hatte.

San Fernando iſt berüchtigt wegen der unmäßigen Hitze,
die hier den größten Teil des Jahres herrſcht, und bevor ich
von unſerer langen Fahrt auf den Strömen berichte, führe
ich hier einige Beobachtungen an, welche für die Meteorologie
der Tropenländer nicht ohne Wert ſein mögen. Wir begaben
uns mit Thermometern auf das mit weißem Sand bedeckte
Geſtade am Apure. Um 2 Uhr nachmittags zeigte der Sand
überall, wo er der Sonne ausgeſetzt war, 52,5°. In 48 cm
Höhe über dem Sand ſtand der Thermometer auf 42°, in
1,95 m Höhe auf 38,7°. Die Lufttemperatur im Schatten
eines Ceibabaumes war 36,2°. Dieſe Beobachtungen wurden
bei völlig ſtiller Luft gemacht. Sobald der Wind zu wehen
anfing, ſtieg die Temperatur der Luft um 3°, und doch be-
fanden wir uns in keinem „Sandwind“. Es waren vielmehr
Luftſchichten, die mit einem ſtark erhitzten Boden in Berüh-
rung geweſen, oder durch welche „Sandhoſen“ durchgegangen
waren Dieſer weſtliche Strich der Llanos iſt der heißeſte,
weil ihm die Luft zugeführt wird, welche bereits über die
ganze dürre Steppe weggegangen iſt. Denſelben Unterſchied
hat man zwiſchen den öſtlichen und weſtlichen Strichen der
afrikaniſchen Wüſten da bemerkt, wo die Paſſate wehen. —
In der Regenzeit nimmt die Hitze in den Llanos bedeutend
zu, beſonders im Juli, wenn der Himmel bedeckt iſt und die
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Zeit hört der Seewind ganz auf, und nach Pozos guten thermo-

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[7/0015] überhaupt in allen Stücken an die Savannen am unteren Orinoko. Wir hielten uns 3 Tage in der kleinen Stadt San Francisco auf. Wir wohnten beim Miſſionär, einem ſehr wohlhabenden Kapuziner. Wir waren vom Biſchof von Ca- racas an ihn empfohlen, und er bewies uns die größte Auf- merkſamkeit und Gefälligkeit. Man hatte Uferbauten unter- nommen, damit der Fluß den Boden, auf dem die Stadt liegt, nicht unterwühlen könnte, und er zog mich deshalb zu Rat. Durch den Einfluß der Portugueſa in den Apure wird dieſer nach Südoſt gedrängt, und ſtatt dem Fluß freieren Lauf zu verſchaffen, hatte man Dämme und Deiche gebaut, um ihn einzuengen. Es war leicht vorauszuſagen, daß, wenn die Flüſſe ſtark austraten, dieſe Wehren um ſo ſchneller weg- geſchwemmt werden mußten, da man das Erdreich zu den Waſſerbauten hinter dem Damme genommen und ſo das Ufer geſchwächt hatte. San Fernando iſt berüchtigt wegen der unmäßigen Hitze, die hier den größten Teil des Jahres herrſcht, und bevor ich von unſerer langen Fahrt auf den Strömen berichte, führe ich hier einige Beobachtungen an, welche für die Meteorologie der Tropenländer nicht ohne Wert ſein mögen. Wir begaben uns mit Thermometern auf das mit weißem Sand bedeckte Geſtade am Apure. Um 2 Uhr nachmittags zeigte der Sand überall, wo er der Sonne ausgeſetzt war, 52,5°. In 48 cm Höhe über dem Sand ſtand der Thermometer auf 42°, in 1,95 m Höhe auf 38,7°. Die Lufttemperatur im Schatten eines Ceibabaumes war 36,2°. Dieſe Beobachtungen wurden bei völlig ſtiller Luft gemacht. Sobald der Wind zu wehen anfing, ſtieg die Temperatur der Luft um 3°, und doch be- fanden wir uns in keinem „Sandwind“. Es waren vielmehr Luftſchichten, die mit einem ſtark erhitzten Boden in Berüh- rung geweſen, oder durch welche „Sandhoſen“ durchgegangen waren Dieſer weſtliche Strich der Llanos iſt der heißeſte, weil ihm die Luft zugeführt wird, welche bereits über die ganze dürre Steppe weggegangen iſt. Denſelben Unterſchied hat man zwiſchen den öſtlichen und weſtlichen Strichen der afrikaniſchen Wüſten da bemerkt, wo die Paſſate wehen. — In der Regenzeit nimmt die Hitze in den Llanos bedeutend zu, beſonders im Juli, wenn der Himmel bedeckt iſt und die ſtrahlende Wärme gegen den Erdboden zurückwirft. In dieſer Zeit hört der Seewind ganz auf, und nach Pozos guten thermo-

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 3. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial03_1859/15>, abgerufen am 21.11.2024.