Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 3. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.schienen mir von derselben Art wie die vom Rio Magdalena, Am 6. Mai. Wir schifften uns bei Sonnenaufgang ein, ſchienen mir von derſelben Art wie die vom Rio Magdalena, Am 6. Mai. Wir ſchifften uns bei Sonnenaufgang ein, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0251" n="243"/> ſchienen mir von derſelben Art wie die vom Rio Magdalena,<lb/> die ich beſchrieben habe. Es iſt ein ſchönes, aber ſehr giftiges<lb/> Tier, am Bauche weiß, auf dem Rücken braun und rot ge-<lb/> fleckt. Da in der Hütte eine Menge Kraut lag und wir am<lb/> Boden ſchliefen (die Hängematten ließen ſich nicht befeſtigen),<lb/> ſo war man in der Nacht nicht ohne Beſorgnis; auch fand<lb/> man morgens, als man das Jaguarfell aufhob, unter dem<lb/> einer unſerer Diener am Boden gelegen, eine große Natter.<lb/> Wie die Indianer ſagen, ſind dieſe Reptilien langſam in ihren<lb/> Bewegungen, wenn ſie nicht verfolgt werden, und machen ſich<lb/> an den Menſchen, weil ſie der Wärme nachgehen. Am Mag-<lb/> dalenenſtrome kam wirklich eine Schlange zu einem unſerer<lb/> Reiſebegleiter ins Bett und brachte einen Teil der Nacht<lb/> darin zu, ohne ihm etwas zuleide zu thun. Ich will hier<lb/> keineswegs Nattern und Klapperſchlangen das Wort reden,<lb/> aber das läßt ſich behaupten, wären dieſe giftigen Tiere ſo<lb/> angriffsluſtig, als man glaubt, ſo hätte in manchen Strichen<lb/> Amerikas, z. B. am Orinoko und in den feuchten Bergen von<lb/> Choco, der Menſch ihrer Unzahl erliegen müſſen.</p><lb/> <p>Am 6. Mai. Wir ſchifften uns bei Sonnenaufgang ein,<lb/> nachdem wir den Boden unſerer Piroge genau unterſucht hatten.<lb/> Er war beim „Tragen“ wohl dünner geworden, aber nicht<lb/> geſprungen. Wir dachten, das Fahrzeug könne die 1300 <hi rendition="#aq">km</hi>,<lb/> die wir den Rio Negro hinab, den Caſſiquiare hinauf und<lb/> den Orinoko wieder hinab bis Angoſtura noch zu machen<lb/> hatten, wohl aushalten. Der Pimichin, der hier ein Bach<lb/> (Caño) heißt, iſt ſo breit wie die Seine, der Galerie der<lb/> Tuilerien gegenüber, aber kleine, gerne im Waſſer wachſende<lb/> Bäume, Coroſſols (Anona) und Achras, engen ſein Bett ſo<lb/> ein, daß nur ein 30 bis 40 <hi rendition="#aq">m</hi> breites Fahrwaſſer offen bleibt.<lb/> Er gehört mit dem Rio Chagre zu den Gewäſſern, die in<lb/> Amerika wegen ihrer Krümmungen berüchtigt ſind. Man zählt<lb/> deren 85, wodurch die Fahrt bedeutend verlängert wird. Sie<lb/> bilden oft rechte Winkel und liegen auf einer Strecke von<lb/> 9 bis 13 <hi rendition="#aq">km</hi> hintereinander. Um den Längenunterſchied zwiſchen<lb/> dem Landungsplatze und dem Punkte, wo wir in den Rio<lb/> Negro einliefen, zu beſtimmen, nahm ich mit dem Kompaß<lb/> den Lauf des Caño Pimichin auf und bemerkte, wie lange<lb/> wir in derſelben Richtung fuhren. Die Strömung war nur<lb/> 664 <hi rendition="#aq">mm</hi> in der Sekunde, aber unſere Piroge legte beim Rudern<lb/> 1,32 <hi rendition="#aq">m</hi> zurück. Meiner Schätzung nach liegt der Landungs-<lb/> platz am Pimichin 2140 <hi rendition="#aq">m</hi> weſtwärts von ſeiner Mündung<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [243/0251]
ſchienen mir von derſelben Art wie die vom Rio Magdalena,
die ich beſchrieben habe. Es iſt ein ſchönes, aber ſehr giftiges
Tier, am Bauche weiß, auf dem Rücken braun und rot ge-
fleckt. Da in der Hütte eine Menge Kraut lag und wir am
Boden ſchliefen (die Hängematten ließen ſich nicht befeſtigen),
ſo war man in der Nacht nicht ohne Beſorgnis; auch fand
man morgens, als man das Jaguarfell aufhob, unter dem
einer unſerer Diener am Boden gelegen, eine große Natter.
Wie die Indianer ſagen, ſind dieſe Reptilien langſam in ihren
Bewegungen, wenn ſie nicht verfolgt werden, und machen ſich
an den Menſchen, weil ſie der Wärme nachgehen. Am Mag-
dalenenſtrome kam wirklich eine Schlange zu einem unſerer
Reiſebegleiter ins Bett und brachte einen Teil der Nacht
darin zu, ohne ihm etwas zuleide zu thun. Ich will hier
keineswegs Nattern und Klapperſchlangen das Wort reden,
aber das läßt ſich behaupten, wären dieſe giftigen Tiere ſo
angriffsluſtig, als man glaubt, ſo hätte in manchen Strichen
Amerikas, z. B. am Orinoko und in den feuchten Bergen von
Choco, der Menſch ihrer Unzahl erliegen müſſen.
Am 6. Mai. Wir ſchifften uns bei Sonnenaufgang ein,
nachdem wir den Boden unſerer Piroge genau unterſucht hatten.
Er war beim „Tragen“ wohl dünner geworden, aber nicht
geſprungen. Wir dachten, das Fahrzeug könne die 1300 km,
die wir den Rio Negro hinab, den Caſſiquiare hinauf und
den Orinoko wieder hinab bis Angoſtura noch zu machen
hatten, wohl aushalten. Der Pimichin, der hier ein Bach
(Caño) heißt, iſt ſo breit wie die Seine, der Galerie der
Tuilerien gegenüber, aber kleine, gerne im Waſſer wachſende
Bäume, Coroſſols (Anona) und Achras, engen ſein Bett ſo
ein, daß nur ein 30 bis 40 m breites Fahrwaſſer offen bleibt.
Er gehört mit dem Rio Chagre zu den Gewäſſern, die in
Amerika wegen ihrer Krümmungen berüchtigt ſind. Man zählt
deren 85, wodurch die Fahrt bedeutend verlängert wird. Sie
bilden oft rechte Winkel und liegen auf einer Strecke von
9 bis 13 km hintereinander. Um den Längenunterſchied zwiſchen
dem Landungsplatze und dem Punkte, wo wir in den Rio
Negro einliefen, zu beſtimmen, nahm ich mit dem Kompaß
den Lauf des Caño Pimichin auf und bemerkte, wie lange
wir in derſelben Richtung fuhren. Die Strömung war nur
664 mm in der Sekunde, aber unſere Piroge legte beim Rudern
1,32 m zurück. Meiner Schätzung nach liegt der Landungs-
platz am Pimichin 2140 m weſtwärts von ſeiner Mündung
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