Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 3. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.man die Regierung der Gleichgültigkeit und Lässigkeit. Ueberall Der Rio Negro und der Jupura sind zwei Nebenflüsse An diese Betrachtungen über die örtlichen Verhältnisse 1 In gerader Linie 675 km.
man die Regierung der Gleichgültigkeit und Läſſigkeit. Ueberall Der Rio Negro und der Jupura ſind zwei Nebenflüſſe An dieſe Betrachtungen über die örtlichen Verhältniſſe 1 In gerader Linie 675 km.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0256" n="248"/> man die Regierung der Gleichgültigkeit und Läſſigkeit. Ueberall<lb/> wo die Völker keine Verfaſſung haben, deren Grundlage die<lb/> Freiheit iſt, geraten die Gemüter nur dann in Aufregung,<lb/> wenn es ſich davon handelt, die Grenzen des Landes weiter<lb/> oder enger zu machen.</p><lb/> <p>Der Rio Negro und der Jupura ſind zwei Nebenflüſſe<lb/> des Amazonenſtromes, die in Länge der Donau wenig nach-<lb/> geben, und deren oberer Lauf den Spaniern gehört, während<lb/> der untere in den Händen der Portugieſen iſt. An dieſen<lb/> zwei majeſtätiſchen Strömen hat ſich die Bevölkerung nur in<lb/> der Nähe des älteſten Mittelpunktes der Kultur bedeutend<lb/> vermehrt. Die Ufer des oberen Jupura oder Caqueta wurden<lb/> von Miſſionären kultiviert, die aus den Kordilleren von Po-<lb/> payan und Neiva gekommen waren. Von Macoa bis zum<lb/> Einfluß des Caguan gibt es ſehr viele chriſtliche Nieder-<lb/> laſſungen, während am unteren Jupura die Portugieſen kaum<lb/> ein paar Dörfer gegründet haben. Am Rio Negro dagegen<lb/> konnten es die Spanier ihren Nachbarn nicht gleich thun.<lb/> Wie kann man ſich auf eine Bevölkerung ſtützen, wenn ſie ſo<lb/> weit abliegt als die in der Provinz Caracas? Faſt völlig<lb/> unbewohnte Steppen und Wälder liegen, 720 <hi rendition="#aq">km</hi> breit, zwi-<lb/> ſchen dem angebauten Küſtenſtrich und den vier Miſſionen<lb/> Macoa, Tomo, Davipe und San Carlos, den einzigen, welche<lb/> die ſpaniſchen Franziskaner längs des Rio Negro zuſtande<lb/> gebracht. Bei den Portugieſen in Braſilien hat das mili-<lb/> täriſche Regiment, das Syſtem der <hi rendition="#aq">Presides</hi> und <hi rendition="#aq">Capitanes<lb/> pobladores</hi> dem Miſſionsregiment gegenüber die Oberhand<lb/> gewonnen. Von Gran-Para iſt es allerdings ſehr weit zur<lb/> Einmündung des Rio Negro;<note place="foot" n="1">In gerader Linie 675 <hi rendition="#aq">km.</hi></note> aber bei der bequemen Schiff-<lb/> fahrt auf dem Amazonenſtrom, der wie ein ungeheurer Kanal<lb/> von Weſt nach Oſt gerade fortläuft, konnte ſich die portu-<lb/> gieſiſche Bevölkerung längs des Stromes raſch ausbreiten.<lb/> Die Ufer des unteren Amazonenſtromes von Viſtoza bis<lb/> Serpa, ſowie die des Rio Negro von Forte da Bara bis<lb/> San Joſe de Marabitanos ſind geſchmückt mit reichem An-<lb/> bau und mit zahlreichen Städten und anſehnlichen Dörfern<lb/> bedeckt.</p><lb/> <p>An dieſe Betrachtungen über die örtlichen Verhältniſſe<lb/> reihen ſich andere an, die ſich auf die moraliſche Verfaſſung<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [248/0256]
man die Regierung der Gleichgültigkeit und Läſſigkeit. Ueberall
wo die Völker keine Verfaſſung haben, deren Grundlage die
Freiheit iſt, geraten die Gemüter nur dann in Aufregung,
wenn es ſich davon handelt, die Grenzen des Landes weiter
oder enger zu machen.
Der Rio Negro und der Jupura ſind zwei Nebenflüſſe
des Amazonenſtromes, die in Länge der Donau wenig nach-
geben, und deren oberer Lauf den Spaniern gehört, während
der untere in den Händen der Portugieſen iſt. An dieſen
zwei majeſtätiſchen Strömen hat ſich die Bevölkerung nur in
der Nähe des älteſten Mittelpunktes der Kultur bedeutend
vermehrt. Die Ufer des oberen Jupura oder Caqueta wurden
von Miſſionären kultiviert, die aus den Kordilleren von Po-
payan und Neiva gekommen waren. Von Macoa bis zum
Einfluß des Caguan gibt es ſehr viele chriſtliche Nieder-
laſſungen, während am unteren Jupura die Portugieſen kaum
ein paar Dörfer gegründet haben. Am Rio Negro dagegen
konnten es die Spanier ihren Nachbarn nicht gleich thun.
Wie kann man ſich auf eine Bevölkerung ſtützen, wenn ſie ſo
weit abliegt als die in der Provinz Caracas? Faſt völlig
unbewohnte Steppen und Wälder liegen, 720 km breit, zwi-
ſchen dem angebauten Küſtenſtrich und den vier Miſſionen
Macoa, Tomo, Davipe und San Carlos, den einzigen, welche
die ſpaniſchen Franziskaner längs des Rio Negro zuſtande
gebracht. Bei den Portugieſen in Braſilien hat das mili-
täriſche Regiment, das Syſtem der Presides und Capitanes
pobladores dem Miſſionsregiment gegenüber die Oberhand
gewonnen. Von Gran-Para iſt es allerdings ſehr weit zur
Einmündung des Rio Negro; 1 aber bei der bequemen Schiff-
fahrt auf dem Amazonenſtrom, der wie ein ungeheurer Kanal
von Weſt nach Oſt gerade fortläuft, konnte ſich die portu-
gieſiſche Bevölkerung längs des Stromes raſch ausbreiten.
Die Ufer des unteren Amazonenſtromes von Viſtoza bis
Serpa, ſowie die des Rio Negro von Forte da Bara bis
San Joſe de Marabitanos ſind geſchmückt mit reichem An-
bau und mit zahlreichen Städten und anſehnlichen Dörfern
bedeckt.
An dieſe Betrachtungen über die örtlichen Verhältniſſe
reihen ſich andere an, die ſich auf die moraliſche Verfaſſung
1 In gerader Linie 675 km.
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