Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 3. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.der Völker beziehen. Auf der Nordwestküste Amerikas sind 1 Diese Jäger gehören zu Militärposten und hängen von der
russischen Gesellschaft ab, deren Hauptaktionäre in Irkutsk sind. Im Jahre 1804 war die kleine Festung (Krepost) in der Bucht von Jakutal noch 2700 km von den nördlichsten mexikanischen Besitzungen entfernt. der Völker beziehen. Auf der Nordweſtküſte Amerikas ſind 1 Dieſe Jäger gehören zu Militärpoſten und hängen von der
ruſſiſchen Geſellſchaft ab, deren Hauptaktionäre in Irkutsk ſind. Im Jahre 1804 war die kleine Feſtung (Krepoſt) in der Bucht von Jakutal noch 2700 km von den nördlichſten mexikaniſchen Beſitzungen entfernt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0257" n="249"/> der Völker beziehen. Auf der Nordweſtküſte Amerikas ſind<lb/> bis auf dieſen Tag keine feſten Niederlaſſungen außer den<lb/> ruſſiſchen und den ſpaniſchen Kolonieen. Noch ehe die Be-<lb/> völkerung der Vereinigten Staaten auf ihrem Zuge von Oſt<lb/> nach Weſt den Küſtenſtrich erreicht hatte, der zwiſchen dem<lb/> 41. bis 50. Breitengrad lange die kaſtilianiſchen Mönche und<lb/> die ſibiriſchen Jäger<note place="foot" n="1">Dieſe Jäger gehören zu Militärpoſten und hängen von der<lb/> ruſſiſchen Geſellſchaft ab, deren Hauptaktionäre in Irkutsk ſind.<lb/> Im Jahre 1804 war die kleine Feſtung (Krepoſt) in der Bucht von<lb/> Jakutal noch 2700 <hi rendition="#aq">km</hi> von den nördlichſten mexikaniſchen Beſitzungen<lb/> entfernt.</note> getrennt, ließen ſich letztere ſüdlich vom<lb/> Rio Colombia nieder. So waren denn in Neukalifornien die<lb/> Miſſionäre vom Orden des heil. Franz, deren Lebenswandel<lb/> und deren Eifer für den Ackerbau alle Achtung verdienen,<lb/> nicht wenig erſtaunt, als ſie hörten, in ihrer Nachbarſchaft<lb/> ſeien griechiſche Prieſter eingetroffen, ſo daß die beiden Völker,<lb/> welche das Oſt- und das Weſtende von Europa bewohnen,<lb/> auf den Küſten Amerikas, China gegenüber, Nachbarn ge-<lb/> worden waren. Anders wiederum geſtalteten ſich die Ver-<lb/> hältniſſe in Guyana. Hier fanden die Spanier an ihren<lb/> Grenzen dieſelben Portugieſen wieder, die mit ihnen durch<lb/> Sprache und Gemeindeverfaſſung einen der edelſten Reſte des<lb/> römiſchen Europa bilden, die aber durch das Mißtrauen, wie<lb/> es aus Ungleichheit der Kräfte und allzu naher Berührung<lb/> gefloſſen, zu einer nicht ſelten feindſeligen, immer aber eifer-<lb/> ſüchtigen Macht geworden waren. Geht man von der Küſte<lb/> von Venezuela (wo, wie in der Havana und auf den Antillen<lb/> überhaupt, die europäiſche Handelspolitik der tägliche Gegen-<lb/> ſtand des Intereſſes iſt) nach Süd, ſo fühlt man ſich mit<lb/> jedem Tage mehr und mit wachſender Geſchwindigkeit allem<lb/> entrückt, was mit dem Mutterlande zuſammenhängt. Mitten<lb/> in den Steppen oder Lanos, in den mit Ochſenhäuten ge-<lb/> deckten Hütten inmitten wilder Herden unterhält man ſich<lb/> von nichts als von der Pflege des Viehes, von der Trocken-<lb/> heit des Landes, die den Weiden Eintrag thut, vom Schaden,<lb/> den die Fledermäuſe an Färſen und Füllen angerichtet. Kommt<lb/> man auf dem Orinoko in die Miſſionen in den Wäldern, ſo<lb/> findet man die Einwohnerſchaft wieder mit anderen Dingen<lb/> beſchäftigt, mit der Unzuverläſſigkeit der Indianer, die aus<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [249/0257]
der Völker beziehen. Auf der Nordweſtküſte Amerikas ſind
bis auf dieſen Tag keine feſten Niederlaſſungen außer den
ruſſiſchen und den ſpaniſchen Kolonieen. Noch ehe die Be-
völkerung der Vereinigten Staaten auf ihrem Zuge von Oſt
nach Weſt den Küſtenſtrich erreicht hatte, der zwiſchen dem
41. bis 50. Breitengrad lange die kaſtilianiſchen Mönche und
die ſibiriſchen Jäger 1 getrennt, ließen ſich letztere ſüdlich vom
Rio Colombia nieder. So waren denn in Neukalifornien die
Miſſionäre vom Orden des heil. Franz, deren Lebenswandel
und deren Eifer für den Ackerbau alle Achtung verdienen,
nicht wenig erſtaunt, als ſie hörten, in ihrer Nachbarſchaft
ſeien griechiſche Prieſter eingetroffen, ſo daß die beiden Völker,
welche das Oſt- und das Weſtende von Europa bewohnen,
auf den Küſten Amerikas, China gegenüber, Nachbarn ge-
worden waren. Anders wiederum geſtalteten ſich die Ver-
hältniſſe in Guyana. Hier fanden die Spanier an ihren
Grenzen dieſelben Portugieſen wieder, die mit ihnen durch
Sprache und Gemeindeverfaſſung einen der edelſten Reſte des
römiſchen Europa bilden, die aber durch das Mißtrauen, wie
es aus Ungleichheit der Kräfte und allzu naher Berührung
gefloſſen, zu einer nicht ſelten feindſeligen, immer aber eifer-
ſüchtigen Macht geworden waren. Geht man von der Küſte
von Venezuela (wo, wie in der Havana und auf den Antillen
überhaupt, die europäiſche Handelspolitik der tägliche Gegen-
ſtand des Intereſſes iſt) nach Süd, ſo fühlt man ſich mit
jedem Tage mehr und mit wachſender Geſchwindigkeit allem
entrückt, was mit dem Mutterlande zuſammenhängt. Mitten
in den Steppen oder Lanos, in den mit Ochſenhäuten ge-
deckten Hütten inmitten wilder Herden unterhält man ſich
von nichts als von der Pflege des Viehes, von der Trocken-
heit des Landes, die den Weiden Eintrag thut, vom Schaden,
den die Fledermäuſe an Färſen und Füllen angerichtet. Kommt
man auf dem Orinoko in die Miſſionen in den Wäldern, ſo
findet man die Einwohnerſchaft wieder mit anderen Dingen
beſchäftigt, mit der Unzuverläſſigkeit der Indianer, die aus
1 Dieſe Jäger gehören zu Militärpoſten und hängen von der
ruſſiſchen Geſellſchaft ab, deren Hauptaktionäre in Irkutsk ſind.
Im Jahre 1804 war die kleine Feſtung (Krepoſt) in der Bucht von
Jakutal noch 2700 km von den nördlichſten mexikaniſchen Beſitzungen
entfernt.
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