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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 3. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.

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innert sich, daß Pater Acunda den Iquiari (Quiguiare) einen
Goldfluß nennt, und daß fünfzig Jahre später Pater Fritz,
ein sehr glaubwürdiger Missionär, in seiner Mission Yuri-
maguas von den Manaos (Manoas) besucht wurde, die mit
Goldblechen geputzt waren und aus dem Landstriche zwischen
dem Uaupe und dem Caqueta oder Jupura kamen. Die
Flüsse, die am Ostabhange der Anden entspringen (z. B. der
Napo), führen viel Gold, auch wenn ihre Quellen im Trachyt-
gestein liegen: warum sollte es ostwärts von den Kordilleren
nicht so gut goldhaltiges aufgeschwemmtes Land geben, wie
westwärts bei Sonora, Chocos und Barbacoas? Ich bin
weit entfernt, den Reichtum dieses Landstriches übertreiben zu
wollen; aber ich halte mich nicht für berechtigt, das Vorkom-
men edler Metalle im Urgebirge von Guyana nur deshalb
in Abrede zu ziehen, weil wir auf unserer Reise durch das
Land keinen Erzgang gefunden haben. Es ist auffallend, daß
die Eingeborenen am Orinoko in ihren Sprachen ein Wort
für Gold haben (karibisch Carucuru, tamanakisch Caricuri,
maypurisch Cavitta), während das Wort, das sie für Silber
gebrauchen, Prata, offenbar dem Spanischen entlehnt ist. Die
Nachrichten über Goldwäschen südlich und nördlich vom Rio
Uaupes, die Acunda, Pater Fritz und La Condamine gesammelt,
stimmen mit dem überein, was ich über die Goldlager in
diesem Landstriche in Erfahrung gebracht. So stark man sich
auch den Verkehr unter den Völkern am Orinoko vor der
Ankunft der Europäer denken mag, so haben sie doch ihr Gold
gewiß nicht vom Ostabhang der Kordilleren geholt. Dieser
Abhang ist arm an Erzgruben, zumal an solchen, die schon
von alters her in Betrieb waren; er besteht in den Provinzen
Popayan, Pasto und Quito fast ganz aus vulkanischem Ge-
stein. Wahrscheinlich kam das Gold nach Guyana aus dem
Lande ostwärts von den Anden. Noch zu unserer Zeit wurde
in einer Schlucht bei der Mission Encaramada ein Gold-
geschiebe gefunden, und man darf sich nicht wundern, daß
man, sobald sich Europäer in diesen Einöden niederlassen,
weniger von Goldblech, Goldstaub und Amuletten aus Nephrit
sprechen hört, die man sich früher von den Kariben und
anderen umherziehenden Völkern im Tauschhandel verschaffen
konnte. Die edlen Metalle waren am Orinoko, Rio Negro
und Amazonenstrom nie sehr häufig, und sie verschwinden fast
ganz, sobald die Zucht in den Missionen dem Verkehr der
Eingeborenen über weite Strecken ein Ende macht.


innert ſich, daß Pater Acuña den Iquiari (Quiguiare) einen
Goldfluß nennt, und daß fünfzig Jahre ſpäter Pater Fritz,
ein ſehr glaubwürdiger Miſſionär, in ſeiner Miſſion Yuri-
maguas von den Manaos (Manoas) beſucht wurde, die mit
Goldblechen geputzt waren und aus dem Landſtriche zwiſchen
dem Uaupe und dem Caqueta oder Jupura kamen. Die
Flüſſe, die am Oſtabhange der Anden entſpringen (z. B. der
Napo), führen viel Gold, auch wenn ihre Quellen im Trachyt-
geſtein liegen: warum ſollte es oſtwärts von den Kordilleren
nicht ſo gut goldhaltiges aufgeſchwemmtes Land geben, wie
weſtwärts bei Sonora, Chocos und Barbacoas? Ich bin
weit entfernt, den Reichtum dieſes Landſtriches übertreiben zu
wollen; aber ich halte mich nicht für berechtigt, das Vorkom-
men edler Metalle im Urgebirge von Guyana nur deshalb
in Abrede zu ziehen, weil wir auf unſerer Reiſe durch das
Land keinen Erzgang gefunden haben. Es iſt auffallend, daß
die Eingeborenen am Orinoko in ihren Sprachen ein Wort
für Gold haben (karibiſch Carucuru, tamanakiſch Caricuri,
maypuriſch Cavitta), während das Wort, das ſie für Silber
gebrauchen, Prata, offenbar dem Spaniſchen entlehnt iſt. Die
Nachrichten über Goldwäſchen ſüdlich und nördlich vom Rio
Uaupes, die Acuña, Pater Fritz und La Condamine geſammelt,
ſtimmen mit dem überein, was ich über die Goldlager in
dieſem Landſtriche in Erfahrung gebracht. So ſtark man ſich
auch den Verkehr unter den Völkern am Orinoko vor der
Ankunft der Europäer denken mag, ſo haben ſie doch ihr Gold
gewiß nicht vom Oſtabhang der Kordilleren geholt. Dieſer
Abhang iſt arm an Erzgruben, zumal an ſolchen, die ſchon
von alters her in Betrieb waren; er beſteht in den Provinzen
Popayan, Paſto und Quito faſt ganz aus vulkaniſchem Ge-
ſtein. Wahrſcheinlich kam das Gold nach Guyana aus dem
Lande oſtwärts von den Anden. Noch zu unſerer Zeit wurde
in einer Schlucht bei der Miſſion Encaramada ein Gold-
geſchiebe gefunden, und man darf ſich nicht wundern, daß
man, ſobald ſich Europäer in dieſen Einöden niederlaſſen,
weniger von Goldblech, Goldſtaub und Amuletten aus Nephrit
ſprechen hört, die man ſich früher von den Kariben und
anderen umherziehenden Völkern im Tauſchhandel verſchaffen
konnte. Die edlen Metalle waren am Orinoko, Rio Negro
und Amazonenſtrom nie ſehr häufig, und ſie verſchwinden faſt
ganz, ſobald die Zucht in den Miſſionen dem Verkehr der
Eingeborenen über weite Strecken ein Ende macht.


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[268/0276] innert ſich, daß Pater Acuña den Iquiari (Quiguiare) einen Goldfluß nennt, und daß fünfzig Jahre ſpäter Pater Fritz, ein ſehr glaubwürdiger Miſſionär, in ſeiner Miſſion Yuri- maguas von den Manaos (Manoas) beſucht wurde, die mit Goldblechen geputzt waren und aus dem Landſtriche zwiſchen dem Uaupe und dem Caqueta oder Jupura kamen. Die Flüſſe, die am Oſtabhange der Anden entſpringen (z. B. der Napo), führen viel Gold, auch wenn ihre Quellen im Trachyt- geſtein liegen: warum ſollte es oſtwärts von den Kordilleren nicht ſo gut goldhaltiges aufgeſchwemmtes Land geben, wie weſtwärts bei Sonora, Chocos und Barbacoas? Ich bin weit entfernt, den Reichtum dieſes Landſtriches übertreiben zu wollen; aber ich halte mich nicht für berechtigt, das Vorkom- men edler Metalle im Urgebirge von Guyana nur deshalb in Abrede zu ziehen, weil wir auf unſerer Reiſe durch das Land keinen Erzgang gefunden haben. Es iſt auffallend, daß die Eingeborenen am Orinoko in ihren Sprachen ein Wort für Gold haben (karibiſch Carucuru, tamanakiſch Caricuri, maypuriſch Cavitta), während das Wort, das ſie für Silber gebrauchen, Prata, offenbar dem Spaniſchen entlehnt iſt. Die Nachrichten über Goldwäſchen ſüdlich und nördlich vom Rio Uaupes, die Acuña, Pater Fritz und La Condamine geſammelt, ſtimmen mit dem überein, was ich über die Goldlager in dieſem Landſtriche in Erfahrung gebracht. So ſtark man ſich auch den Verkehr unter den Völkern am Orinoko vor der Ankunft der Europäer denken mag, ſo haben ſie doch ihr Gold gewiß nicht vom Oſtabhang der Kordilleren geholt. Dieſer Abhang iſt arm an Erzgruben, zumal an ſolchen, die ſchon von alters her in Betrieb waren; er beſteht in den Provinzen Popayan, Paſto und Quito faſt ganz aus vulkaniſchem Ge- ſtein. Wahrſcheinlich kam das Gold nach Guyana aus dem Lande oſtwärts von den Anden. Noch zu unſerer Zeit wurde in einer Schlucht bei der Miſſion Encaramada ein Gold- geſchiebe gefunden, und man darf ſich nicht wundern, daß man, ſobald ſich Europäer in dieſen Einöden niederlaſſen, weniger von Goldblech, Goldſtaub und Amuletten aus Nephrit ſprechen hört, die man ſich früher von den Kariben und anderen umherziehenden Völkern im Tauſchhandel verſchaffen konnte. Die edlen Metalle waren am Orinoko, Rio Negro und Amazonenſtrom nie ſehr häufig, und ſie verſchwinden faſt ganz, ſobald die Zucht in den Miſſionen dem Verkehr der Eingeborenen über weite Strecken ein Ende macht.

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 3. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial03_1859/276>, abgerufen am 22.11.2024.