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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 3. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.

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bei die weltliche Gewalt sich unabhängig erhält. Die Ob-
servanten dagegen, unter denen die Missionen am Orinoko
stehen, vereinigen alle Gewalten in einer Hand. Die eine
wie die andere dieser Regierungsweisen ist drückend in mehr
als einer Beziehung; aber in den portugiesischen Kolonieen
wird für den Verlust der Freiheit wenigstens durch etwas
mehr Wohlstand und Kultur Ersatz geleistet.

Unter den Zuflüssen, die der Rio Negro von Norden
her erhält, nehmen drei besonders unsere Aufmerksamkeit in
Anspruch, weil sie wegen ihrer Verzweigungen, ihrer Trage-
plätze und der Lage ihrer Quellen bei der so oft vorhandenen
Frage nach dem Ursprung des Orinoko stark in Betracht
kommen. Die am weitesten südwärts gelegenen dieser Neben-
flüsse sind der Rio Branco, von dem man lange glaubte, er
entspringe mit dem Orinoko aus dem Parimesee, und der
Rio Padaviri, der mittels eines Trageplatzes mit dem Ma-
vaca und somit dem oberen Orinoko ostwärts von der Mission
Esmeralda in Verbindung steht. Wir werden Gelegenheit
haben, vom Rio Branco und dem Padaviri zu sprechen, wenn
wir in der letztgenannten Mission angelangt sind; hier brau-
chen wir nur beim dritten Nebenfluß des Rio Negro, dem
Cababuri, zu verweilen, dessen Verzweigungen mit dem Cassi-
quiare in hydrographischer Beziehung und für den Sarsaparille-
handel gleich wichtig sind. Von den hohen Gebirgen der Pa-
rime, die am Nordufer des Orinoko in seinem oberen Lauf
oberhalb Esmeralda hinstreichen, geht ein Zug nach Süden
ab, in dem der Cerro de Unturan einer der Hauptgipfel ist.
Dieser gebirgige Landstrich ist nicht sehr groß, aber reich an
vegetabilischen Produkten, besonders an Mavacure-Lianen,
die zur Bereitung des Curaregiftes dienen, an Mandelbäumen
(Juvia oder Bertholletia excelsa), aromatischem Puchery
und wildem Kakao, und bildet eine Wasserscheide zwischen den
Gewässern, die in den Orinoko, in den Cassiquiare und in
den Rio Negro gehen. Gegen Norden oder dem Orinoko zu
fließen der Mavaca und der Daracapo, nach Westen oder
zum Cassiquiare der Idapa und der Pacimoni, nach Süden
oder zum Rio Negro der Padaviri und der Cababuri. Der
letztere teilt sich in der Nähe seiner Quelle in zwei Arme,
von denen der westlichste unter dem Namen Baria bekannt
ist. In der Mission San Francisco Solano gaben uns die
Indianer die umständlichsten Nachrichten über seinen Lauf.
Er verzweigt sich, was sehr selten vorkommt, so, daß zu einem

bei die weltliche Gewalt ſich unabhängig erhält. Die Ob-
ſervanten dagegen, unter denen die Miſſionen am Orinoko
ſtehen, vereinigen alle Gewalten in einer Hand. Die eine
wie die andere dieſer Regierungsweiſen iſt drückend in mehr
als einer Beziehung; aber in den portugieſiſchen Kolonieen
wird für den Verluſt der Freiheit wenigſtens durch etwas
mehr Wohlſtand und Kultur Erſatz geleiſtet.

Unter den Zuflüſſen, die der Rio Negro von Norden
her erhält, nehmen drei beſonders unſere Aufmerkſamkeit in
Anſpruch, weil ſie wegen ihrer Verzweigungen, ihrer Trage-
plätze und der Lage ihrer Quellen bei der ſo oft vorhandenen
Frage nach dem Urſprung des Orinoko ſtark in Betracht
kommen. Die am weiteſten ſüdwärts gelegenen dieſer Neben-
flüſſe ſind der Rio Branco, von dem man lange glaubte, er
entſpringe mit dem Orinoko aus dem Parimeſee, und der
Rio Padaviri, der mittels eines Trageplatzes mit dem Ma-
vaca und ſomit dem oberen Orinoko oſtwärts von der Miſſion
Esmeralda in Verbindung ſteht. Wir werden Gelegenheit
haben, vom Rio Branco und dem Padaviri zu ſprechen, wenn
wir in der letztgenannten Miſſion angelangt ſind; hier brau-
chen wir nur beim dritten Nebenfluß des Rio Negro, dem
Cababuri, zu verweilen, deſſen Verzweigungen mit dem Caſſi-
quiare in hydrographiſcher Beziehung und für den Sarſaparille-
handel gleich wichtig ſind. Von den hohen Gebirgen der Pa-
rime, die am Nordufer des Orinoko in ſeinem oberen Lauf
oberhalb Esmeralda hinſtreichen, geht ein Zug nach Süden
ab, in dem der Cerro de Unturan einer der Hauptgipfel iſt.
Dieſer gebirgige Landſtrich iſt nicht ſehr groß, aber reich an
vegetabiliſchen Produkten, beſonders an Mavacure-Lianen,
die zur Bereitung des Curaregiftes dienen, an Mandelbäumen
(Juvia oder Bertholletia excelsa), aromatiſchem Puchery
und wildem Kakao, und bildet eine Waſſerſcheide zwiſchen den
Gewäſſern, die in den Orinoko, in den Caſſiquiare und in
den Rio Negro gehen. Gegen Norden oder dem Orinoko zu
fließen der Mavaca und der Daracapo, nach Weſten oder
zum Caſſiquiare der Idapa und der Pacimoni, nach Süden
oder zum Rio Negro der Padaviri und der Cababuri. Der
letztere teilt ſich in der Nähe ſeiner Quelle in zwei Arme,
von denen der weſtlichſte unter dem Namen Baria bekannt
iſt. In der Miſſion San Francisco Solano gaben uns die
Indianer die umſtändlichſten Nachrichten über ſeinen Lauf.
Er verzweigt ſich, was ſehr ſelten vorkommt, ſo, daß zu einem

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[283/0291] bei die weltliche Gewalt ſich unabhängig erhält. Die Ob- ſervanten dagegen, unter denen die Miſſionen am Orinoko ſtehen, vereinigen alle Gewalten in einer Hand. Die eine wie die andere dieſer Regierungsweiſen iſt drückend in mehr als einer Beziehung; aber in den portugieſiſchen Kolonieen wird für den Verluſt der Freiheit wenigſtens durch etwas mehr Wohlſtand und Kultur Erſatz geleiſtet. Unter den Zuflüſſen, die der Rio Negro von Norden her erhält, nehmen drei beſonders unſere Aufmerkſamkeit in Anſpruch, weil ſie wegen ihrer Verzweigungen, ihrer Trage- plätze und der Lage ihrer Quellen bei der ſo oft vorhandenen Frage nach dem Urſprung des Orinoko ſtark in Betracht kommen. Die am weiteſten ſüdwärts gelegenen dieſer Neben- flüſſe ſind der Rio Branco, von dem man lange glaubte, er entſpringe mit dem Orinoko aus dem Parimeſee, und der Rio Padaviri, der mittels eines Trageplatzes mit dem Ma- vaca und ſomit dem oberen Orinoko oſtwärts von der Miſſion Esmeralda in Verbindung ſteht. Wir werden Gelegenheit haben, vom Rio Branco und dem Padaviri zu ſprechen, wenn wir in der letztgenannten Miſſion angelangt ſind; hier brau- chen wir nur beim dritten Nebenfluß des Rio Negro, dem Cababuri, zu verweilen, deſſen Verzweigungen mit dem Caſſi- quiare in hydrographiſcher Beziehung und für den Sarſaparille- handel gleich wichtig ſind. Von den hohen Gebirgen der Pa- rime, die am Nordufer des Orinoko in ſeinem oberen Lauf oberhalb Esmeralda hinſtreichen, geht ein Zug nach Süden ab, in dem der Cerro de Unturan einer der Hauptgipfel iſt. Dieſer gebirgige Landſtrich iſt nicht ſehr groß, aber reich an vegetabiliſchen Produkten, beſonders an Mavacure-Lianen, die zur Bereitung des Curaregiftes dienen, an Mandelbäumen (Juvia oder Bertholletia excelsa), aromatiſchem Puchery und wildem Kakao, und bildet eine Waſſerſcheide zwiſchen den Gewäſſern, die in den Orinoko, in den Caſſiquiare und in den Rio Negro gehen. Gegen Norden oder dem Orinoko zu fließen der Mavaca und der Daracapo, nach Weſten oder zum Caſſiquiare der Idapa und der Pacimoni, nach Süden oder zum Rio Negro der Padaviri und der Cababuri. Der letztere teilt ſich in der Nähe ſeiner Quelle in zwei Arme, von denen der weſtlichſte unter dem Namen Baria bekannt iſt. In der Miſſion San Francisco Solano gaben uns die Indianer die umſtändlichſten Nachrichten über ſeinen Lauf. Er verzweigt ſich, was ſehr ſelten vorkommt, ſo, daß zu einem

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 3. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial03_1859/291>, abgerufen am 21.11.2024.