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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 3. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.

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in letzterem Flusse an, denselben zu bemerken. Die Glimmer-
blättchen kommen ohne Zweifel von den Granitbergen von
Curiquima und Encaramada, denn weiter nach Nord und Ost
findet man nur Quarzsand, Sandstein, festen Kalkstein und
Gips. Daß Anschwemmungen von Süd nach Nord geführt
werden, kann am Orinoko nicht befremden; aber wie erklärt
sich dieselbe Erscheinung im Bette des Apure, 31 km west-
wärts von seiner Ausmündung? Beim gegenwärtigen Zu-
stande der Dinge läuft der Apure auch beim höchsten Wasser-
stande des Orinoko nie so weit rückwärts, und um sich von
der Erscheinung Rechenschaft zu geben, muß man annehmen,
die Glimmerschichten haben sich zu einer Zeit niedergeschlagen,
wo der ganze, sehr tief gelegene Landstrich zwischen Caycara,
dem Algodonal und den Bergen von Encaramada ein See-
becken war.

Wir verweilten einige Zeit im Hafen von Encaramada;
es ist dies eine Art Ladeplatz, wo die Schiffe zusammen-
kommen. Das Ufer besteht aus einem 13 bis 16 m hohen
Felsen, wieder jenen aufeinander getürmten Granitblöcken, wie
sie am Schneeberg in Franken und fast in allen Granitgebirgen
in Europa vorkommen. Manche dieser abgesonderten Massen
sind kugelig; es sind aber keine Kugeln mit konzentrischen
Schichten, sondern nur abgerundete Blöcke, Kerne, von denen
das umhüllende Gestein abgewittert ist. Der Granit ist blei-
grau, oft schwarz, wie mit Manganoxyd überzogen; aber diese
Farbe dringt kaum 0,44 mm tief ins Gestein, das rötlich-
weiß, grobkörnig ist und keine Hornblende enthält.

Die indianischen Namen der Mission San Luis del
Encaramada
sind Guaja und Caramana. 1 Es ist dies

1 Die Namen der Missionen in Südamerika bestehen sämtlich
aus zwei Worten, von denen das erste notwendig ein Heiligenname
ist (der Name des Schutzpatrons der Kirche), das zweite ein india-
nisches (der Name des Volkes, das hier lebt, und der Gegend, wo
die Mission liegt). So sagt man: San Jose de Maypures, Santa
Cruz de Chachipo, San Juan-Nepomuceno de los Atures etc.
Diese zusammengesetzten Namen kommen aber nur in der amtlichen
Sprache vor; die Einwohner brauchen nur einen, meist, wenn er
wohlklingend ist, den indianischen. Benachbarten Orten kommen oft
dieselben Heiligennamen zu, und dadurch entsteht in der Geographie
eine heillose Verwirrung. Die Namen San Juan, San Pedro,
San Diego sind wie aufs Geratewohl auf unseren Karten umher-
gestreut.

in letzterem Fluſſe an, denſelben zu bemerken. Die Glimmer-
blättchen kommen ohne Zweifel von den Granitbergen von
Curiquima und Encaramada, denn weiter nach Nord und Oſt
findet man nur Quarzſand, Sandſtein, feſten Kalkſtein und
Gips. Daß Anſchwemmungen von Süd nach Nord geführt
werden, kann am Orinoko nicht befremden; aber wie erklärt
ſich dieſelbe Erſcheinung im Bette des Apure, 31 km weſt-
wärts von ſeiner Ausmündung? Beim gegenwärtigen Zu-
ſtande der Dinge läuft der Apure auch beim höchſten Waſſer-
ſtande des Orinoko nie ſo weit rückwärts, und um ſich von
der Erſcheinung Rechenſchaft zu geben, muß man annehmen,
die Glimmerſchichten haben ſich zu einer Zeit niedergeſchlagen,
wo der ganze, ſehr tief gelegene Landſtrich zwiſchen Caycara,
dem Algodonal und den Bergen von Encaramada ein See-
becken war.

Wir verweilten einige Zeit im Hafen von Encaramada;
es iſt dies eine Art Ladeplatz, wo die Schiffe zuſammen-
kommen. Das Ufer beſteht aus einem 13 bis 16 m hohen
Felſen, wieder jenen aufeinander getürmten Granitblöcken, wie
ſie am Schneeberg in Franken und faſt in allen Granitgebirgen
in Europa vorkommen. Manche dieſer abgeſonderten Maſſen
ſind kugelig; es ſind aber keine Kugeln mit konzentriſchen
Schichten, ſondern nur abgerundete Blöcke, Kerne, von denen
das umhüllende Geſtein abgewittert iſt. Der Granit iſt blei-
grau, oft ſchwarz, wie mit Manganoxyd überzogen; aber dieſe
Farbe dringt kaum 0,44 mm tief ins Geſtein, das rötlich-
weiß, grobkörnig iſt und keine Hornblende enthält.

Die indianiſchen Namen der Miſſion San Luis del
Encaramada
ſind Guaja und Caramana. 1 Es iſt dies

1 Die Namen der Miſſionen in Südamerika beſtehen ſämtlich
aus zwei Worten, von denen das erſte notwendig ein Heiligenname
iſt (der Name des Schutzpatrons der Kirche), das zweite ein india-
niſches (der Name des Volkes, das hier lebt, und der Gegend, wo
die Miſſion liegt). So ſagt man: San Joſe de Maypures, Santa
Cruz de Chachipo, San Juan-Nepomuceno de los Atures ꝛc.
Dieſe zuſammengeſetzten Namen kommen aber nur in der amtlichen
Sprache vor; die Einwohner brauchen nur einen, meiſt, wenn er
wohlklingend iſt, den indianiſchen. Benachbarten Orten kommen oft
dieſelben Heiligennamen zu, und dadurch entſteht in der Geographie
eine heilloſe Verwirrung. Die Namen San Juan, San Pedro,
San Diego ſind wie aufs Geratewohl auf unſeren Karten umher-
geſtreut.
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[42/0050] in letzterem Fluſſe an, denſelben zu bemerken. Die Glimmer- blättchen kommen ohne Zweifel von den Granitbergen von Curiquima und Encaramada, denn weiter nach Nord und Oſt findet man nur Quarzſand, Sandſtein, feſten Kalkſtein und Gips. Daß Anſchwemmungen von Süd nach Nord geführt werden, kann am Orinoko nicht befremden; aber wie erklärt ſich dieſelbe Erſcheinung im Bette des Apure, 31 km weſt- wärts von ſeiner Ausmündung? Beim gegenwärtigen Zu- ſtande der Dinge läuft der Apure auch beim höchſten Waſſer- ſtande des Orinoko nie ſo weit rückwärts, und um ſich von der Erſcheinung Rechenſchaft zu geben, muß man annehmen, die Glimmerſchichten haben ſich zu einer Zeit niedergeſchlagen, wo der ganze, ſehr tief gelegene Landſtrich zwiſchen Caycara, dem Algodonal und den Bergen von Encaramada ein See- becken war. Wir verweilten einige Zeit im Hafen von Encaramada; es iſt dies eine Art Ladeplatz, wo die Schiffe zuſammen- kommen. Das Ufer beſteht aus einem 13 bis 16 m hohen Felſen, wieder jenen aufeinander getürmten Granitblöcken, wie ſie am Schneeberg in Franken und faſt in allen Granitgebirgen in Europa vorkommen. Manche dieſer abgeſonderten Maſſen ſind kugelig; es ſind aber keine Kugeln mit konzentriſchen Schichten, ſondern nur abgerundete Blöcke, Kerne, von denen das umhüllende Geſtein abgewittert iſt. Der Granit iſt blei- grau, oft ſchwarz, wie mit Manganoxyd überzogen; aber dieſe Farbe dringt kaum 0,44 mm tief ins Geſtein, das rötlich- weiß, grobkörnig iſt und keine Hornblende enthält. Die indianiſchen Namen der Miſſion San Luis del Encaramada ſind Guaja und Caramana. 1 Es iſt dies 1 Die Namen der Miſſionen in Südamerika beſtehen ſämtlich aus zwei Worten, von denen das erſte notwendig ein Heiligenname iſt (der Name des Schutzpatrons der Kirche), das zweite ein india- niſches (der Name des Volkes, das hier lebt, und der Gegend, wo die Miſſion liegt). So ſagt man: San Joſe de Maypures, Santa Cruz de Chachipo, San Juan-Nepomuceno de los Atures ꝛc. Dieſe zuſammengeſetzten Namen kommen aber nur in der amtlichen Sprache vor; die Einwohner brauchen nur einen, meiſt, wenn er wohlklingend iſt, den indianiſchen. Benachbarten Orten kommen oft dieſelben Heiligennamen zu, und dadurch entſteht in der Geographie eine heilloſe Verwirrung. Die Namen San Juan, San Pedro, San Diego ſind wie aufs Geratewohl auf unſeren Karten umher- geſtreut.

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 3. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial03_1859/50>, abgerufen am 21.11.2024.