Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 4. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.in rascher Zunahme begriffen seien. Bei Caycara, am "Cerro Caycara gegenüber, am nördlichen Ufer des Orinoko, Wir schifften uns morgens in Caycara ein und fuhren in raſcher Zunahme begriffen ſeien. Bei Caycara, am „Cerro Caycara gegenüber, am nördlichen Ufer des Orinoko, Wir ſchifften uns morgens in Caycara ein und fuhren <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0151" n="143"/> in raſcher Zunahme begriffen ſeien. Bei Caycara, am „Cerro<lb/> del Tirano“, ſieht man Bilder von Sonne und Mond, wovon<lb/> oben die Rede war, eingehauen. „Das iſt ein <hi rendition="#g">Werk der<lb/> Alten</hi>“ (das heißt unſerer Väter), ſagen die Eingeborenen.<lb/> Man verſichert, auf einem Fels weiter vom Ufer ab, <hi rendition="#g">Tecoma</hi><lb/> genannt, ſtehen die ſymboliſchen Figuren 30 <hi rendition="#aq">m</hi> hoch. Die<lb/> Indianer kannten früher einen Landweg von Caycara nach<lb/> Demerary und Eſſequibo. Sind etwa die Völker, welche die<lb/> vom Reiſenden Hortsmann beſchriebenen Bilder eingehauen,<lb/> auf dieſem Wege an den See Amucu gekommen?</p><lb/> <p>Caycara gegenüber, am nördlichen Ufer des Orinoko,<lb/> liegt die Miſſion Cabruta, die als vorgeſchobener Poſten<lb/> gegen die Kariben im Jahre 1740 vom Jeſuiten Rotella an-<lb/> gelegt wurde. Schon ſeit mehreren Jahrhunderten hatten die<lb/> Indianer an dieſem Fleck ein Dorf Namens <hi rendition="#g">Cabritu</hi>. Als<lb/> der kleine Ort eine chriſtliche Niederlaſſung wurde, glaubt<lb/> man, derſelbe liege unter dem 5. Grad der Breite, alſo um<lb/> 2° 40′ weiter nach Süd, als ich durch direkte Beobachtungen<lb/> in San Rafael und an der Mündung des Rio Apure ge-<lb/> funden. Man hatte damals keinen Begriff davon, welche<lb/> Richtung ein Landweg nach Nueva Valencia und Caracas<lb/> haben müßte, von welchen Orten man ſich unendlich weit<lb/> entfernt dachte. Ein Weib iſt zuallererſt von der Villa de<lb/> San Juan Baptiſta del Pao über die Llanos nach Cabruta<lb/> gegangen. Pater Gili erzählt, Donna Maria Bargas habe<lb/> mit ſolcher Leidenſchaft an den Jeſuiten gehangen, daß ſie<lb/> es unternahm, auf eigene Hand einen Weg in die Miſſionen<lb/> zu ſuchen. Man wunderte ſich nicht wenig, als man ſie in<lb/> Cabruta von Norden her ankommen ſah. Sie ließ ſich bei<lb/> den Jüngern des heiligen Ignatius nieder und ſtarb in ihren<lb/> Miſſionen am Orinoko. Von dieſer Zeit an bevölkerte ſich<lb/> der ſüdliche Strich der Llanos ziemlich ſtark, und der Weg<lb/> aus den Thälern von Aragua über Calabozo nach San Fer-<lb/> nando de Apure und nach Cabruta iſt jetzt ſtark begangen.<lb/> Am letzteren Ort hatte auch im Jahre 1754 der Befehlshaber<lb/> der vielberufenen Grenzexpedition Werften angelegt und die<lb/> Fahrzeuge zum Transport der Truppen an den oberen Ori-<lb/> noko bauen laſſen. Der kleine Berg nordöſtlich von Cabruta<lb/> iſt ſehr weit in den Steppen ſichtbar und dient den Reiſenden<lb/> als Landmarke.</p><lb/> <p>Wir ſchifften uns morgens in Caycara ein und fuhren<lb/> mit der Strömung des Orinoko zuerſt am Einfluſſe des Rio<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [143/0151]
in raſcher Zunahme begriffen ſeien. Bei Caycara, am „Cerro
del Tirano“, ſieht man Bilder von Sonne und Mond, wovon
oben die Rede war, eingehauen. „Das iſt ein Werk der
Alten“ (das heißt unſerer Väter), ſagen die Eingeborenen.
Man verſichert, auf einem Fels weiter vom Ufer ab, Tecoma
genannt, ſtehen die ſymboliſchen Figuren 30 m hoch. Die
Indianer kannten früher einen Landweg von Caycara nach
Demerary und Eſſequibo. Sind etwa die Völker, welche die
vom Reiſenden Hortsmann beſchriebenen Bilder eingehauen,
auf dieſem Wege an den See Amucu gekommen?
Caycara gegenüber, am nördlichen Ufer des Orinoko,
liegt die Miſſion Cabruta, die als vorgeſchobener Poſten
gegen die Kariben im Jahre 1740 vom Jeſuiten Rotella an-
gelegt wurde. Schon ſeit mehreren Jahrhunderten hatten die
Indianer an dieſem Fleck ein Dorf Namens Cabritu. Als
der kleine Ort eine chriſtliche Niederlaſſung wurde, glaubt
man, derſelbe liege unter dem 5. Grad der Breite, alſo um
2° 40′ weiter nach Süd, als ich durch direkte Beobachtungen
in San Rafael und an der Mündung des Rio Apure ge-
funden. Man hatte damals keinen Begriff davon, welche
Richtung ein Landweg nach Nueva Valencia und Caracas
haben müßte, von welchen Orten man ſich unendlich weit
entfernt dachte. Ein Weib iſt zuallererſt von der Villa de
San Juan Baptiſta del Pao über die Llanos nach Cabruta
gegangen. Pater Gili erzählt, Donna Maria Bargas habe
mit ſolcher Leidenſchaft an den Jeſuiten gehangen, daß ſie
es unternahm, auf eigene Hand einen Weg in die Miſſionen
zu ſuchen. Man wunderte ſich nicht wenig, als man ſie in
Cabruta von Norden her ankommen ſah. Sie ließ ſich bei
den Jüngern des heiligen Ignatius nieder und ſtarb in ihren
Miſſionen am Orinoko. Von dieſer Zeit an bevölkerte ſich
der ſüdliche Strich der Llanos ziemlich ſtark, und der Weg
aus den Thälern von Aragua über Calabozo nach San Fer-
nando de Apure und nach Cabruta iſt jetzt ſtark begangen.
Am letzteren Ort hatte auch im Jahre 1754 der Befehlshaber
der vielberufenen Grenzexpedition Werften angelegt und die
Fahrzeuge zum Transport der Truppen an den oberen Ori-
noko bauen laſſen. Der kleine Berg nordöſtlich von Cabruta
iſt ſehr weit in den Steppen ſichtbar und dient den Reiſenden
als Landmarke.
Wir ſchifften uns morgens in Caycara ein und fuhren
mit der Strömung des Orinoko zuerſt am Einfluſſe des Rio
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