Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 4. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.zur Insel und man kann mit den benachbarten Höfen nur Am 9. Juni morgens begegneten uns eine Menge Fahr- Unterhalb San Rafael del Capuchino gingen wir rechts zur Inſel und man kann mit den benachbarten Höfen nur Am 9. Juni morgens begegneten uns eine Menge Fahr- Unterhalb San Rafael del Capuchino gingen wir rechts <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0150" n="142"/> zur Inſel und man kann mit den benachbarten Höfen nur<lb/> zu Schiffe verkehren. Das Hornvieh zieht ſich dann auf den<lb/> höher gelegenen Landſtrich, der ſüdwärts der Bergkette der<lb/> Encaramada zuläuft.</p><lb/> <p>Am 9. Juni morgens begegneten uns eine Menge Fahr-<lb/> zeuge mit Waren, die mit Segeln den Orinoko und dann<lb/> den Apure hinauffuhren. Es iſt dies eine ſtark befahrene<lb/> Handelsſtraße zwiſchen Angoſtura und dem Hafen von Toru-<lb/> nos in der Provinz Varinas. Unſer Reiſebegleiter, Don<lb/> Nicolas Soto, der Schwager des Statthalters von Varinas,<lb/> ſchlug denſelben Weg ein, um zu ſeiner Familie zurückzu-<lb/> kehren. Bei Hochwaſſer braucht man mehrere Monate gegen<lb/> die Strömung des Orinoko, des Apure und des Rio Santo<lb/> Domingo. Die Schiffsleute müſſen ihre Fahrzeuge an Baum-<lb/> ſtämme binden und ſie am Tau den Fluß hinaufziehen. In<lb/> den ſtarken Krümmungen des Fluſſes kommen ſie oft in<lb/> ganzen Tagen nicht über 380 bis 580 <hi rendition="#aq">m</hi> vorwärts. Seit<lb/> meiner Rückkehr nach Europa iſt der Verkehr zwiſchen der<lb/> Mündung des Orinoko und den Provinzen am öſtlichen Ab-<lb/> hange der Gebirge von Merida, Pamplona und Santa F<hi rendition="#aq">é</hi><lb/> de Bogota ungleich lebhafter geworden, und es iſt zu er-<lb/> warten, daß die lange Fahrt auf dem Orinoko, dem Apure,<lb/> der Portugueſa, dem Rio Santo Domingo, dem Orivante,<lb/> Meta und Guaviare durch Dampfſchiffe abgekürzt wird. Man<lb/> könnte, wie an den großen Strömen in den Vereinigten<lb/> Staaten, an den Ufern gefälltes Holz unter Schuppen nieder-<lb/> legen. Solche Veranſtaltung wäre um ſo nötiger, da man<lb/> ſich in den Ländern, die wir bereiſt, nicht leicht trockenes Holz<lb/> verſchafft, wie man es zum ſtarken Feuer unter dem Keſſel<lb/> einer Dampfmaſchine braucht.</p><lb/> <p>Unterhalb San Rafael del Capuchino gingen wir rechts<lb/> bei Villa Caycara, an einer Bucht, Puerto Sedeño genannt,<lb/> ans Land. Es ſtehen hier ein paar Häuſer beiſammen und<lb/> dieſe führen den vornehmen Titel <hi rendition="#g">Villa</hi>. Alta Gracia,<lb/> Ciudad de la Piedra, Real Corona, Borbon, lauter <hi rendition="#g">Villas</hi><lb/> zwiſchen dem Einfluß des Apure und Angoſtura, ſind ebenſo<lb/> elend. Ich habe oben erwähnt, daß es bei den Präſidenten<lb/> der Miſſionen und den Statthaltern der Provinzen Brauch<lb/> war, wenn eben der Grund zu einer Kirche gelegt wurde, in<lb/> Madrid für den Ort das Privilegium als Villa oder Ciudad<lb/> nachzuſuchen. Man wollte damit das Miniſterium glauben<lb/> machen, daß Bevölkerung und Wohlſtand in den Kolonieen<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [142/0150]
zur Inſel und man kann mit den benachbarten Höfen nur
zu Schiffe verkehren. Das Hornvieh zieht ſich dann auf den
höher gelegenen Landſtrich, der ſüdwärts der Bergkette der
Encaramada zuläuft.
Am 9. Juni morgens begegneten uns eine Menge Fahr-
zeuge mit Waren, die mit Segeln den Orinoko und dann
den Apure hinauffuhren. Es iſt dies eine ſtark befahrene
Handelsſtraße zwiſchen Angoſtura und dem Hafen von Toru-
nos in der Provinz Varinas. Unſer Reiſebegleiter, Don
Nicolas Soto, der Schwager des Statthalters von Varinas,
ſchlug denſelben Weg ein, um zu ſeiner Familie zurückzu-
kehren. Bei Hochwaſſer braucht man mehrere Monate gegen
die Strömung des Orinoko, des Apure und des Rio Santo
Domingo. Die Schiffsleute müſſen ihre Fahrzeuge an Baum-
ſtämme binden und ſie am Tau den Fluß hinaufziehen. In
den ſtarken Krümmungen des Fluſſes kommen ſie oft in
ganzen Tagen nicht über 380 bis 580 m vorwärts. Seit
meiner Rückkehr nach Europa iſt der Verkehr zwiſchen der
Mündung des Orinoko und den Provinzen am öſtlichen Ab-
hange der Gebirge von Merida, Pamplona und Santa Fé
de Bogota ungleich lebhafter geworden, und es iſt zu er-
warten, daß die lange Fahrt auf dem Orinoko, dem Apure,
der Portugueſa, dem Rio Santo Domingo, dem Orivante,
Meta und Guaviare durch Dampfſchiffe abgekürzt wird. Man
könnte, wie an den großen Strömen in den Vereinigten
Staaten, an den Ufern gefälltes Holz unter Schuppen nieder-
legen. Solche Veranſtaltung wäre um ſo nötiger, da man
ſich in den Ländern, die wir bereiſt, nicht leicht trockenes Holz
verſchafft, wie man es zum ſtarken Feuer unter dem Keſſel
einer Dampfmaſchine braucht.
Unterhalb San Rafael del Capuchino gingen wir rechts
bei Villa Caycara, an einer Bucht, Puerto Sedeño genannt,
ans Land. Es ſtehen hier ein paar Häuſer beiſammen und
dieſe führen den vornehmen Titel Villa. Alta Gracia,
Ciudad de la Piedra, Real Corona, Borbon, lauter Villas
zwiſchen dem Einfluß des Apure und Angoſtura, ſind ebenſo
elend. Ich habe oben erwähnt, daß es bei den Präſidenten
der Miſſionen und den Statthaltern der Provinzen Brauch
war, wenn eben der Grund zu einer Kirche gelegt wurde, in
Madrid für den Ort das Privilegium als Villa oder Ciudad
nachzuſuchen. Man wollte damit das Miniſterium glauben
machen, daß Bevölkerung und Wohlſtand in den Kolonieen
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