einem Labyrinth kleiner Wasserrinnen zerschnitten, in welche sich der Rio Imataca und der Rio Aquire ergießen. Auf den fruchtbaren Savannen zwischen dem Imataca und dem Cuyuni erhebt sich eine lange Reihe Granithügel, Ausläufer der Kordillere der Parime, die südlich von Angostura den Horizont begrenzt, die vielberufenen Katarakte des Rio Ca- rony bildet und dem Orinoko beim Fort Vieja Guyana wie ein vorgeschobenes Kap nahe rückt. Die volkreichen Missionen der Kariben und Guayanos unter der Obhut der katalonischen Kapuziner liegen den Quellen des Imataca und des Aquire zu. Am weitesten gegen Ost liegen die Missionen Miamu, Cumamu und Palmar auf einem bergigen Landstriche, der sich gegen Tupuquen, Santa Maria und Villa de Upata hinzieht. Geht man den Rio Aquire hinauf und über die Weiden gegen Süd, so kommt man zur Mission Belem de Tumeremo und von da an den Zusammenfluß des Curumu mit dem Rio Cuyuni, wo früher der spanische Posten oder Destacamento de Cuyuni lag. Ich mache diese einzelnen topographischen Angaben, weil der Rio Cuyuni oder Cuduvini auf eine Strecke von 2 1/2 bis 3 Längegraden dem Orinoko parallel von Ost nach West läuft, und eine vortreffliche natürliche Grenze zwischen dem Gebiete von Caracas und Englisch-Guyana abgibt.
Die beiden Arme des Orinoko, der Zacupana und Ima- taca bleiben 63 km weit getrennt; weiter oben findet man die Gewässer des Stromes in einem sehr breiten Bette bei- sammen. Dieses Stromstück ist gegen 36 km lang; an seinem westlichen Ende erscheint eine zweite Gabelung, und da die Spitze des Deltas im nördlichen Arme des gegabelten Flusses liegt, so ist dieser Teil des Orinoko für die militärische Ver- teidigung des Landes von großer Bedeutung. Alle Kanäle, die den Bocas chicas zulaufen, entspringen am selben Punkte aus dem Stamme des Orinoko. Der Arm (Canno Manamo), der beim Dorfe San Rafael abgeht, verzweigt sich erst nach einem Laufe von 13 bis 18 km, und ein Werk, das man oberhalb der Insel Chaguanes anlegte, würde Angostura gegen einen Feind decken, der durch eine der Bocas chicas eindringen wollte. Zu meiner Zeit lagen die Kanonierschaluppen östlich von San Rafael, am nördlichen Ufer des Orinoko. Diesen Punkt müssen die Fahrzeuge in Sicht bekommen, die durch die nördliche Wasserstraße bei San Rafael, welche die breiteste, aber seichteste ist, nach Angostura hinaufsegeln.
27 km oberhalb des Punktes, wo der Orinoko einen
einem Labyrinth kleiner Waſſerrinnen zerſchnitten, in welche ſich der Rio Imataca und der Rio Aquire ergießen. Auf den fruchtbaren Savannen zwiſchen dem Imataca und dem Cuyuni erhebt ſich eine lange Reihe Granithügel, Ausläufer der Kordillere der Parime, die ſüdlich von Angoſtura den Horizont begrenzt, die vielberufenen Katarakte des Rio Ca- rony bildet und dem Orinoko beim Fort Vieja Guyana wie ein vorgeſchobenes Kap nahe rückt. Die volkreichen Miſſionen der Kariben und Guayanos unter der Obhut der kataloniſchen Kapuziner liegen den Quellen des Imataca und des Aquire zu. Am weiteſten gegen Oſt liegen die Miſſionen Miamu, Cumamu und Palmar auf einem bergigen Landſtriche, der ſich gegen Tupuquen, Santa Maria und Villa de Upata hinzieht. Geht man den Rio Aquire hinauf und über die Weiden gegen Süd, ſo kommt man zur Miſſion Belem de Tumeremo und von da an den Zuſammenfluß des Curumu mit dem Rio Cuyuni, wo früher der ſpaniſche Poſten oder Destacamento de Cuyuni lag. Ich mache dieſe einzelnen topographiſchen Angaben, weil der Rio Cuyuni oder Cuduvini auf eine Strecke von 2 ½ bis 3 Längegraden dem Orinoko parallel von Oſt nach Weſt läuft, und eine vortreffliche natürliche Grenze zwiſchen dem Gebiete von Caracas und Engliſch-Guyana abgibt.
Die beiden Arme des Orinoko, der Zacupana und Ima- taca bleiben 63 km weit getrennt; weiter oben findet man die Gewäſſer des Stromes in einem ſehr breiten Bette bei- ſammen. Dieſes Stromſtück iſt gegen 36 km lang; an ſeinem weſtlichen Ende erſcheint eine zweite Gabelung, und da die Spitze des Deltas im nördlichen Arme des gegabelten Fluſſes liegt, ſo iſt dieſer Teil des Orinoko für die militäriſche Ver- teidigung des Landes von großer Bedeutung. Alle Kanäle, die den Bocas chicas zulaufen, entſpringen am ſelben Punkte aus dem Stamme des Orinoko. Der Arm (Caño Manamo), der beim Dorfe San Rafael abgeht, verzweigt ſich erſt nach einem Laufe von 13 bis 18 km, und ein Werk, das man oberhalb der Inſel Chaguanes anlegte, würde Angoſtura gegen einen Feind decken, der durch eine der Bocas chicas eindringen wollte. Zu meiner Zeit lagen die Kanonierſchaluppen öſtlich von San Rafael, am nördlichen Ufer des Orinoko. Dieſen Punkt müſſen die Fahrzeuge in Sicht bekommen, die durch die nördliche Waſſerſtraße bei San Rafael, welche die breiteſte, aber ſeichteſte iſt, nach Angoſtura hinaufſegeln.
27 km oberhalb des Punktes, wo der Orinoko einen
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einem Labyrinth kleiner Waſſerrinnen zerſchnitten, in welche
ſich der Rio Imataca und der Rio Aquire ergießen. Auf
den fruchtbaren Savannen zwiſchen dem Imataca und dem
Cuyuni erhebt ſich eine lange Reihe Granithügel, Ausläufer
der Kordillere der Parime, die ſüdlich von Angoſtura den
Horizont begrenzt, die vielberufenen Katarakte des Rio Ca-
rony bildet und dem Orinoko beim Fort Vieja Guyana wie
ein vorgeſchobenes Kap nahe rückt. Die volkreichen Miſſionen
der Kariben und Guayanos unter der Obhut der kataloniſchen
Kapuziner liegen den Quellen des Imataca und des Aquire
zu. Am weiteſten gegen Oſt liegen die Miſſionen Miamu,
Cumamu und Palmar auf einem bergigen Landſtriche, der ſich
gegen Tupuquen, Santa Maria und Villa de Upata hinzieht.
Geht man den Rio Aquire hinauf und über die Weiden gegen
Süd, ſo kommt man zur Miſſion Belem de Tumeremo und
von da an den Zuſammenfluß des Curumu mit dem Rio
Cuyuni, wo früher der ſpaniſche Poſten oder Destacamento
de Cuyuni lag. Ich mache dieſe einzelnen topographiſchen
Angaben, weil der Rio Cuyuni oder Cuduvini auf eine Strecke
von 2 ½ bis 3 Längegraden dem Orinoko parallel von Oſt nach
Weſt läuft, und eine vortreffliche natürliche Grenze zwiſchen
dem Gebiete von Caracas und Engliſch-Guyana abgibt.
Die beiden Arme des Orinoko, der Zacupana und Ima-
taca bleiben 63 km weit getrennt; weiter oben findet man
die Gewäſſer des Stromes in einem ſehr breiten Bette bei-
ſammen. Dieſes Stromſtück iſt gegen 36 km lang; an ſeinem
weſtlichen Ende erſcheint eine zweite Gabelung, und da die
Spitze des Deltas im nördlichen Arme des gegabelten Fluſſes
liegt, ſo iſt dieſer Teil des Orinoko für die militäriſche Ver-
teidigung des Landes von großer Bedeutung. Alle Kanäle,
die den Bocas chicas zulaufen, entſpringen am ſelben Punkte
aus dem Stamme des Orinoko. Der Arm (Caño Manamo),
der beim Dorfe San Rafael abgeht, verzweigt ſich erſt nach
einem Laufe von 13 bis 18 km, und ein Werk, das man
oberhalb der Inſel Chaguanes anlegte, würde Angoſtura gegen
einen Feind decken, der durch eine der Bocas chicas eindringen
wollte. Zu meiner Zeit lagen die Kanonierſchaluppen öſtlich
von San Rafael, am nördlichen Ufer des Orinoko. Dieſen
Punkt müſſen die Fahrzeuge in Sicht bekommen, die durch
die nördliche Waſſerſtraße bei San Rafael, welche die breiteſte,
aber ſeichteſte iſt, nach Angoſtura hinaufſegeln.
27 km oberhalb des Punktes, wo der Orinoko einen
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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 4. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial04_1859/186>, abgerufen am 16.02.2025.
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