ist nicht sehr häufig, und es erscheint daher als wünschens- wert, daß man ihn anpflanzt. Die katalonischen Ordensleute sind ganz dazu geeignet, diesen Kulturzweig in Aufnahme zu bringen. Sie sind haushälterischer, betriebsamer und rüh- riger als die anderen Missionäre. Bereits haben sie in einigen Dörfern Gerbereien und Baumwollspinnereien angelegt, und wenn sie fortan die Indianer die Früchte ihrer Arbeit genießen lassen, so finden sie sicher an der eingeborenen Bevölkerung kräftige Unterstützung. Da hier die Mönche auf kleinem Ge- biet beisammen leben, fühlen sie ihre politische Bedeutung, und sie haben zu wiederholten Malen der weltlichen Gewalt wie der des Bischofs Widerstand geleistet. Die Statthalter in Angostura haben mit sehr ungleichem Erfolg mit ihnen gekämpft, je nachdem das Ministerium in Madrid sich der kirchlichen Hierarchie gefällig erzeigen wollte oder ihre Macht zu beschränken suchte. Im Jahre 1768 ließ Don Manuel Centurion den Missionären über 20000 Stücke Vieh weg- nehmen und sie unter die dürftigsten Einwohner verteilen. Diese auf ziemlich ungesetzliche Weise geübte Freigebigkeit hatte wichtige Folgen. Der Statthalter wurde auf die Klage der katalonischen Mönche abgesetzt, obgleich er das Gebiet der Missionen gegen Süd bedeutend erweitert und über dem Zusammenflusse des Carony mit dem Paragua die Villa Barceloneta und bei der Vereinigung des Paragua mit dem Paraguamusi die Ciudad Guirior gegründet hatte. Seit jener Zeit bis auf die politischen Stürme, welche gegenwärtig in den spanischen Kolonieen toben, vermied die bürgerliche Be- hörde sorgfältig jede Einmischung in die Angelegenheiten der Kapuziner. Man gefällt sich darin, ihren Wohlstand zu über- treiben, wie man früher bei den Jesuiten in Paraguay gethan.
Die Missionen am Carony vereinigen infolge der Boden- bildung1 und des Wechsels von Savannen und Ackerland die Vorzüge der Llanos von Calabozo und der Thäler von Ara- gua. Der wahre Reichtum des Landes beruht auf der Vieh- zucht und dem Bau von Kolonialprodukten. Es ist zu wün- schen, daß hier, wie in der schönen furchtbaren Provinz Vene- zuela, die Bevölkerung dem Landbau treu bleibt und nicht so bald darauf ausgeht, Erzgruben zu suchen. Deutschlands und Mexikos Beispiel beweist allerdings, daß Bergbau und
1 Kleine Hochebenen zwischen den Bergen bei Upata, Cumamu und Tupuquen scheinen über 290 m Meereshöhe zu haben.
iſt nicht ſehr häufig, und es erſcheint daher als wünſchens- wert, daß man ihn anpflanzt. Die kataloniſchen Ordensleute ſind ganz dazu geeignet, dieſen Kulturzweig in Aufnahme zu bringen. Sie ſind haushälteriſcher, betriebſamer und rüh- riger als die anderen Miſſionäre. Bereits haben ſie in einigen Dörfern Gerbereien und Baumwollſpinnereien angelegt, und wenn ſie fortan die Indianer die Früchte ihrer Arbeit genießen laſſen, ſo finden ſie ſicher an der eingeborenen Bevölkerung kräftige Unterſtützung. Da hier die Mönche auf kleinem Ge- biet beiſammen leben, fühlen ſie ihre politiſche Bedeutung, und ſie haben zu wiederholten Malen der weltlichen Gewalt wie der des Biſchofs Widerſtand geleiſtet. Die Statthalter in Angoſtura haben mit ſehr ungleichem Erfolg mit ihnen gekämpft, je nachdem das Miniſterium in Madrid ſich der kirchlichen Hierarchie gefällig erzeigen wollte oder ihre Macht zu beſchränken ſuchte. Im Jahre 1768 ließ Don Manuel Centurion den Miſſionären über 20000 Stücke Vieh weg- nehmen und ſie unter die dürftigſten Einwohner verteilen. Dieſe auf ziemlich ungeſetzliche Weiſe geübte Freigebigkeit hatte wichtige Folgen. Der Statthalter wurde auf die Klage der kataloniſchen Mönche abgeſetzt, obgleich er das Gebiet der Miſſionen gegen Süd bedeutend erweitert und über dem Zuſammenfluſſe des Carony mit dem Paragua die Villa Barceloneta und bei der Vereinigung des Paragua mit dem Paraguamuſi die Ciudad Guirior gegründet hatte. Seit jener Zeit bis auf die politiſchen Stürme, welche gegenwärtig in den ſpaniſchen Kolonieen toben, vermied die bürgerliche Be- hörde ſorgfältig jede Einmiſchung in die Angelegenheiten der Kapuziner. Man gefällt ſich darin, ihren Wohlſtand zu über- treiben, wie man früher bei den Jeſuiten in Paraguay gethan.
Die Miſſionen am Carony vereinigen infolge der Boden- bildung1 und des Wechſels von Savannen und Ackerland die Vorzüge der Llanos von Calabozo und der Thäler von Ara- gua. Der wahre Reichtum des Landes beruht auf der Vieh- zucht und dem Bau von Kolonialprodukten. Es iſt zu wün- ſchen, daß hier, wie in der ſchönen furchtbaren Provinz Vene- zuela, die Bevölkerung dem Landbau treu bleibt und nicht ſo bald darauf ausgeht, Erzgruben zu ſuchen. Deutſchlands und Mexikos Beiſpiel beweiſt allerdings, daß Bergbau und
1 Kleine Hochebenen zwiſchen den Bergen bei Upata, Cumamu und Tupuquen ſcheinen über 290 m Meereshöhe zu haben.
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iſt nicht ſehr häufig, und es erſcheint daher als wünſchens-
wert, daß man ihn anpflanzt. Die kataloniſchen Ordensleute
ſind ganz dazu geeignet, dieſen Kulturzweig in Aufnahme
zu bringen. Sie ſind haushälteriſcher, betriebſamer und rüh-
riger als die anderen Miſſionäre. Bereits haben ſie in einigen
Dörfern Gerbereien und Baumwollſpinnereien angelegt, und
wenn ſie fortan die Indianer die Früchte ihrer Arbeit genießen
laſſen, ſo finden ſie ſicher an der eingeborenen Bevölkerung
kräftige Unterſtützung. Da hier die Mönche auf kleinem Ge-
biet beiſammen leben, fühlen ſie ihre politiſche Bedeutung,
und ſie haben zu wiederholten Malen der weltlichen Gewalt
wie der des Biſchofs Widerſtand geleiſtet. Die Statthalter
in Angoſtura haben mit ſehr ungleichem Erfolg mit ihnen
gekämpft, je nachdem das Miniſterium in Madrid ſich der
kirchlichen Hierarchie gefällig erzeigen wollte oder ihre Macht
zu beſchränken ſuchte. Im Jahre 1768 ließ Don Manuel
Centurion den Miſſionären über 20000 Stücke Vieh weg-
nehmen und ſie unter die dürftigſten Einwohner verteilen.
Dieſe auf ziemlich ungeſetzliche Weiſe geübte Freigebigkeit
hatte wichtige Folgen. Der Statthalter wurde auf die Klage
der kataloniſchen Mönche abgeſetzt, obgleich er das Gebiet
der Miſſionen gegen Süd bedeutend erweitert und über dem
Zuſammenfluſſe des Carony mit dem Paragua die Villa
Barceloneta und bei der Vereinigung des Paragua mit dem
Paraguamuſi die Ciudad Guirior gegründet hatte. Seit
jener Zeit bis auf die politiſchen Stürme, welche gegenwärtig
in den ſpaniſchen Kolonieen toben, vermied die bürgerliche Be-
hörde ſorgfältig jede Einmiſchung in die Angelegenheiten der
Kapuziner. Man gefällt ſich darin, ihren Wohlſtand zu über-
treiben, wie man früher bei den Jeſuiten in Paraguay gethan.
Die Miſſionen am Carony vereinigen infolge der Boden-
bildung 1 und des Wechſels von Savannen und Ackerland die
Vorzüge der Llanos von Calabozo und der Thäler von Ara-
gua. Der wahre Reichtum des Landes beruht auf der Vieh-
zucht und dem Bau von Kolonialprodukten. Es iſt zu wün-
ſchen, daß hier, wie in der ſchönen furchtbaren Provinz Vene-
zuela, die Bevölkerung dem Landbau treu bleibt und nicht
ſo bald darauf ausgeht, Erzgruben zu ſuchen. Deutſchlands
und Mexikos Beiſpiel beweiſt allerdings, daß Bergbau und
1 Kleine Hochebenen zwiſchen den Bergen bei Upata, Cumamu
und Tupuquen ſcheinen über 290 m Meereshöhe zu haben.
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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 4. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial04_1859/193>, abgerufen am 16.02.2025.
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