Dynastie der Inka dereinst Großbritannien ihre Wiederher- stellung zu danken haben werde; er gibt den Rat. unter dem Vorwand, das Gebiet gegen äußere Feinde schützen zu wollen, Besatzungen von drei-, viertausend Mann in die Städte des Inka zu legen und diesen so zu einem jährlichen Tribut von 300000 Pfund Sterling an Königin Elisabeth zu nötigen; endlich äußert er mit einem Blick in die Zukunft, alle diese gewaltigen Länder Südamerikas werden eines Tages Eigentum der englischen Nation sein".
Raleghs vier Fahrten auf dem unteren Orinoko fallen zwischen die Jahre 1595 und 1617. Nach all diesen vergeb- lichen Unternehmungen ließ der Eifer, mit dem man den Dorado aufsuchte, allmählich nach. Fortan kam keine Ex- pedition mehr zustande, an der sich zahlreiche Kolonisten be- teiligten, wohl aber Unternehmungen einzelner, zu denen nicht selten die Statthalter der Provinzen aufmunterten. Die Kunde vom Goldland der Manoasindianer am Jurubesh und von der Laguna de oro, die durch die Reisen der Patres Acunda (1688) und Fritz (1637) in Umlauf kam, trugen das Ihrige dazu bei, daß die Vorstellungen vom Dorado in den portugiesischen und spanischen Kolonieen im Norden und Süden des Aequators wieder rege wurden. In Cuenca im König- reich Quito traf ich Leute, die im Auftrag des Bischofs Marfil östlich von den Kordilleren auf den Ebenen von Macas die Trümmer der Stadt Logronno, die in einem goldreichen Lande liegen sollte, aufgesucht hatten. Aus dem schon mehrmals erwähnten Tagebuche Hortsmanns ersehen wir, daß man im Jahre 1740 von Holländisch-Guyana her zum Dorado zu gelangen glaubte, wenn man den Essequibo hinauffuhr. In Santo Tome de Angostura entwickelte der Statthalter Don Manuel Centurion ungemeinen Eifer, um zum eingebildeten See Manoa zu dringen. Arimuicaipi, ein Indianer von der Nation der Ipurucoten, fuhr den Rio Carony hinab und entzündete durch lügenhafte Berichte die Phantasie der spani- schen Kolonisten. Er zeigte ihnen am Südhimmel die Ma- gelhaensschen Wolken, deren weißliches Licht er für den Wider- schein der silberhaltigen Felsen mitten in der Laguna Parime erklärte. Es war dies eine sehr poetische Schilderung des Glanzes des Glimmer- und Talkschiefers seines Landes. Ein anderer indianischer Häuptling, bei den Kariben am Essequibo als Kapitän Jurado bekannt, gab sich vergebliche Mühe, den Statthalter Centurion zu enttäuschen. Man machte frucht-
Dynaſtie der Inka dereinſt Großbritannien ihre Wiederher- ſtellung zu danken haben werde; er gibt den Rat. unter dem Vorwand, das Gebiet gegen äußere Feinde ſchützen zu wollen, Beſatzungen von drei-, viertauſend Mann in die Städte des Inka zu legen und dieſen ſo zu einem jährlichen Tribut von 300000 Pfund Sterling an Königin Eliſabeth zu nötigen; endlich äußert er mit einem Blick in die Zukunft, alle dieſe gewaltigen Länder Südamerikas werden eines Tages Eigentum der engliſchen Nation ſein“.
Raleghs vier Fahrten auf dem unteren Orinoko fallen zwiſchen die Jahre 1595 und 1617. Nach all dieſen vergeb- lichen Unternehmungen ließ der Eifer, mit dem man den Dorado aufſuchte, allmählich nach. Fortan kam keine Ex- pedition mehr zuſtande, an der ſich zahlreiche Koloniſten be- teiligten, wohl aber Unternehmungen einzelner, zu denen nicht ſelten die Statthalter der Provinzen aufmunterten. Die Kunde vom Goldland der Manoasindianer am Jurubeſh und von der Laguna de oro, die durch die Reiſen der Patres Acuña (1688) und Fritz (1637) in Umlauf kam, trugen das Ihrige dazu bei, daß die Vorſtellungen vom Dorado in den portugieſiſchen und ſpaniſchen Kolonieen im Norden und Süden des Aequators wieder rege wurden. In Cuença im König- reich Quito traf ich Leute, die im Auftrag des Biſchofs Marfil öſtlich von den Kordilleren auf den Ebenen von Macas die Trümmer der Stadt Logroño, die in einem goldreichen Lande liegen ſollte, aufgeſucht hatten. Aus dem ſchon mehrmals erwähnten Tagebuche Hortsmanns erſehen wir, daß man im Jahre 1740 von Holländiſch-Guyana her zum Dorado zu gelangen glaubte, wenn man den Eſſequibo hinauffuhr. In Santo Tome de Angoſtura entwickelte der Statthalter Don Manuel Centurion ungemeinen Eifer, um zum eingebildeten See Manoa zu dringen. Arimuicaipi, ein Indianer von der Nation der Ipurucoten, fuhr den Rio Carony hinab und entzündete durch lügenhafte Berichte die Phantaſie der ſpani- ſchen Koloniſten. Er zeigte ihnen am Südhimmel die Ma- gelhaensſchen Wolken, deren weißliches Licht er für den Wider- ſchein der ſilberhaltigen Felſen mitten in der Laguna Parime erklärte. Es war dies eine ſehr poetiſche Schilderung des Glanzes des Glimmer- und Talkſchiefers ſeines Landes. Ein anderer indianiſcher Häuptling, bei den Kariben am Eſſequibo als Kapitän Jurado bekannt, gab ſich vergebliche Mühe, den Statthalter Centurion zu enttäuſchen. Man machte frucht-
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Dynaſtie der Inka dereinſt Großbritannien ihre Wiederher-
ſtellung zu danken haben werde; er gibt den Rat. unter dem
Vorwand, das Gebiet gegen äußere Feinde ſchützen zu wollen,
Beſatzungen von drei-, viertauſend Mann in die Städte des
Inka zu legen und dieſen ſo zu einem jährlichen Tribut von
300000 Pfund Sterling an Königin Eliſabeth zu nötigen;
endlich äußert er mit einem Blick in die Zukunft, alle dieſe
gewaltigen Länder Südamerikas werden eines Tages Eigentum
der engliſchen Nation ſein“.
Raleghs vier Fahrten auf dem unteren Orinoko fallen
zwiſchen die Jahre 1595 und 1617. Nach all dieſen vergeb-
lichen Unternehmungen ließ der Eifer, mit dem man den
Dorado aufſuchte, allmählich nach. Fortan kam keine Ex-
pedition mehr zuſtande, an der ſich zahlreiche Koloniſten be-
teiligten, wohl aber Unternehmungen einzelner, zu denen
nicht ſelten die Statthalter der Provinzen aufmunterten. Die
Kunde vom Goldland der Manoasindianer am Jurubeſh und
von der Laguna de oro, die durch die Reiſen der Patres
Acuña (1688) und Fritz (1637) in Umlauf kam, trugen das
Ihrige dazu bei, daß die Vorſtellungen vom Dorado in den
portugieſiſchen und ſpaniſchen Kolonieen im Norden und Süden
des Aequators wieder rege wurden. In Cuença im König-
reich Quito traf ich Leute, die im Auftrag des Biſchofs Marfil
öſtlich von den Kordilleren auf den Ebenen von Macas die
Trümmer der Stadt Logroño, die in einem goldreichen Lande
liegen ſollte, aufgeſucht hatten. Aus dem ſchon mehrmals
erwähnten Tagebuche Hortsmanns erſehen wir, daß man im
Jahre 1740 von Holländiſch-Guyana her zum Dorado zu
gelangen glaubte, wenn man den Eſſequibo hinauffuhr. In
Santo Tome de Angoſtura entwickelte der Statthalter Don
Manuel Centurion ungemeinen Eifer, um zum eingebildeten
See Manoa zu dringen. Arimuicaipi, ein Indianer von der
Nation der Ipurucoten, fuhr den Rio Carony hinab und
entzündete durch lügenhafte Berichte die Phantaſie der ſpani-
ſchen Koloniſten. Er zeigte ihnen am Südhimmel die Ma-
gelhaensſchen Wolken, deren weißliches Licht er für den Wider-
ſchein der ſilberhaltigen Felſen mitten in der Laguna Parime
erklärte. Es war dies eine ſehr poetiſche Schilderung des
Glanzes des Glimmer- und Talkſchiefers ſeines Landes. Ein
anderer indianiſcher Häuptling, bei den Kariben am Eſſequibo
als Kapitän Jurado bekannt, gab ſich vergebliche Mühe,
den Statthalter Centurion zu enttäuſchen. Man machte frucht-
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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 4. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial04_1859/221>, abgerufen am 18.05.2024.
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