Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 4. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.zwischen dem Rio Branco, den Quellen des Essequibo und Ich habe in diesem Bande die großen Provinzen Vene- A. v. Humboldt, Reise. IV. 15
zwiſchen dem Rio Branco, den Quellen des Eſſequibo und Ich habe in dieſem Bande die großen Provinzen Vene- A. v. Humboldt, Reiſe. IV. 15
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0233" n="225"/> zwiſchen dem Rio Branco, den Quellen des Eſſequibo und<lb/> den Gebirgen von Portugieſiſch-Guyana. Acuña ſpricht vom<lb/> Golde, das die nördlichen Nebenflüſſe des Amazonenſtromes<lb/> führen, wie der Rio Trombetas (Oriximina), der Curupatuba<lb/> und der Ginipape (Rio de Paru). Alle dieſe Flüſſe, und<lb/> dieſer Umſtand ſcheint mir bemerkenswert, kommen von der-<lb/> ſelben Hochebene herab, auf deren nördlichem Abhange der<lb/> See Amucu, der <hi rendition="#g">Dorado</hi> Raleghs und der Holländer, der<lb/> Iſthmus zwiſchen dem Rupunuri (Rupunuwini) und dem Rio<lb/> Mahu liegen. Nichts ſtreitet wider die Annahme, daß auf-<lb/> geſchwemmtes goldhaltiges Land weit von den Kordilleren der<lb/> Anden nördlich vom Amazonenſtrome vorkommt, wie ſüdlich<lb/> von demſelben in den Gebirgen Braſiliens. Die Kariben am<lb/> Carony, Cuyuni und Eſſequibo haben von jeher im auf-<lb/> geſchwemmten Lande Goldwäſcherei im kleinen getrieben. Das<lb/> Becken des Orinoko, des Rio Negro und des Amazonenſtromes<lb/> wird nordwärts von den Gebirgen der Parime, ſüdwärts von<lb/> denen von Minas Geraes und Matogroſſo begrenzt. Häufig<lb/> ſtimmen die einander gegenüberliegenden Abhänge desſelben<lb/> Thales im geologiſchen Verhalten überein.</p><lb/> <p>Ich habe in dieſem Bande die großen Provinzen Vene-<lb/> zuela und Spaniſch-Guyana beſchrieben. Die Unterſuchung<lb/> ihrer natürlichen Grenzen, ihrer klimatiſchen Verhältniſſe und<lb/> ihrer Produkte hat mich dazu geführt, den Einfluß der Boden-<lb/> bildung auf den Ackerbau, den Handel und den mehr oder<lb/> weniger langſamen Gang der geſellſchaftlichen Entwickelung<lb/> zu erörtern. Ich habe nacheinander die drei Zonen durch-<lb/> wandert, die von Nord nach Süd, vom Mittelmeer der An-<lb/> tillen bis in die Wälder am oberen Orinoko und am Ama-<lb/> zonenſtrom hintereinander liegen. Hinter dem fruchtbaren<lb/> Uferſtriche, dem Mittelpunkte des auf den Ackerbau gegrün-<lb/> deten Wohlſtandes, kommen die von Hirtenvölkern bewohnten<lb/> Steppen. Dieſe Steppen ſind wiederum begrenzt von der<lb/> Waldregion, wo der Menſch, ich ſage nicht der Freiheit, die<lb/> immer eine Frucht der Kultur iſt, aber einer wilden Unab-<lb/> hängigkeit genießt. Die Grenze dieſer zwei letzteren Zonen<lb/> iſt gegenwärtig der Schauplatz des Kampfes, der über die<lb/> Unabhängigkeit und das Wohl Amerikas entſcheiden ſoll. Die<lb/> Umwandlungen, die bevorſtehen, können den eigentümlichen<lb/> Charakter jeder Region nicht verwiſchen; aber die Sitten und<lb/> die ganzen Zuſtände der Einwohner müſſen ſich gleichförmiger<lb/> färben. Durch dieſe Rückſicht mag eine zu Anfang des<lb/> <fw place="bottom" type="sig">A. v. <hi rendition="#g">Humboldt</hi>, Reiſe. <hi rendition="#aq">IV.</hi> 15</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [225/0233]
zwiſchen dem Rio Branco, den Quellen des Eſſequibo und
den Gebirgen von Portugieſiſch-Guyana. Acuña ſpricht vom
Golde, das die nördlichen Nebenflüſſe des Amazonenſtromes
führen, wie der Rio Trombetas (Oriximina), der Curupatuba
und der Ginipape (Rio de Paru). Alle dieſe Flüſſe, und
dieſer Umſtand ſcheint mir bemerkenswert, kommen von der-
ſelben Hochebene herab, auf deren nördlichem Abhange der
See Amucu, der Dorado Raleghs und der Holländer, der
Iſthmus zwiſchen dem Rupunuri (Rupunuwini) und dem Rio
Mahu liegen. Nichts ſtreitet wider die Annahme, daß auf-
geſchwemmtes goldhaltiges Land weit von den Kordilleren der
Anden nördlich vom Amazonenſtrome vorkommt, wie ſüdlich
von demſelben in den Gebirgen Braſiliens. Die Kariben am
Carony, Cuyuni und Eſſequibo haben von jeher im auf-
geſchwemmten Lande Goldwäſcherei im kleinen getrieben. Das
Becken des Orinoko, des Rio Negro und des Amazonenſtromes
wird nordwärts von den Gebirgen der Parime, ſüdwärts von
denen von Minas Geraes und Matogroſſo begrenzt. Häufig
ſtimmen die einander gegenüberliegenden Abhänge desſelben
Thales im geologiſchen Verhalten überein.
Ich habe in dieſem Bande die großen Provinzen Vene-
zuela und Spaniſch-Guyana beſchrieben. Die Unterſuchung
ihrer natürlichen Grenzen, ihrer klimatiſchen Verhältniſſe und
ihrer Produkte hat mich dazu geführt, den Einfluß der Boden-
bildung auf den Ackerbau, den Handel und den mehr oder
weniger langſamen Gang der geſellſchaftlichen Entwickelung
zu erörtern. Ich habe nacheinander die drei Zonen durch-
wandert, die von Nord nach Süd, vom Mittelmeer der An-
tillen bis in die Wälder am oberen Orinoko und am Ama-
zonenſtrom hintereinander liegen. Hinter dem fruchtbaren
Uferſtriche, dem Mittelpunkte des auf den Ackerbau gegrün-
deten Wohlſtandes, kommen die von Hirtenvölkern bewohnten
Steppen. Dieſe Steppen ſind wiederum begrenzt von der
Waldregion, wo der Menſch, ich ſage nicht der Freiheit, die
immer eine Frucht der Kultur iſt, aber einer wilden Unab-
hängigkeit genießt. Die Grenze dieſer zwei letzteren Zonen
iſt gegenwärtig der Schauplatz des Kampfes, der über die
Unabhängigkeit und das Wohl Amerikas entſcheiden ſoll. Die
Umwandlungen, die bevorſtehen, können den eigentümlichen
Charakter jeder Region nicht verwiſchen; aber die Sitten und
die ganzen Zuſtände der Einwohner müſſen ſich gleichförmiger
färben. Durch dieſe Rückſicht mag eine zu Anfang des
A. v. Humboldt, Reiſe. IV. 15
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