Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 4. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.Sandstein, der hie und da Stücke fossilen Holzes (aus der Man kann die Steppen oder Grasfluren von Südamerika Sandſtein, der hie und da Stücke foſſilen Holzes (aus der Man kann die Steppen oder Grasfluren von Südamerika <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0260" n="252"/> Sandſtein, der hie und da Stücke foſſilen Holzes (aus der<lb/> Familie der Monokotyledonen) enthält, kommt in den Step-<lb/> pen von Calabozo überall zu Tage. Weiter gegen Oſten ſind<lb/> Kalkſtein und Gips demſelben aufgelagert und machen ihn<lb/> der geologiſchen Forſchung unzugänglich. Weiter gegen Nor-<lb/> den, der Miſſion San Joſef de Curataquiche zu, fand Bon-<lb/> pland ſchöne gebänderte Stücke Jaſpis oder „ägyptiſche Kieſel“.<lb/> Wir ſahen dieſelben nicht in der Gebirgsart eingeſchloſſen<lb/> und wiſſen daher nicht, ob ſie einem ganz neuen Konglomerat<lb/> angehören oder dem Kalkſtein, den wir am Morro von Nueva<lb/> Barcelona angetroffen, und der kein Uebergangsgeſtein iſt,<lb/> obgleich er Schichten von Kieſelſchiefer enthält.</p><lb/> <p>Man kann die Steppen oder Grasfluren von Südamerika<lb/> nicht durchziehen, ohne in Gedanken bei der Ausſicht zu ver-<lb/> weilen, daß man ſie eines Tages zu dem benützen wird, zu<lb/> dem ſie ſich beſſer eignen als irgend ein Landſtrich des Erd-<lb/> balls, zur Meſſung der Grade eines Erdbogens in der Rich-<lb/> tung eines Meridians oder einer auf dem Meridian ſenk-<lb/> rechten Linie. Dieſe Operation wäre für die genaue Kenntnis<lb/> der Geſtalt der Erde von großer Wichtigkeit. Die Llanos<lb/> von Venezuela liegen 13° oſtwärts von den Punkten, wo<lb/> einerſeits die franzöſiſchen Akademiker mittels Dreiecken, die<lb/> ſich auf die Gipfel der Kordilleren ſtützten, andererſeits Maſon<lb/> und Dixon, ohne trigonometriſche Mittel (auf den Ebenen<lb/> von Pennſylvanien), ihre Meſſungen ausgeführt haben; ſie<lb/> liegen faſt unter demſelben Parallel (und dieſer Umſtand iſt<lb/> von großem Belang) wie die indiſche Hochebene zwiſchen<lb/> Junne und Madura, wo Oberſt Lambton ſo ausgezeichnet<lb/> operierte. So viele Bedenken auch noch hinſichtlich der Ge-<lb/> nauigkeit der Inſtrumente, der Beobachtungsfehler und der<lb/> Einflüſſe örtlicher Anziehungen beſtehen mögen, beim jetzigen<lb/> Zuſtand unſerer Kenntniſſe iſt nicht wohl in Abrede zu ziehen,<lb/> daß die Erde ungleichförmig abgeplattet iſt. Iſt einmal<lb/> zwiſchen den freien Regierungen von La Plata und Venezuela<lb/> ein innigeres Verhältnis hergeſtellt, ſo wird man ſich ohne<lb/> Zweifel dieſen Vorteil und den allgemeinen Frieden zu Nutze<lb/> machen und nördlich und ſüdlich vom Aequator, in den Lla-<lb/> nos und in den Pampas die Meſſungen vornehmen, die wir<lb/> hier in Vorſchlag bringen. Die Llanos von Pao und Cala-<lb/> bozo ſind faſt unter demſelben Meridian gelegen wie die<lb/> Pampas ſüdlich von Cordova, und der Breitenunterſchied<lb/> dieſer Niederungen, die ſo vollkommen eben ſind, als hätte<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [252/0260]
Sandſtein, der hie und da Stücke foſſilen Holzes (aus der
Familie der Monokotyledonen) enthält, kommt in den Step-
pen von Calabozo überall zu Tage. Weiter gegen Oſten ſind
Kalkſtein und Gips demſelben aufgelagert und machen ihn
der geologiſchen Forſchung unzugänglich. Weiter gegen Nor-
den, der Miſſion San Joſef de Curataquiche zu, fand Bon-
pland ſchöne gebänderte Stücke Jaſpis oder „ägyptiſche Kieſel“.
Wir ſahen dieſelben nicht in der Gebirgsart eingeſchloſſen
und wiſſen daher nicht, ob ſie einem ganz neuen Konglomerat
angehören oder dem Kalkſtein, den wir am Morro von Nueva
Barcelona angetroffen, und der kein Uebergangsgeſtein iſt,
obgleich er Schichten von Kieſelſchiefer enthält.
Man kann die Steppen oder Grasfluren von Südamerika
nicht durchziehen, ohne in Gedanken bei der Ausſicht zu ver-
weilen, daß man ſie eines Tages zu dem benützen wird, zu
dem ſie ſich beſſer eignen als irgend ein Landſtrich des Erd-
balls, zur Meſſung der Grade eines Erdbogens in der Rich-
tung eines Meridians oder einer auf dem Meridian ſenk-
rechten Linie. Dieſe Operation wäre für die genaue Kenntnis
der Geſtalt der Erde von großer Wichtigkeit. Die Llanos
von Venezuela liegen 13° oſtwärts von den Punkten, wo
einerſeits die franzöſiſchen Akademiker mittels Dreiecken, die
ſich auf die Gipfel der Kordilleren ſtützten, andererſeits Maſon
und Dixon, ohne trigonometriſche Mittel (auf den Ebenen
von Pennſylvanien), ihre Meſſungen ausgeführt haben; ſie
liegen faſt unter demſelben Parallel (und dieſer Umſtand iſt
von großem Belang) wie die indiſche Hochebene zwiſchen
Junne und Madura, wo Oberſt Lambton ſo ausgezeichnet
operierte. So viele Bedenken auch noch hinſichtlich der Ge-
nauigkeit der Inſtrumente, der Beobachtungsfehler und der
Einflüſſe örtlicher Anziehungen beſtehen mögen, beim jetzigen
Zuſtand unſerer Kenntniſſe iſt nicht wohl in Abrede zu ziehen,
daß die Erde ungleichförmig abgeplattet iſt. Iſt einmal
zwiſchen den freien Regierungen von La Plata und Venezuela
ein innigeres Verhältnis hergeſtellt, ſo wird man ſich ohne
Zweifel dieſen Vorteil und den allgemeinen Frieden zu Nutze
machen und nördlich und ſüdlich vom Aequator, in den Lla-
nos und in den Pampas die Meſſungen vornehmen, die wir
hier in Vorſchlag bringen. Die Llanos von Pao und Cala-
bozo ſind faſt unter demſelben Meridian gelegen wie die
Pampas ſüdlich von Cordova, und der Breitenunterſchied
dieſer Niederungen, die ſo vollkommen eben ſind, als hätte
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