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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 4. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.

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klimatischen Verhältnisse hängen ob von der Umgebung, von
der ganzen Steppe, von der die Mesas ein Teil sind. Bei
den Wüsten in Afrika oder in Arabien, bei den Llanos in
Südamerika, bei den großen Heiden, die von der Spitze von
Jütland bis zur Mündung der Schelde fortstreichen, beruht
die feste Begrenzung der Wüsten, der Llanos, der Heiden
großenteils auf ihrer unermeßlichen Ausdehnung, auf der
Kahlheit dieser Landstriche infolge einer Umwälzung, welche
den früheren Pflanzenwuchs unseres Planeten vernichtet hat.
Durch ihre Ausdehnung, ihr ununterbrochenes Fortstreichen
und ihre Masse widerstehen sie dem Eindringen der Kultur,
behalten sie, als wären sie in das Land einschneidende Buchten,
ihren festen Uferumriß. Ich lasse mich nicht auf die große
Frage ein, ob in der Sahara, diesem Mittelmeer von Flug-
sand, der Keime des organischen Lebens heutzutage mehr
werden. Je ausgebreiteter unsere geographischen Kenntnisse
wurden, desto zahlreicher sahen wir im östlichen Teil der Wüste
grüne Eilande, mit Palmen bedeckte Oasen zu Archipelen sich
zusammendrängen und den Karawanen ihre Häfen öffnen;
wir wissen aber nicht, ob seit Herodots Tode der Umriß der
Oase nicht fortwährend derselbe geblieben ist. Unsere Ge-
schichtsbücher sind von zu kurzem Datum und zu unvollstän-
dig, als daß wir der Natur in ihrem langsamen, stetigen
Gange folgen könnten.

Von diesen völlig öden Räumen, von denen ein gewalt-
sames Ereignis die Pflanzendecke und die Dammerde weg-
gerissen hat, von den syrischen und afrikanischen Wüsten, die
in ihrem versteinerten Holz noch die Urkunden der erlittenen
Veränderungen aufweisen, blicken wir zurück auf die mit
Gräsern bewachsenen Llanos. Hier ist die Erörterung der
Erscheinungen dem Kreise unserer täglichen Beobachtungen
näher gerückt. In den amerikanischen Steppen angesiedelte
Landwirte sind hinsichtlich der Möglichkeit eines umfassenderen
Anbaues derselben ganz zu den Anfichten gekommen, wie ich
sie aus dem klimatischen Einflusse der Steppen unter dem
Gesichtspunkte als ununterbrochene Flächen oder Massen her-
geleitet habe. Sie haben die Beobachtung gemacht, daß Hei-
den, die rings von angebautem oder mit Holz bewachsenem
Lande umgeben sind, nicht so lange dem Anbau Widerstand
leisten, als Striche vom selben Umfange, die aber einer weiten
Fläche von gleicher Beschaffenheit angehören. Die Beobach-
tung ist richtig, ob nun das eingeschlossene Stück eine Gras-

klimatiſchen Verhältniſſe hängen ob von der Umgebung, von
der ganzen Steppe, von der die Meſas ein Teil ſind. Bei
den Wüſten in Afrika oder in Arabien, bei den Llanos in
Südamerika, bei den großen Heiden, die von der Spitze von
Jütland bis zur Mündung der Schelde fortſtreichen, beruht
die feſte Begrenzung der Wüſten, der Llanos, der Heiden
großenteils auf ihrer unermeßlichen Ausdehnung, auf der
Kahlheit dieſer Landſtriche infolge einer Umwälzung, welche
den früheren Pflanzenwuchs unſeres Planeten vernichtet hat.
Durch ihre Ausdehnung, ihr ununterbrochenes Fortſtreichen
und ihre Maſſe widerſtehen ſie dem Eindringen der Kultur,
behalten ſie, als wären ſie in das Land einſchneidende Buchten,
ihren feſten Uferumriß. Ich laſſe mich nicht auf die große
Frage ein, ob in der Sahara, dieſem Mittelmeer von Flug-
ſand, der Keime des organiſchen Lebens heutzutage mehr
werden. Je ausgebreiteter unſere geographiſchen Kenntniſſe
wurden, deſto zahlreicher ſahen wir im öſtlichen Teil der Wüſte
grüne Eilande, mit Palmen bedeckte Oaſen zu Archipelen ſich
zuſammendrängen und den Karawanen ihre Häfen öffnen;
wir wiſſen aber nicht, ob ſeit Herodots Tode der Umriß der
Oaſe nicht fortwährend derſelbe geblieben iſt. Unſere Ge-
ſchichtsbücher ſind von zu kurzem Datum und zu unvollſtän-
dig, als daß wir der Natur in ihrem langſamen, ſtetigen
Gange folgen könnten.

Von dieſen völlig öden Räumen, von denen ein gewalt-
ſames Ereignis die Pflanzendecke und die Dammerde weg-
geriſſen hat, von den ſyriſchen und afrikaniſchen Wüſten, die
in ihrem verſteinerten Holz noch die Urkunden der erlittenen
Veränderungen aufweiſen, blicken wir zurück auf die mit
Gräſern bewachſenen Llanos. Hier iſt die Erörterung der
Erſcheinungen dem Kreiſe unſerer täglichen Beobachtungen
näher gerückt. In den amerikaniſchen Steppen angeſiedelte
Landwirte ſind hinſichtlich der Möglichkeit eines umfaſſenderen
Anbaues derſelben ganz zu den Anfichten gekommen, wie ich
ſie aus dem klimatiſchen Einfluſſe der Steppen unter dem
Geſichtspunkte als ununterbrochene Flächen oder Maſſen her-
geleitet habe. Sie haben die Beobachtung gemacht, daß Hei-
den, die rings von angebautem oder mit Holz bewachſenem
Lande umgeben ſind, nicht ſo lange dem Anbau Widerſtand
leiſten, als Striche vom ſelben Umfange, die aber einer weiten
Fläche von gleicher Beſchaffenheit angehören. Die Beobach-
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[260/0268] klimatiſchen Verhältniſſe hängen ob von der Umgebung, von der ganzen Steppe, von der die Meſas ein Teil ſind. Bei den Wüſten in Afrika oder in Arabien, bei den Llanos in Südamerika, bei den großen Heiden, die von der Spitze von Jütland bis zur Mündung der Schelde fortſtreichen, beruht die feſte Begrenzung der Wüſten, der Llanos, der Heiden großenteils auf ihrer unermeßlichen Ausdehnung, auf der Kahlheit dieſer Landſtriche infolge einer Umwälzung, welche den früheren Pflanzenwuchs unſeres Planeten vernichtet hat. Durch ihre Ausdehnung, ihr ununterbrochenes Fortſtreichen und ihre Maſſe widerſtehen ſie dem Eindringen der Kultur, behalten ſie, als wären ſie in das Land einſchneidende Buchten, ihren feſten Uferumriß. Ich laſſe mich nicht auf die große Frage ein, ob in der Sahara, dieſem Mittelmeer von Flug- ſand, der Keime des organiſchen Lebens heutzutage mehr werden. Je ausgebreiteter unſere geographiſchen Kenntniſſe wurden, deſto zahlreicher ſahen wir im öſtlichen Teil der Wüſte grüne Eilande, mit Palmen bedeckte Oaſen zu Archipelen ſich zuſammendrängen und den Karawanen ihre Häfen öffnen; wir wiſſen aber nicht, ob ſeit Herodots Tode der Umriß der Oaſe nicht fortwährend derſelbe geblieben iſt. Unſere Ge- ſchichtsbücher ſind von zu kurzem Datum und zu unvollſtän- dig, als daß wir der Natur in ihrem langſamen, ſtetigen Gange folgen könnten. Von dieſen völlig öden Räumen, von denen ein gewalt- ſames Ereignis die Pflanzendecke und die Dammerde weg- geriſſen hat, von den ſyriſchen und afrikaniſchen Wüſten, die in ihrem verſteinerten Holz noch die Urkunden der erlittenen Veränderungen aufweiſen, blicken wir zurück auf die mit Gräſern bewachſenen Llanos. Hier iſt die Erörterung der Erſcheinungen dem Kreiſe unſerer täglichen Beobachtungen näher gerückt. In den amerikaniſchen Steppen angeſiedelte Landwirte ſind hinſichtlich der Möglichkeit eines umfaſſenderen Anbaues derſelben ganz zu den Anfichten gekommen, wie ich ſie aus dem klimatiſchen Einfluſſe der Steppen unter dem Geſichtspunkte als ununterbrochene Flächen oder Maſſen her- geleitet habe. Sie haben die Beobachtung gemacht, daß Hei- den, die rings von angebautem oder mit Holz bewachſenem Lande umgeben ſind, nicht ſo lange dem Anbau Widerſtand leiſten, als Striche vom ſelben Umfange, die aber einer weiten Fläche von gleicher Beſchaffenheit angehören. Die Beobach- tung iſt richtig, ob nun das eingeſchloſſene Stück eine Gras-

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 4. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial04_1859/268>, abgerufen am 22.11.2024.