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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 4. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.

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mit Kakao beladen und trieb Schleichhandel mit der Insel
Trinidad. Gerade deshalb glaubte der Eigner von den
feindlichen Fahrzeugen, welche damals alle spanischen Häfen
blockierten, nichts zu fürchten zu haben. Wir schifften unsere
Pflanzensammlungen, unsere Instrumente und unsere Affen
ein und hofften bei herrlichem Wetter eine ganz kurze Ueber-
fahrt von der Mündung des Rio Neveri nach Cumana zu
haben; aber kaum waren wir im engen Kanal zwischen dem
Festland und den Felseneilanden Borracha und Chimanas, so
stießen wir zu unserer großen Ueberraschung auf ein bewaff-
netes Fahrzeug, das uns anrief und zugleich auf große Ent-
fernung einige Flintenschüsse auf uns abfeuerte. Es waren
Matrosen, die zu einem Kaper aus Halifax gehörten, und
unter ihnen erkannte ich an der Gesichtsbildung und der
Mundart einen Preußen, aus Memel gebürtig. Seit ich in
Amerika war, hatte ich nicht mehr Gelegenheit gehabt, meine
Muttersprache zu sprechen, und ich hätte mir wohl einen er-
freulicheren Anlaß dazu gewünscht. Unser Protestieren half
nichts und man brachte uns an Bord des Kapers, der that,
als ob er von den Pässen, die der Gouverneur von Trinidad
für den Schmuggel ausstellte, nichts wüßte, und uns für
gute Prise erklärte. Da ich mich im Englischen ziemlich fertig
ausdrücke, so ließ ich mich mit dem Kapitän in Unterhand-
lungen ein, um nicht nach Neuschottland gebracht zu werden;
ich bat ihn, mich an der nahen Küste ans Land zu setzen.
Während ich in der Kajüte meine und des Eigners des
Kanoes Rechte zu verfechten suchte, hörte ich Lärm auf dem
Verdeck. Einer kam und sagte dem Kapitän etwas ins Ohr.
Dieser schien bestürzt und ging hinaus. Zu unserem Glück
kreuzte auch eine englische Korvette (die Sloop Hawk) in
diesen Gewässern. Sie hatte durch Signale den Kapitän
des Kapers zu sich gerufen, und da dieser sich nicht beeilte
Folge zu leisten, feuerte sie eine Kanone ab und schickte einen
Midshipman zu uns an Bord. Dieser war ein sehr artiger
junger Mann und machte mir Hoffnung, daß man das Kanoe
mit Kakao herausgeben und uns des anderen Tages werde weiter
fahren lassen. Er schlug mir zugleich vor, mit ihm zu gehen,
mit der Versicherung, sein Kommandant, Kapitän Garnier von
der königlichen Marine, werde mir ein angenehmeres Nacht-
lager anbieten, als ich auf einem Fahrzeug aus Halifax fände.

Ich nahm das freundliche Anerbieten an und wurde von
Kapitän Garnier aufs höflichste aufgenommen. Er hatte mit

mit Kakao beladen und trieb Schleichhandel mit der Inſel
Trinidad. Gerade deshalb glaubte der Eigner von den
feindlichen Fahrzeugen, welche damals alle ſpaniſchen Häfen
blockierten, nichts zu fürchten zu haben. Wir ſchifften unſere
Pflanzenſammlungen, unſere Inſtrumente und unſere Affen
ein und hofften bei herrlichem Wetter eine ganz kurze Ueber-
fahrt von der Mündung des Rio Neveri nach Cumana zu
haben; aber kaum waren wir im engen Kanal zwiſchen dem
Feſtland und den Felſeneilanden Borracha und Chimanas, ſo
ſtießen wir zu unſerer großen Ueberraſchung auf ein bewaff-
netes Fahrzeug, das uns anrief und zugleich auf große Ent-
fernung einige Flintenſchüſſe auf uns abfeuerte. Es waren
Matroſen, die zu einem Kaper aus Halifax gehörten, und
unter ihnen erkannte ich an der Geſichtsbildung und der
Mundart einen Preußen, aus Memel gebürtig. Seit ich in
Amerika war, hatte ich nicht mehr Gelegenheit gehabt, meine
Mutterſprache zu ſprechen, und ich hätte mir wohl einen er-
freulicheren Anlaß dazu gewünſcht. Unſer Proteſtieren half
nichts und man brachte uns an Bord des Kapers, der that,
als ob er von den Päſſen, die der Gouverneur von Trinidad
für den Schmuggel ausſtellte, nichts wüßte, und uns für
gute Priſe erklärte. Da ich mich im Engliſchen ziemlich fertig
ausdrücke, ſo ließ ich mich mit dem Kapitän in Unterhand-
lungen ein, um nicht nach Neuſchottland gebracht zu werden;
ich bat ihn, mich an der nahen Küſte ans Land zu ſetzen.
Während ich in der Kajüte meine und des Eigners des
Kanoes Rechte zu verfechten ſuchte, hörte ich Lärm auf dem
Verdeck. Einer kam und ſagte dem Kapitän etwas ins Ohr.
Dieſer ſchien beſtürzt und ging hinaus. Zu unſerem Glück
kreuzte auch eine engliſche Korvette (die Sloop Hawk) in
dieſen Gewäſſern. Sie hatte durch Signale den Kapitän
des Kapers zu ſich gerufen, und da dieſer ſich nicht beeilte
Folge zu leiſten, feuerte ſie eine Kanone ab und ſchickte einen
Midſhipman zu uns an Bord. Dieſer war ein ſehr artiger
junger Mann und machte mir Hoffnung, daß man das Kanoe
mit Kakao herausgeben und uns des anderen Tages werde weiter
fahren laſſen. Er ſchlug mir zugleich vor, mit ihm zu gehen,
mit der Verſicherung, ſein Kommandant, Kapitän Garnier von
der königlichen Marine, werde mir ein angenehmeres Nacht-
lager anbieten, als ich auf einem Fahrzeug aus Halifax fände.

Ich nahm das freundliche Anerbieten an und wurde von
Kapitän Garnier aufs höflichſte aufgenommen. Er hatte mit

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[272/0280] mit Kakao beladen und trieb Schleichhandel mit der Inſel Trinidad. Gerade deshalb glaubte der Eigner von den feindlichen Fahrzeugen, welche damals alle ſpaniſchen Häfen blockierten, nichts zu fürchten zu haben. Wir ſchifften unſere Pflanzenſammlungen, unſere Inſtrumente und unſere Affen ein und hofften bei herrlichem Wetter eine ganz kurze Ueber- fahrt von der Mündung des Rio Neveri nach Cumana zu haben; aber kaum waren wir im engen Kanal zwiſchen dem Feſtland und den Felſeneilanden Borracha und Chimanas, ſo ſtießen wir zu unſerer großen Ueberraſchung auf ein bewaff- netes Fahrzeug, das uns anrief und zugleich auf große Ent- fernung einige Flintenſchüſſe auf uns abfeuerte. Es waren Matroſen, die zu einem Kaper aus Halifax gehörten, und unter ihnen erkannte ich an der Geſichtsbildung und der Mundart einen Preußen, aus Memel gebürtig. Seit ich in Amerika war, hatte ich nicht mehr Gelegenheit gehabt, meine Mutterſprache zu ſprechen, und ich hätte mir wohl einen er- freulicheren Anlaß dazu gewünſcht. Unſer Proteſtieren half nichts und man brachte uns an Bord des Kapers, der that, als ob er von den Päſſen, die der Gouverneur von Trinidad für den Schmuggel ausſtellte, nichts wüßte, und uns für gute Priſe erklärte. Da ich mich im Engliſchen ziemlich fertig ausdrücke, ſo ließ ich mich mit dem Kapitän in Unterhand- lungen ein, um nicht nach Neuſchottland gebracht zu werden; ich bat ihn, mich an der nahen Küſte ans Land zu ſetzen. Während ich in der Kajüte meine und des Eigners des Kanoes Rechte zu verfechten ſuchte, hörte ich Lärm auf dem Verdeck. Einer kam und ſagte dem Kapitän etwas ins Ohr. Dieſer ſchien beſtürzt und ging hinaus. Zu unſerem Glück kreuzte auch eine engliſche Korvette (die Sloop Hawk) in dieſen Gewäſſern. Sie hatte durch Signale den Kapitän des Kapers zu ſich gerufen, und da dieſer ſich nicht beeilte Folge zu leiſten, feuerte ſie eine Kanone ab und ſchickte einen Midſhipman zu uns an Bord. Dieſer war ein ſehr artiger junger Mann und machte mir Hoffnung, daß man das Kanoe mit Kakao herausgeben und uns des anderen Tages werde weiter fahren laſſen. Er ſchlug mir zugleich vor, mit ihm zu gehen, mit der Verſicherung, ſein Kommandant, Kapitän Garnier von der königlichen Marine, werde mir ein angenehmeres Nacht- lager anbieten, als ich auf einem Fahrzeug aus Halifax fände. Ich nahm das freundliche Anerbieten an und wurde von Kapitän Garnier aufs höflichſte aufgenommen. Er hatte mit

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 4. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial04_1859/280>, abgerufen am 22.11.2024.