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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 4. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.

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enthaltsort gilt, so kommt dies nur vom Mangel an Anbau,
von der Entlegenheit von allen bewohnten Landstrichen und
von der furchtbaren Menge der Moskiten. Die Lage der
Mission ist ungemein malerisch, das Land umher äußerst
freundlich und sehr fruchtbar. Nie habe ich so gewaltig große
Bananenbüschel gesehen; Indigo, Zucker, Kakao kämen vor-
trefflich fort, aber man mag sich nicht die Mühe geben, sie
zu bauen. Um den Cerro Duida herum gibt es schöne Wei-
den, und wenn die Observanten aus dem Kollegium von
Piritu nur etwas von der Betriebsamkeit der katalonischen
Kapuziner von Carony hätten, so liefen zwischen dem Cunu-
cunumo und Padamo zahlreiche Herden. Wie die Sachen
jetzt stehen, ist keine Kuh, kein Pferd vorhanden und die Ein-
wohner haben oft, zur Buße ihrer Faulheit, nichts zu essen
als Schinken von Brüllaffen und das Mehl von Fischknochen,
von dem in der Folge die Rede sein wird. Man baut nur
etwas Maniok und Bananen; und wenn der Fischfang nicht
reichlich ausfällt, so ist die Bevölkerung eines von der Natur so
hoch begünstigten Landes dem grausamsten Mangel preisgegeben.

Da die wenigsten Kanoen, die vom Rio Negro über den
Cassiquiare nach Angustora gehen, nicht gerne nach Esmeralda
hinauffahren, so läge die Mission weit besser an der Stelle,
wo der Orinoko sich gabelt. Sicher wird dieses große Land
nicht immer so verwahrlost bleiben wie bisher, da die Un-
vernunft des Mönchsregiments und der Geist des Monopols,
der nun einmal allen Körperschaften eigen ist, es niederhielten;
ja es läßt sich voraussagen, an welchen Punkten des Ori-
noko Gewerbfleiß und Handel sich am kräftigsten entwickeln
werden. Unter allen Himmelsstrichen drängt sich die Bevöl-
kerung vorzüglich an den Mündungen der Nebenflüsse zusammen.
Durch den Rio Apure, auf dem die Erzeugnisse der Provinzen
Varidas und Merida ausgeführt werden, muß die kleine Stadt
Cabruta eine große Bedeutung erhalten; sie wird mit San
Fernando de Apure konkurrieren, wo bis jetzt der ganze
Handel konzentriert war. Weiter oben wird sich eine neue
Niederlassung am Einfluß des Meta bilden, der über die
Llanos am Casanare mit Neugranada in Verbindung steht.
Die zwei Missionen bei den Katarakten werden sich vergrößern,
weil diese Punkte durch den Transport der Pirogen sehr
lebhaft werden müssen; denn das ungesunde, nasse Klima und
die furchtbare Menge der Moskiten werden dem Fortschritt
der Kultur am Orinoko so wenig Einhalt thun als am Mag-

enthaltsort gilt, ſo kommt dies nur vom Mangel an Anbau,
von der Entlegenheit von allen bewohnten Landſtrichen und
von der furchtbaren Menge der Moskiten. Die Lage der
Miſſion iſt ungemein maleriſch, das Land umher äußerſt
freundlich und ſehr fruchtbar. Nie habe ich ſo gewaltig große
Bananenbüſchel geſehen; Indigo, Zucker, Kakao kämen vor-
trefflich fort, aber man mag ſich nicht die Mühe geben, ſie
zu bauen. Um den Cerro Duida herum gibt es ſchöne Wei-
den, und wenn die Obſervanten aus dem Kollegium von
Piritu nur etwas von der Betriebſamkeit der kataloniſchen
Kapuziner von Carony hätten, ſo liefen zwiſchen dem Cunu-
cunumo und Padamo zahlreiche Herden. Wie die Sachen
jetzt ſtehen, iſt keine Kuh, kein Pferd vorhanden und die Ein-
wohner haben oft, zur Buße ihrer Faulheit, nichts zu eſſen
als Schinken von Brüllaffen und das Mehl von Fiſchknochen,
von dem in der Folge die Rede ſein wird. Man baut nur
etwas Maniok und Bananen; und wenn der Fiſchfang nicht
reichlich ausfällt, ſo iſt die Bevölkerung eines von der Natur ſo
hoch begünſtigten Landes dem grauſamſten Mangel preisgegeben.

Da die wenigſten Kanoen, die vom Rio Negro über den
Caſſiquiare nach Anguſtora gehen, nicht gerne nach Esmeralda
hinauffahren, ſo läge die Miſſion weit beſſer an der Stelle,
wo der Orinoko ſich gabelt. Sicher wird dieſes große Land
nicht immer ſo verwahrloſt bleiben wie bisher, da die Un-
vernunft des Mönchsregiments und der Geiſt des Monopols,
der nun einmal allen Körperſchaften eigen iſt, es niederhielten;
ja es läßt ſich vorausſagen, an welchen Punkten des Ori-
noko Gewerbfleiß und Handel ſich am kräftigſten entwickeln
werden. Unter allen Himmelsſtrichen drängt ſich die Bevöl-
kerung vorzüglich an den Mündungen der Nebenflüſſe zuſammen.
Durch den Rio Apure, auf dem die Erzeugniſſe der Provinzen
Varidas und Merida ausgeführt werden, muß die kleine Stadt
Cabruta eine große Bedeutung erhalten; ſie wird mit San
Fernando de Apure konkurrieren, wo bis jetzt der ganze
Handel konzentriert war. Weiter oben wird ſich eine neue
Niederlaſſung am Einfluß des Meta bilden, der über die
Llanos am Caſanare mit Neugranada in Verbindung ſteht.
Die zwei Miſſionen bei den Katarakten werden ſich vergrößern,
weil dieſe Punkte durch den Transport der Pirogen ſehr
lebhaft werden müſſen; denn das ungeſunde, naſſe Klima und
die furchtbare Menge der Moskiten werden dem Fortſchritt
der Kultur am Orinoko ſo wenig Einhalt thun als am Mag-

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[59/0067] enthaltsort gilt, ſo kommt dies nur vom Mangel an Anbau, von der Entlegenheit von allen bewohnten Landſtrichen und von der furchtbaren Menge der Moskiten. Die Lage der Miſſion iſt ungemein maleriſch, das Land umher äußerſt freundlich und ſehr fruchtbar. Nie habe ich ſo gewaltig große Bananenbüſchel geſehen; Indigo, Zucker, Kakao kämen vor- trefflich fort, aber man mag ſich nicht die Mühe geben, ſie zu bauen. Um den Cerro Duida herum gibt es ſchöne Wei- den, und wenn die Obſervanten aus dem Kollegium von Piritu nur etwas von der Betriebſamkeit der kataloniſchen Kapuziner von Carony hätten, ſo liefen zwiſchen dem Cunu- cunumo und Padamo zahlreiche Herden. Wie die Sachen jetzt ſtehen, iſt keine Kuh, kein Pferd vorhanden und die Ein- wohner haben oft, zur Buße ihrer Faulheit, nichts zu eſſen als Schinken von Brüllaffen und das Mehl von Fiſchknochen, von dem in der Folge die Rede ſein wird. Man baut nur etwas Maniok und Bananen; und wenn der Fiſchfang nicht reichlich ausfällt, ſo iſt die Bevölkerung eines von der Natur ſo hoch begünſtigten Landes dem grauſamſten Mangel preisgegeben. Da die wenigſten Kanoen, die vom Rio Negro über den Caſſiquiare nach Anguſtora gehen, nicht gerne nach Esmeralda hinauffahren, ſo läge die Miſſion weit beſſer an der Stelle, wo der Orinoko ſich gabelt. Sicher wird dieſes große Land nicht immer ſo verwahrloſt bleiben wie bisher, da die Un- vernunft des Mönchsregiments und der Geiſt des Monopols, der nun einmal allen Körperſchaften eigen iſt, es niederhielten; ja es läßt ſich vorausſagen, an welchen Punkten des Ori- noko Gewerbfleiß und Handel ſich am kräftigſten entwickeln werden. Unter allen Himmelsſtrichen drängt ſich die Bevöl- kerung vorzüglich an den Mündungen der Nebenflüſſe zuſammen. Durch den Rio Apure, auf dem die Erzeugniſſe der Provinzen Varidas und Merida ausgeführt werden, muß die kleine Stadt Cabruta eine große Bedeutung erhalten; ſie wird mit San Fernando de Apure konkurrieren, wo bis jetzt der ganze Handel konzentriert war. Weiter oben wird ſich eine neue Niederlaſſung am Einfluß des Meta bilden, der über die Llanos am Caſanare mit Neugranada in Verbindung ſteht. Die zwei Miſſionen bei den Katarakten werden ſich vergrößern, weil dieſe Punkte durch den Transport der Pirogen ſehr lebhaft werden müſſen; denn das ungeſunde, naſſe Klima und die furchtbare Menge der Moskiten werden dem Fortſchritt der Kultur am Orinoko ſo wenig Einhalt thun als am Mag-

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 4. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial04_1859/67>, abgerufen am 24.11.2024.