Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 4. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.hülle. Die Kapuzineraffen (Simia chiropotes) lieben ungemein hülle. Die Kapuzineraffen (Simia chiropotes) lieben ungemein <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0082" n="74"/> hülle. Die Kapuzineraffen (<hi rendition="#aq">Simia chiropotes</hi>) lieben ungemein<lb/> die „braſilianiſchen Kaſtanien“, und ſchon das Raſſeln der<lb/> Samen, wenn man die Frucht, wie ſie vom Baum fällt,<lb/> ſchüttelt, macht die Eßluſt dieſer Tiere in hohem Grade rege.<lb/> Meiſt habe ich nur 15 bis 22 Nüſſe in einer Frucht gefunden.<lb/> Der zweite Ueberzug der Mandeln iſt häutig und braungelb.<lb/> Der Geſchmack derſelben iſt ſehr angenehm, ſolange ſie friſch<lb/> ſind; aber das ſehr reichliche Oel, durch das ſie ökonomiſch<lb/> ſo nützlich werden, wird leicht ranzig. Wir haben am oberen<lb/> Orinoko häufig, weil ſonſt nichts zu haben war, dieſe Mandel<lb/> in bedeutender Menge gegeſſen und nie einen Nachteil davon<lb/> empfunden. Die kugelige Fruchthülle der Bertholletia iſt oben<lb/> durchbohrt, ſpringt aber nicht auf; das obere bauchige Ende<lb/> des Säulchens bildet allerdings (nach Kunth) eine Art inneren<lb/> Deckel, wie bei der Frucht der Lecythis, aber er öffnet ſich<lb/> nicht wohl von ſelbſt. Viele Samen verlieren durch die Zer-<lb/> ſetzung des Oels in den Samenlappen die Keimkraft, bevor<lb/> in der Regenzeit die Holzkapſel der Fruchthülle infolge der<lb/> Fäulnis aufgeht. Nach einem am unteren Orinoko weit ver-<lb/> breiteten Märchen ſetzen ſich die Kapuziner- und Cacajaoaffen<lb/> (<hi rendition="#aq">Simia chiropotes</hi> und <hi rendition="#aq">Simia melanocephala</hi>) im Kreis um-<lb/> her, klopfen mit einem Stein auf die Frucht und zerſchlagen<lb/> ſie wirklich, ſo daß ſie zu den dreieckigen Mandeln kommen<lb/> können. Dies wäre wegen der ausnehmenden Härte und<lb/> Dicke der Fruchthülle geradezu unmöglich. Man mag geſehen<lb/> haben, wie Affen die Früchte der Bertholletia am Boden rollten,<lb/> und dieſelben haben zwar ein kleines Loch, an welches das obere<lb/> Ende des Säulchens befeſtigt iſt, aber die Natur hat es den<lb/> Affen nicht ſo leicht gemacht, die holzige Fruchthülle der Ju-<lb/> via zu öffnen, wie bei der Lecythis, wo ſie den Deckel ab-<lb/> nehmen, der in den Miſſionen <hi rendition="#aq">la tapa</hi> (Deckel) <hi rendition="#aq">del coca de<lb/> monos</hi> heißt. Nach der Ausſage mehrerer ſehr glaubwürdiger<lb/> Indianer gelingt es nur den kleinen Nagern, namentlich den<lb/> Aguti (<hi rendition="#aq">Cavia Aguti, Cavia Paca</hi>), vermöge des Baues<lb/> ihrer Zähne und der unglaublichen Ausdauer, mit der ſie<lb/> ihrem Zerſtörungswerk obliegen, die Frucht der Bertholletia<lb/> zu durchbohren. Sobald die dreieckigen Nüſſe auf den Boden<lb/> ausgeſtreut ſind, kommen alle Tiere des Waldes herbeigeeilt;<lb/> Affen, Manaviri, Eichhörner, Aguti, Papageien und Ara<lb/> ſtreiten ſich um die Beute. Sie ſind alle ſtark genug, um den<lb/> holzigen Ueberzug des Samens zu zerbrechen; ſie nehmen die<lb/> Mandel heraus und klettern damit auf die Bäume. „So haben ſie<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [74/0082]
hülle. Die Kapuzineraffen (Simia chiropotes) lieben ungemein
die „braſilianiſchen Kaſtanien“, und ſchon das Raſſeln der
Samen, wenn man die Frucht, wie ſie vom Baum fällt,
ſchüttelt, macht die Eßluſt dieſer Tiere in hohem Grade rege.
Meiſt habe ich nur 15 bis 22 Nüſſe in einer Frucht gefunden.
Der zweite Ueberzug der Mandeln iſt häutig und braungelb.
Der Geſchmack derſelben iſt ſehr angenehm, ſolange ſie friſch
ſind; aber das ſehr reichliche Oel, durch das ſie ökonomiſch
ſo nützlich werden, wird leicht ranzig. Wir haben am oberen
Orinoko häufig, weil ſonſt nichts zu haben war, dieſe Mandel
in bedeutender Menge gegeſſen und nie einen Nachteil davon
empfunden. Die kugelige Fruchthülle der Bertholletia iſt oben
durchbohrt, ſpringt aber nicht auf; das obere bauchige Ende
des Säulchens bildet allerdings (nach Kunth) eine Art inneren
Deckel, wie bei der Frucht der Lecythis, aber er öffnet ſich
nicht wohl von ſelbſt. Viele Samen verlieren durch die Zer-
ſetzung des Oels in den Samenlappen die Keimkraft, bevor
in der Regenzeit die Holzkapſel der Fruchthülle infolge der
Fäulnis aufgeht. Nach einem am unteren Orinoko weit ver-
breiteten Märchen ſetzen ſich die Kapuziner- und Cacajaoaffen
(Simia chiropotes und Simia melanocephala) im Kreis um-
her, klopfen mit einem Stein auf die Frucht und zerſchlagen
ſie wirklich, ſo daß ſie zu den dreieckigen Mandeln kommen
können. Dies wäre wegen der ausnehmenden Härte und
Dicke der Fruchthülle geradezu unmöglich. Man mag geſehen
haben, wie Affen die Früchte der Bertholletia am Boden rollten,
und dieſelben haben zwar ein kleines Loch, an welches das obere
Ende des Säulchens befeſtigt iſt, aber die Natur hat es den
Affen nicht ſo leicht gemacht, die holzige Fruchthülle der Ju-
via zu öffnen, wie bei der Lecythis, wo ſie den Deckel ab-
nehmen, der in den Miſſionen la tapa (Deckel) del coca de
monos heißt. Nach der Ausſage mehrerer ſehr glaubwürdiger
Indianer gelingt es nur den kleinen Nagern, namentlich den
Aguti (Cavia Aguti, Cavia Paca), vermöge des Baues
ihrer Zähne und der unglaublichen Ausdauer, mit der ſie
ihrem Zerſtörungswerk obliegen, die Frucht der Bertholletia
zu durchbohren. Sobald die dreieckigen Nüſſe auf den Boden
ausgeſtreut ſind, kommen alle Tiere des Waldes herbeigeeilt;
Affen, Manaviri, Eichhörner, Aguti, Papageien und Ara
ſtreiten ſich um die Beute. Sie ſind alle ſtark genug, um den
holzigen Ueberzug des Samens zu zerbrechen; ſie nehmen die
Mandel heraus und klettern damit auf die Bäume. „So haben ſie
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