Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 4. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.in gebirgigem Land auf einem tief eingeschnittenen Flusse Die Guaharibos blancos haben über den Katarakt aus Im Felsdamm, der über den Orinoko läuft und den in gebirgigem Land auf einem tief eingeſchnittenen Fluſſe Die Guaharibos blancos haben über den Katarakt aus Im Felsdamm, der über den Orinoko läuft und den <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0092" n="84"/> in gebirgigem Land auf einem tief eingeſchnittenen Fluſſe<lb/> weiter gegen Oſt hinaufzugehen.</p><lb/> <p>Die Guaharibos blancos haben über den Katarakt aus<lb/> Lianen eine Brücke geſchlagen, die an den Felſen befeſtigt iſt,<lb/> welche ſich, wie meiſtens in den <hi rendition="#g">Pongos</hi> im oberen Marañon,<lb/> mitten aus dem Flußbett erheben. Dieſe Brücke, die ſämt-<lb/> liche Einwohner in Esmeralda wohl kennen, ſcheint zu be-<lb/> weiſen, daß der Orinoko an dieſer Stelle bereits ziemlich<lb/> ſchmal iſt. Die Indianer geben ſeine Breite meiſt nur zu<lb/> 65 bis 100 <hi rendition="#aq">m</hi> an; ſie behaupten, oberhalb des Raudals der<lb/> Guaharibos ſei der Orinoko kein Fluß mehr, ſondern ein<lb/><hi rendition="#aq">Riachuelo</hi> (ein Bergwaſſer), wogegen ein ſehr unterrichteter<lb/> Geiſtlicher, Fray Juan Gonzales, der das Land beſucht hat,<lb/> mich verſicherte, da, wo man den weiteren Lauf des Orinoko<lb/> nicht mehr kenne, ſei er immer noch zu zwei Dritteilen ſo<lb/> breit als der Rio Negro bei San Carlos. Letztere Angabe<lb/> ſcheint mir unwahrſcheinlicher; ich gebe aber nur wieder, was<lb/> ich in Erfahrung bringen konnte, und ſpreche über nichts ab.<lb/> Nach den vielen Meſſungen, die ich vorgenommen, weiß ich<lb/> gut, wie leicht man ſich hinſichtlich der Größe der Flußbetten<lb/> irren kann. Ueberall erſcheinen die Flüſſe breiter oder ſchmaler,<lb/> je nachdem ſie von Bergen oder von Ebenen umgeben, frei<lb/> oder voll Riffen, von Regengüſſen geſchwellt oder nach langer<lb/> Trockenheit waſſerarm ſind. Es verhält ſich übrigens mit<lb/> dem Orinoko wie mit dem Ganges, deſſen Lauf nordwärts<lb/> von Gangotra nicht bekannt iſt; auch hier glaubt man wegen<lb/> der geringen Breite des Fluſſes, der Punkt könne nicht weit<lb/> von der Quelle liegen.</p><lb/> <p>Im Felsdamm, der über den Orinoko läuft und den<lb/> Raudal der Guaharibos bildet, wollen ſpaniſche Soldaten die<lb/> ſchöne Art Sauſſurit (den Amazonenſtein), von dem oben die<lb/> Rede war, gefunden haben. Es iſt dies eine ſehr zweifel-<lb/> hafte Geſchichte, und die Indianer, die ich darüber befragt,<lb/> verſicherten mich, die grünen Steine, die man in Esmeralda<lb/><hi rendition="#aq">Piedras de Macagua</hi> nennt, ſeien von den Guaica und<lb/> Guaharibos gekauft, die mit viel weiter oſtwärts lebenden<lb/> Horden Handel treiben. Es geht mit dieſen Steinen wie<lb/> mit ſo vielen anderen koſtbaren Produkten beider Indien.<lb/> An den Küſten, einige hundert Meilen weit weg, nennt man<lb/> das Land, wo ſie vorkommen, mit voller Beſtimmtheit; kommt<lb/> man aber mit Mühe und Not in dieſes Land, ſo zeigt es<lb/> ſich, daß die Eingeborenen das Ding, das man ſucht, nicht<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [84/0092]
in gebirgigem Land auf einem tief eingeſchnittenen Fluſſe
weiter gegen Oſt hinaufzugehen.
Die Guaharibos blancos haben über den Katarakt aus
Lianen eine Brücke geſchlagen, die an den Felſen befeſtigt iſt,
welche ſich, wie meiſtens in den Pongos im oberen Marañon,
mitten aus dem Flußbett erheben. Dieſe Brücke, die ſämt-
liche Einwohner in Esmeralda wohl kennen, ſcheint zu be-
weiſen, daß der Orinoko an dieſer Stelle bereits ziemlich
ſchmal iſt. Die Indianer geben ſeine Breite meiſt nur zu
65 bis 100 m an; ſie behaupten, oberhalb des Raudals der
Guaharibos ſei der Orinoko kein Fluß mehr, ſondern ein
Riachuelo (ein Bergwaſſer), wogegen ein ſehr unterrichteter
Geiſtlicher, Fray Juan Gonzales, der das Land beſucht hat,
mich verſicherte, da, wo man den weiteren Lauf des Orinoko
nicht mehr kenne, ſei er immer noch zu zwei Dritteilen ſo
breit als der Rio Negro bei San Carlos. Letztere Angabe
ſcheint mir unwahrſcheinlicher; ich gebe aber nur wieder, was
ich in Erfahrung bringen konnte, und ſpreche über nichts ab.
Nach den vielen Meſſungen, die ich vorgenommen, weiß ich
gut, wie leicht man ſich hinſichtlich der Größe der Flußbetten
irren kann. Ueberall erſcheinen die Flüſſe breiter oder ſchmaler,
je nachdem ſie von Bergen oder von Ebenen umgeben, frei
oder voll Riffen, von Regengüſſen geſchwellt oder nach langer
Trockenheit waſſerarm ſind. Es verhält ſich übrigens mit
dem Orinoko wie mit dem Ganges, deſſen Lauf nordwärts
von Gangotra nicht bekannt iſt; auch hier glaubt man wegen
der geringen Breite des Fluſſes, der Punkt könne nicht weit
von der Quelle liegen.
Im Felsdamm, der über den Orinoko läuft und den
Raudal der Guaharibos bildet, wollen ſpaniſche Soldaten die
ſchöne Art Sauſſurit (den Amazonenſtein), von dem oben die
Rede war, gefunden haben. Es iſt dies eine ſehr zweifel-
hafte Geſchichte, und die Indianer, die ich darüber befragt,
verſicherten mich, die grünen Steine, die man in Esmeralda
Piedras de Macagua nennt, ſeien von den Guaica und
Guaharibos gekauft, die mit viel weiter oſtwärts lebenden
Horden Handel treiben. Es geht mit dieſen Steinen wie
mit ſo vielen anderen koſtbaren Produkten beider Indien.
An den Küſten, einige hundert Meilen weit weg, nennt man
das Land, wo ſie vorkommen, mit voller Beſtimmtheit; kommt
man aber mit Mühe und Not in dieſes Land, ſo zeigt es
ſich, daß die Eingeborenen das Ding, das man ſucht, nicht
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