Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 4. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.einmal dem Namen nach kennen. Man könnte glauben, die Ich gebe hier einigen Aufschluß über die Indianerstämme einmal dem Namen nach kennen. Man könnte glauben, die Ich gebe hier einigen Aufſchluß über die Indianerſtämme <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0093" n="85"/> einmal dem Namen nach kennen. Man könnte glauben, die<lb/> Amulette aus Sauſſurit, die man bei den Indianern am Rio<lb/> Negro gefunden, kommen vom unteren Amazonenſtrom, und<lb/> die, welche man über die Miſſionen am oberen Orinoko und<lb/> Rio Carony bezieht, aus einem Landſtrich zwiſchen den Quellen<lb/> des Eſſequibo und des Rio Branco. Indeſſen haben weder der<lb/> Chirurg Hortsmann, ein geborener Hildesheimer, noch Don<lb/> Antonio Santos, deſſen Reiſetagebuch mir zu Gebote ſtand,<lb/> den Amazonenſtein auf der Lagerſtätte geſehen, und es iſt<lb/> eine ganz grundloſe, obgleich in Angoſtura ſtark verbreitete<lb/> Meinung, dieſer Stein komme in weichem, teigigem Zuſtand<lb/> aus dem kleinen See Amucu, aus dem man die <hi rendition="#g">Laguna<lb/> del Dorado</hi> gemacht hat. So iſt denn in dieſem öſtlichen<lb/> Strich von Amerika noch eine ſchöne geognoſtiſche Entdeckung<lb/> zu machen, nämlich im Urgebirge ein Euphotidgeſtein (Gabbro)<lb/> aufzufinden, das die <hi rendition="#aq">Piedra de Mecagua</hi> enthält.</p><lb/> <p>Ich gebe hier einigen Aufſchluß über die Indianerſtämme<lb/> von weißlicher Hautfarbe und ſehr kleinem Wuchs, die alte<lb/> Sagen ſeit Jahrhunderten an die Quellen des Orinoko ſetzen.<lb/> Ich hatte Gelegenheit, in Esmeralda einige zu ſehen, und<lb/> kann verſichern, daß man die Kleinheit der Guaica und<lb/> die Weiße der Guaharibos, die Pater Caulin <hi rendition="#aq">Guaribos<lb/> blancos</hi> nennt, in gleichem Maße übertrieben hat. Die<lb/> Guaica, die ich gemeſſen, meſſen im Durchſchnitt 1486<lb/> bis 1513 <hi rendition="#aq">mm</hi>. Man behauptet, der ganze Stamm ſei ſo<lb/> ausnehmend klein; man darf aber nicht vergeſſen, daß das,<lb/> was man hier einen Stamm nennt, im Grunde nur eine<lb/> einzige Familie iſt. Wo alle Vermiſchung mit Fremden aus-<lb/> geſchloſſen iſt, pflanzen ſich Spielarten und Abweichungen<lb/> vom gemeinſamen Typus leichter fort. Nach den Guaica<lb/> ſind die Guainares und die Poignaves die kleinſten unter<lb/> den Indianern. Es iſt ſehr auffallend, daß alle dieſe Völker-<lb/> ſchaften neben den Kariben wohnen, die von ungemein hohem<lb/> Wuchſe ſind. Beide leben im ſelben Klima und haben die-<lb/> ſelben Nahrungsmittel. Es ſind Raſſenſpielarten, deren Bil-<lb/> dung ohne Zweifel weit über die Zeit hinaufreicht, wo dieſe<lb/> Stämme (große und kleine, weißliche und dunkelbraune) ſich<lb/> nebeneinander niedergelaſſen. Die vier weißeſten Nationen<lb/> am oberen Orinoko ſcheinen mir die Guaharibos am Rio<lb/> Gehete, die Guainares am Ocamo, die Guaica am Caño<lb/> Chiguire und die Maquiritares an den Quellen des Padamo,<lb/> des Jao und des Ventuari. Da Eingeborene mit weißlicher<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [85/0093]
einmal dem Namen nach kennen. Man könnte glauben, die
Amulette aus Sauſſurit, die man bei den Indianern am Rio
Negro gefunden, kommen vom unteren Amazonenſtrom, und
die, welche man über die Miſſionen am oberen Orinoko und
Rio Carony bezieht, aus einem Landſtrich zwiſchen den Quellen
des Eſſequibo und des Rio Branco. Indeſſen haben weder der
Chirurg Hortsmann, ein geborener Hildesheimer, noch Don
Antonio Santos, deſſen Reiſetagebuch mir zu Gebote ſtand,
den Amazonenſtein auf der Lagerſtätte geſehen, und es iſt
eine ganz grundloſe, obgleich in Angoſtura ſtark verbreitete
Meinung, dieſer Stein komme in weichem, teigigem Zuſtand
aus dem kleinen See Amucu, aus dem man die Laguna
del Dorado gemacht hat. So iſt denn in dieſem öſtlichen
Strich von Amerika noch eine ſchöne geognoſtiſche Entdeckung
zu machen, nämlich im Urgebirge ein Euphotidgeſtein (Gabbro)
aufzufinden, das die Piedra de Mecagua enthält.
Ich gebe hier einigen Aufſchluß über die Indianerſtämme
von weißlicher Hautfarbe und ſehr kleinem Wuchs, die alte
Sagen ſeit Jahrhunderten an die Quellen des Orinoko ſetzen.
Ich hatte Gelegenheit, in Esmeralda einige zu ſehen, und
kann verſichern, daß man die Kleinheit der Guaica und
die Weiße der Guaharibos, die Pater Caulin Guaribos
blancos nennt, in gleichem Maße übertrieben hat. Die
Guaica, die ich gemeſſen, meſſen im Durchſchnitt 1486
bis 1513 mm. Man behauptet, der ganze Stamm ſei ſo
ausnehmend klein; man darf aber nicht vergeſſen, daß das,
was man hier einen Stamm nennt, im Grunde nur eine
einzige Familie iſt. Wo alle Vermiſchung mit Fremden aus-
geſchloſſen iſt, pflanzen ſich Spielarten und Abweichungen
vom gemeinſamen Typus leichter fort. Nach den Guaica
ſind die Guainares und die Poignaves die kleinſten unter
den Indianern. Es iſt ſehr auffallend, daß alle dieſe Völker-
ſchaften neben den Kariben wohnen, die von ungemein hohem
Wuchſe ſind. Beide leben im ſelben Klima und haben die-
ſelben Nahrungsmittel. Es ſind Raſſenſpielarten, deren Bil-
dung ohne Zweifel weit über die Zeit hinaufreicht, wo dieſe
Stämme (große und kleine, weißliche und dunkelbraune) ſich
nebeneinander niedergelaſſen. Die vier weißeſten Nationen
am oberen Orinoko ſcheinen mir die Guaharibos am Rio
Gehete, die Guainares am Ocamo, die Guaica am Caño
Chiguire und die Maquiritares an den Quellen des Padamo,
des Jao und des Ventuari. Da Eingeborene mit weißlicher
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