Humboldt, Alexander von: Bericht über die Naturhistorischen Reisen der Herren Ehrenberg und Hemprich; durch Ägypten, Dongola, Syrien, Arabien und den östlichen Abfall des Habessinischen Hochlandes, in den Jahren 1820-1825. In: Abhandlungen der Königlichen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, physikalische Klasse. Berlin, 1826, S. 111-134.Reisenden selbst ergründet werden. Die Sitten der Thiere sind nicht minder wichtig, als die Kenntniss ihres Baues, welcher jene Sitten bestimmt. Eine grosse Zahl der feinsten, anatomischen und physiologischen Beobachtungen kann nur an Ort und Stelle gesammelt werden. Die geognostische Kenntniss des Erdkörpers wird nicht durch Einsenden von Mineralien gefördert, die ohne ein leitendes Princip, ohne Hinsicht auf ihre Gruppirungen in Gebirgs- arten, auf ihr relatives Vorwalten, auf ihren Übergang in einander und ihre Altersfolge, an isolirten Felsklippen gebrochen worden sind. Der beobach- tende Geognost allein kann den Fortschritten der Geognosie nützlich werden und eine Wissenschaft, deren wesentlicher Charakter Darstellung des Zu- sammenhangs in den Erscheinungen, Ergründung der Verhältnisse hetero- gener Gebirgsmassen ist, wird aus den thätigen Bemühungen unwissenschaft- licher Sammler nie den Zuwachs erhalten, welchen dieselben Bemühungen dem beschreibenden Theile der Thier- und Pflanzenkunde gewähren. Ehrenberg und Hemprich, auf welche die Wahl der Akademie Reisenden selbst ergründet werden. Die Sitten der Thiere sind nicht minder wichtig, als die Kenntniſs ihres Baues, welcher jene Sitten bestimmt. Eine groſse Zahl der feinsten, anatomischen und physiologischen Beobachtungen kann nur an Ort und Stelle gesammelt werden. Die geognostische Kenntniſs des Erdkörpers wird nicht durch Einsenden von Mineralien gefördert, die ohne ein leitendes Princip, ohne Hinsicht auf ihre Gruppirungen in Gebirgs- arten, auf ihr relatives Vorwalten, auf ihren Übergang in einander und ihre Altersfolge, an isolirten Felsklippen gebrochen worden sind. Der beobach- tende Geognost allein kann den Fortschritten der Geognosie nützlich werden und eine Wissenschaft, deren wesentlicher Charakter Darstellung des Zu- sammenhangs in den Erscheinungen, Ergründung der Verhältnisse hetero- gener Gebirgsmassen ist, wird aus den thätigen Bemühungen unwissenschaft- licher Sammler nie den Zuwachs erhalten, welchen dieselben Bemühungen dem beschreibenden Theile der Thier- und Pflanzenkunde gewähren. Ehrenberg und Hemprich, auf welche die Wahl der Akademie <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0003" n="112"/><fw place="top" type="header"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118554700">A. v. <hi rendition="#k">Humboldt</hi></persName></fw><lb/> Reisenden selbst ergründet werden. Die Sitten der Thiere sind nicht minder<lb/> wichtig, als die Kenntniſs ihres Baues, welcher jene Sitten bestimmt. Eine<lb/> groſse Zahl der feinsten, anatomischen und physiologischen Beobachtungen<lb/> kann nur an Ort und Stelle gesammelt werden. Die geognostische Kenntniſs<lb/> des Erdkörpers wird nicht durch Einsenden von Mineralien gefördert, die<lb/> ohne ein leitendes Princip, ohne Hinsicht auf ihre Gruppirungen in Gebirgs-<lb/> arten, auf ihr relatives Vorwalten, auf ihren Übergang in einander und ihre<lb/> Altersfolge, an isolirten Felsklippen gebrochen worden sind. Der beobach-<lb/> tende Geognost allein kann den Fortschritten der Geognosie nützlich werden<lb/> und eine Wissenschaft, deren wesentlicher Charakter Darstellung des Zu-<lb/> sammenhangs in den Erscheinungen, Ergründung der Verhältnisse hetero-<lb/> gener Gebirgsmassen ist, wird aus den thätigen Bemühungen unwissenschaft-<lb/> licher Sammler nie den Zuwachs erhalten, welchen dieselben Bemühungen<lb/> dem beschreibenden Theile der Thier- und Pflanzenkunde gewähren.</p><lb/> <p><hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118529250">Ehrenberg</persName></hi> und <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/117516376">Hemprich</persName></hi>, auf welche die Wahl der Akademie<lb/> durch mehrere ausgezeichnete Arbeiten geleitet worden war, haben allen den<lb/> Anforderungen, welche man, im gegenwärtigen Zustande der Wissenschaften<lb/> an gelehrte Reisende machen kann, auf das glücklichste entsprochen. Die<lb/> einfache Aufzählung dessen, was beide geleistet, ist der unwiderleglichste<lb/> Beweis davon. Sie haben gesammelt, als wäre Sammeln allein ihr Zweck ge-<lb/> wesen; für Präparation, Aufbewahrung, specifische Benennung der Gegen-<lb/> stände gearbeitet, wie vielleicht, unter ähnlichen Umständen, nie von Reisen-<lb/> den geschehen ist. Die an das Königliche Museum übersandten Gegenstände<lb/> füllten 114 Kisten (zu 20 bis 30 Kubikfuſs) aus. Die Gesammtzahl der auf-<lb/> bewahrten Individuen von Pflanzen übersteigt 46,000, worunter 2900 Arten.<lb/> Die Gesammtzahl der Thiere begreift 34,000 Individuen, worunter 135 ver-<lb/> schiedene Species von Säugethieren, 430 Arten von Vögeln, 546 Fischarten<lb/> und Amphibien, 600 Species von Anneliden und Crustaceen und 2000 In-<lb/> secten-Arten. Die Königliche Mineralien-Sammlung ist mit 300 Stücken<lb/> von Gebirgsarten bereichert worden, die nach ihrer Auf- und Anlagerung<lb/> geordnet, über den innern Bau des Erdkörpers in fernen, geognostisch-<lb/> unentdeckten Ländern ein hohes Licht verbreiten. Aber alle diese Samm-<lb/> lungen von Mineralien, von phanerogamischen und cryptogamischen Gewäch-<lb/> sen (unter denen die erstern allein wahrscheinlich 5 bis 600 unbekannte Arten<lb/> enthalten), von thierischen Bildungen aller Klassen, besonders der unteren,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [112/0003]
A. v. Humboldt
Reisenden selbst ergründet werden. Die Sitten der Thiere sind nicht minder
wichtig, als die Kenntniſs ihres Baues, welcher jene Sitten bestimmt. Eine
groſse Zahl der feinsten, anatomischen und physiologischen Beobachtungen
kann nur an Ort und Stelle gesammelt werden. Die geognostische Kenntniſs
des Erdkörpers wird nicht durch Einsenden von Mineralien gefördert, die
ohne ein leitendes Princip, ohne Hinsicht auf ihre Gruppirungen in Gebirgs-
arten, auf ihr relatives Vorwalten, auf ihren Übergang in einander und ihre
Altersfolge, an isolirten Felsklippen gebrochen worden sind. Der beobach-
tende Geognost allein kann den Fortschritten der Geognosie nützlich werden
und eine Wissenschaft, deren wesentlicher Charakter Darstellung des Zu-
sammenhangs in den Erscheinungen, Ergründung der Verhältnisse hetero-
gener Gebirgsmassen ist, wird aus den thätigen Bemühungen unwissenschaft-
licher Sammler nie den Zuwachs erhalten, welchen dieselben Bemühungen
dem beschreibenden Theile der Thier- und Pflanzenkunde gewähren.
Ehrenberg und Hemprich, auf welche die Wahl der Akademie
durch mehrere ausgezeichnete Arbeiten geleitet worden war, haben allen den
Anforderungen, welche man, im gegenwärtigen Zustande der Wissenschaften
an gelehrte Reisende machen kann, auf das glücklichste entsprochen. Die
einfache Aufzählung dessen, was beide geleistet, ist der unwiderleglichste
Beweis davon. Sie haben gesammelt, als wäre Sammeln allein ihr Zweck ge-
wesen; für Präparation, Aufbewahrung, specifische Benennung der Gegen-
stände gearbeitet, wie vielleicht, unter ähnlichen Umständen, nie von Reisen-
den geschehen ist. Die an das Königliche Museum übersandten Gegenstände
füllten 114 Kisten (zu 20 bis 30 Kubikfuſs) aus. Die Gesammtzahl der auf-
bewahrten Individuen von Pflanzen übersteigt 46,000, worunter 2900 Arten.
Die Gesammtzahl der Thiere begreift 34,000 Individuen, worunter 135 ver-
schiedene Species von Säugethieren, 430 Arten von Vögeln, 546 Fischarten
und Amphibien, 600 Species von Anneliden und Crustaceen und 2000 In-
secten-Arten. Die Königliche Mineralien-Sammlung ist mit 300 Stücken
von Gebirgsarten bereichert worden, die nach ihrer Auf- und Anlagerung
geordnet, über den innern Bau des Erdkörpers in fernen, geognostisch-
unentdeckten Ländern ein hohes Licht verbreiten. Aber alle diese Samm-
lungen von Mineralien, von phanerogamischen und cryptogamischen Gewäch-
sen (unter denen die erstern allein wahrscheinlich 5 bis 600 unbekannte Arten
enthalten), von thierischen Bildungen aller Klassen, besonders der unteren,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Weitere Informationen:Eine weitere Fassung dieses Textes finden Sie in der Ausgabe Sämtliche Schriften digital (2021 ff.) der Universität Bern.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |