Humboldt, Alexander von: Bericht über die Naturhistorischen Reisen der Herren Ehrenberg und Hemprich; durch Ägypten, Dongola, Syrien, Arabien und den östlichen Abfall des Habessinischen Hochlandes, in den Jahren 1820-1825. In: Abhandlungen der Königlichen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, physikalische Klasse. Berlin, 1826, S. 111-134.vermehrte sich durch die Liberalität Sr. K. H. des Prinzen Heinrich von Preussen die Gesellschaft der Reisenden durch den Orientalisten und Doctor der Philosophie, Herrn Scholtz. Der Plan des Generals Freiherrn von Minutoli war, Ägypten mit seinen Oasen, die Cyrenaika, Dongola, die Halbinsel des Sinai, Palästina, Syrien und einen Theil von Kleinasien zu be- reisen, und über Griechenland nach Deutschland zurückzukehren. Die Na- turforscher erhielten von der Akademie der Wissenschaften eine kurze schrift- liche Instruction, wie auch einzelne Fragen über Gegenstände, die in jenen fernen Ländern vorzüglich zu berücksichtigen wären. In dem Anfange des Monats August traf die ganze Gesellschaft, mit Ausnahme des Professors Liman in Triest zusammen, und wurde auf zwei Schiffe vertheilt, die im September in den Hafen von Alexandrien einliefen. Erkundigungen über die Möglichkeit einer Reise nach der Cyrenaika wurden von denen, die der Gegend kundig waren, so beantwortet, dass das Unternehmen ohne störende Gefahr möglich schien. Herr Drovetti, der als französischer Konsul viele Jahre in Ägypten gelebt, und der selbst die Oase von Siwa besucht hatte, lei- tete mit zuvorkommender Gefälligkeit die Ausrüstung der Caravane, welche aus sechs und funfzig Kameelen und fünf und zwanzig bewaffneten Beduinen bestand, worunter ein Araberfürst und seine Verwandten. Ein grossherr- licher Firman und spezielle Empfehlungsbriefe des Pascha von Ägypten an Halil Bey von Derna, welche der General von Minutoli sich verschafft hatte, liessen die Entfernung aller politischen Hindernisse erwarten. Der Professor Liman war nach Abreise der Caravane in Alexandrien angekom- men, und erreichte sie erst bei Abusir. Übergrosse Eile hatten ihn die Sorge für zweckmässige Kleidung versäumen lassen, und ohnerachtet seine Reise- begleiter alles aufboten, um diesem Mangel abzuhelfen, so hat derselbe doch wahrscheinlich viel zu der traurigen Zerrüttung seiner Gesundheit beigetra- gen. Die Bösartigkeit der freien Beduinen erregte täglich ernsthaften Zwist in der Caravane. Sie gehörten zu verschiedenen Stämmen, und als man schon weit in der lybischen Wüste vorgedrungen war, erklärte der Bedui- nenfürst Hadji Endaui selbst, dass er über diese verschiedenen Stämme keine Gewalt ausüben könne. Seine Ungeduld war eben so gross, als die der Reisenden. Unter diesen ungünstigen Umständen, welche Nachtwachen aus- zustellen nöthig machten, gelangte die Caravane bis an einen Punkt, der nur P 2
vermehrte sich durch die Liberalität Sr. K. H. des Prinzen Heinrich von Preussen die Gesellschaft der Reisenden durch den Orientalisten und Doctor der Philosophie, Herrn Scholtz. Der Plan des Generals Freiherrn von Minutoli war, Ägypten mit seinen Oasen, die Cyrenaika, Dongola, die Halbinsel des Sinai, Palästina, Syrien und einen Theil von Kleinasien zu be- reisen, und über Griechenland nach Deutschland zurückzukehren. Die Na- turforscher erhielten von der Akademie der Wissenschaften eine kurze schrift- liche Instruction, wie auch einzelne Fragen über Gegenstände, die in jenen fernen Ländern vorzüglich zu berücksichtigen wären. In dem Anfange des Monats August traf die ganze Gesellschaft, mit Ausnahme des Professors Liman in Triest zusammen, und wurde auf zwei Schiffe vertheilt, die im September in den Hafen von Alexandrien einliefen. Erkundigungen über die Möglichkeit einer Reise nach der Cyrenaika wurden von denen, die der Gegend kundig waren, so beantwortet, daſs das Unternehmen ohne störende Gefahr möglich schien. Herr Drovetti, der als französischer Konsul viele Jahre in Ägypten gelebt, und der selbst die Oase von Siwa besucht hatte, lei- tete mit zuvorkommender Gefälligkeit die Ausrüstung der Caravane, welche aus sechs und funfzig Kameelen und fünf und zwanzig bewaffneten Beduinen bestand, worunter ein Araberfürst und seine Verwandten. Ein groſsherr- licher Firman und spezielle Empfehlungsbriefe des Pascha von Ägypten an Halil Bey von Derna, welche der General von Minutoli sich verschafft hatte, lieſsen die Entfernung aller politischen Hindernisse erwarten. Der Professor Liman war nach Abreise der Caravane in Alexandrien angekom- men, und erreichte sie erst bei Abusir. Übergroſse Eile hatten ihn die Sorge für zweckmäſsige Kleidung versäumen lassen, und ohnerachtet seine Reise- begleiter alles aufboten, um diesem Mangel abzuhelfen, so hat derselbe doch wahrscheinlich viel zu der traurigen Zerrüttung seiner Gesundheit beigetra- gen. Die Bösartigkeit der freien Beduinen erregte täglich ernsthaften Zwist in der Caravane. Sie gehörten zu verschiedenen Stämmen, und als man schon weit in der lybischen Wüste vorgedrungen war, erklärte der Bedui- nenfürst Hadji Endaui selbst, daſs er über diese verschiedenen Stämme keine Gewalt ausüben könne. Seine Ungeduld war eben so groſs, als die der Reisenden. Unter diesen ungünstigen Umständen, welche Nachtwachen aus- zustellen nöthig machten, gelangte die Caravane bis an einen Punkt, der nur P 2
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über Hemprichs und Ehrenbergs Reise.
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vermehrte sich durch die Liberalität Sr. K. H. des Prinzen Heinrich von
Preussen die Gesellschaft der Reisenden durch den Orientalisten und Doctor
der Philosophie, Herrn Scholtz. Der Plan des Generals Freiherrn von
Minutoli war, Ägypten mit seinen Oasen, die Cyrenaika, Dongola, die
Halbinsel des Sinai, Palästina, Syrien und einen Theil von Kleinasien zu be-
reisen, und über Griechenland nach Deutschland zurückzukehren. Die Na-
turforscher erhielten von der Akademie der Wissenschaften eine kurze schrift-
liche Instruction, wie auch einzelne Fragen über Gegenstände, die in jenen
fernen Ländern vorzüglich zu berücksichtigen wären. In dem Anfange des
Monats August traf die ganze Gesellschaft, mit Ausnahme des Professors
Liman in Triest zusammen, und wurde auf zwei Schiffe vertheilt, die im
September in den Hafen von Alexandrien einliefen. Erkundigungen über die
Möglichkeit einer Reise nach der Cyrenaika wurden von denen, die der
Gegend kundig waren, so beantwortet, daſs das Unternehmen ohne störende
Gefahr möglich schien. Herr Drovetti, der als französischer Konsul viele
Jahre in Ägypten gelebt, und der selbst die Oase von Siwa besucht hatte, lei-
tete mit zuvorkommender Gefälligkeit die Ausrüstung der Caravane, welche
aus sechs und funfzig Kameelen und fünf und zwanzig bewaffneten Beduinen
bestand, worunter ein Araberfürst und seine Verwandten. Ein groſsherr-
licher Firman und spezielle Empfehlungsbriefe des Pascha von Ägypten an
Halil Bey von Derna, welche der General von Minutoli sich verschafft
hatte, lieſsen die Entfernung aller politischen Hindernisse erwarten. Der
Professor Liman war nach Abreise der Caravane in Alexandrien angekom-
men, und erreichte sie erst bei Abusir. Übergroſse Eile hatten ihn die Sorge
für zweckmäſsige Kleidung versäumen lassen, und ohnerachtet seine Reise-
begleiter alles aufboten, um diesem Mangel abzuhelfen, so hat derselbe doch
wahrscheinlich viel zu der traurigen Zerrüttung seiner Gesundheit beigetra-
gen. Die Bösartigkeit der freien Beduinen erregte täglich ernsthaften Zwist
in der Caravane. Sie gehörten zu verschiedenen Stämmen, und als man
schon weit in der lybischen Wüste vorgedrungen war, erklärte der Bedui-
nenfürst Hadji Endaui selbst, daſs er über diese verschiedenen Stämme
keine Gewalt ausüben könne. Seine Ungeduld war eben so groſs, als die der
Reisenden. Unter diesen ungünstigen Umständen, welche Nachtwachen aus-
zustellen nöthig machten, gelangte die Caravane bis an einen Punkt, der nur
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