Humboldt, Alexander von: Bericht über die Naturhistorischen Reisen der Herren Ehrenberg und Hemprich; durch Ägypten, Dongola, Syrien, Arabien und den östlichen Abfall des Habessinischen Hochlandes, in den Jahren 1820-1825. In: Abhandlungen der Königlichen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, physikalische Klasse. Berlin, 1826, S. 111-134.eine Tagereise von der Grenze des Tripolitanischen Gebiets entfernt ist. Der Beduinenfürst erklärte, dass er ohne die ausdrückliche Erlaubniss von Halil Bey in Derna die Grenzen nicht überschreiten könne. Boten wurden deshalb mit den Empfehlungsschreiben vorausgesandt. Da die Uneinigkeit unter den Beduinen täglich zunahm, so wurde die Caravane dergestalt getheilt, dass der General von Minutoli mit dem Beduinenfürsten und dem Hauptdoll- metscher über das Ammonium nach Kahira zurückkehrte, der andere Theil der Caravane aber, zu dem die Naturforscher und Künstler gehörten, sich ent- schloss, die Rückkehr der ausgesandten Boten abzuwarten. Diese Trennung der Reisenden geschah bei Bir el Kor. Siebzehn Tage harrte man vergebens in der Wüste. Die Boten erschienen nicht und Reisende, auf die man stiess, erzählten, dass Halil Bey von Derna über die Ankunft einer Caravane, in der sich ein General befand, sehr bestürzt wäre. Bei längerer Zögerung würde der Zeitraum, für welchen die Kameele gemiethet waren, abgelaufen sein. Man beschloss daher, sich nach der Oase von Siwa zu begeben, wo man vor den eigenen Beduinen Schutz erwartete. Ein ansehnliches Geschenk wurde einem Führer, der in einem Beduinenlager zurückblieb, verheissen, wenn er eine günstige Antwort des Bey von Derna nach Siwa bringen könnte. In allen diesen Hoffnungen sah man sich abermals getäuscht. Die Caravane zog fast ununterbrochen fünf Tage und fünf Nächte lang durch die Wüste. In Siwa erklärten die Häupter, welche in der Oase die Obergewalt ausübten, die Reisenden für Spione und droheten, auf sie schiessen zu lassen, wenn sie die Grenzen eines ihnen angewiesenen Raumes übertreten würden. Auf der Rückreise nach Alexandrien erkrankten, als Folge der eingetretenen kühlen Witterung und der ermüdenden Märsche, Professor Liman und Wilhelm Söllner, der Gehülfe der Naturforscher. Beide gelangten zwar noch bis Alexandrien, erlagen aber dort im Anfange des Monat December, als Opfer ihrer mühseligen Anstrengungen. Der Orientalist Herr Scholtz trennte sich in Kahira von den Naturforschern und nahm seinen Weg nach Palästina. Ehrenberg, und Hemprich verfolgten von nun an allein den ihnen vorge- schriebenen Reiseplan. Eine im Monat März unternommene Excursion nach der Povinz Fajum wurde durch ein dreimonatliches Nervenfieber des Doctor Ehrenberg, unter einem Zelte am Fuss der grossen Pyramide von Sakhara unterbrochen. Nur die sorgfältigste Pflege seines Freundes konnte ihn retten. Erst am Ende des Julius 1821 war es möglich, die Reise durch Fajum fort- eine Tagereise von der Grenze des Tripolitanischen Gebiets entfernt ist. Der Beduinenfürst erklärte, daſs er ohne die ausdrückliche Erlaubniſs von Halil Bey in Derna die Grenzen nicht überschreiten könne. Boten wurden deshalb mit den Empfehlungsschreiben vorausgesandt. Da die Uneinigkeit unter den Beduinen täglich zunahm, so wurde die Caravane dergestalt getheilt, daſs der General von Minutoli mit dem Beduinenfürsten und dem Hauptdoll- metscher über das Ammonium nach Kahira zurückkehrte, der andere Theil der Caravane aber, zu dem die Naturforscher und Künstler gehörten, sich ent- schloſs, die Rückkehr der ausgesandten Boten abzuwarten. Diese Trennung der Reisenden geschah bei Bir el Kor. Siebzehn Tage harrte man vergebens in der Wüste. Die Boten erschienen nicht und Reisende, auf die man stieſs, erzählten, daſs Halil Bey von Derna über die Ankunft einer Caravane, in der sich ein General befand, sehr bestürzt wäre. Bei längerer Zögerung würde der Zeitraum, für welchen die Kameele gemiethet waren, abgelaufen sein. Man beschloſs daher, sich nach der Oase von Siwa zu begeben, wo man vor den eigenen Beduinen Schutz erwartete. Ein ansehnliches Geschenk wurde einem Führer, der in einem Beduinenlager zurückblieb, verheiſsen, wenn er eine günstige Antwort des Bey von Derna nach Siwa bringen könnte. In allen diesen Hoffnungen sah man sich abermals getäuscht. Die Caravane zog fast ununterbrochen fünf Tage und fünf Nächte lang durch die Wüste. In Siwa erklärten die Häupter, welche in der Oase die Obergewalt ausübten, die Reisenden für Spione und droheten, auf sie schieſsen zu lassen, wenn sie die Grenzen eines ihnen angewiesenen Raumes übertreten würden. Auf der Rückreise nach Alexandrien erkrankten, als Folge der eingetretenen kühlen Witterung und der ermüdenden Märsche, Professor Liman und Wilhelm Söllner, der Gehülfe der Naturforscher. Beide gelangten zwar noch bis Alexandrien, erlagen aber dort im Anfange des Monat December, als Opfer ihrer mühseligen Anstrengungen. Der Orientalist Herr Scholtz trennte sich in Kahira von den Naturforschern und nahm seinen Weg nach Palästina. Ehrenberg, und Hemprich verfolgten von nun an allein den ihnen vorge- schriebenen Reiseplan. Eine im Monat März unternommene Excursion nach der Povinz Fajum wurde durch ein dreimonatliches Nervenfieber des Doctor Ehrenberg, unter einem Zelte am Fuſs der groſsen Pyramide von Sakhara unterbrochen. Nur die sorgfältigste Pflege seines Freundes konnte ihn retten. Erst am Ende des Julius 1821 war es möglich, die Reise durch Fajum fort- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0007" n="116"/><fw place="top" type="header"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118554700">A. v. <hi rendition="#k">Humboldt</hi></persName></fw><lb/> eine Tagereise von der Grenze des <placeName>Tripolitanischen Gebiets</placeName> entfernt ist. Der<lb/> Beduinenfürst erklärte, daſs er ohne die ausdrückliche Erlaubniſs von <hi rendition="#g"><persName>Halil<lb/> Bey</persName></hi> in <placeName>Derna</placeName> die Grenzen nicht überschreiten könne. Boten wurden deshalb<lb/> mit den Empfehlungsschreiben vorausgesandt. Da die Uneinigkeit unter den<lb/> Beduinen täglich zunahm, so wurde die Caravane dergestalt getheilt, daſs<lb/> der General <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/100791549">von Minutoli</persName></hi> mit dem Beduinenfürsten und dem Hauptdoll-<lb/> metscher über das Ammonium nach <placeName>Kahira</placeName> zurückkehrte, der andere Theil<lb/> der Caravane aber, zu dem die Naturforscher und Künstler gehörten, sich ent-<lb/> schloſs, die Rückkehr der ausgesandten Boten abzuwarten. Diese Trennung<lb/> der Reisenden geschah bei <placeName>Bir el Kor</placeName>. Siebzehn Tage harrte man vergebens<lb/> in der Wüste. Die Boten erschienen nicht und Reisende, auf die man stieſs,<lb/> erzählten, daſs <hi rendition="#g"><persName>Halil Bey</persName></hi> von <placeName>Derna</placeName> über die Ankunft einer Caravane, in<lb/> der sich ein General befand, sehr bestürzt wäre. Bei längerer Zögerung<lb/> würde der Zeitraum, für welchen die Kameele gemiethet waren, abgelaufen<lb/> sein. Man beschloſs daher, sich nach der <placeName>Oase von Siwa</placeName> zu begeben, wo<lb/> man vor den eigenen Beduinen Schutz erwartete. Ein ansehnliches Geschenk<lb/> wurde einem Führer, der in einem Beduinenlager zurückblieb, verheiſsen,<lb/> wenn er eine günstige Antwort des <persName>Bey von <placeName>Derna</placeName></persName> nach <placeName>Siwa</placeName> bringen könnte.<lb/> In allen diesen Hoffnungen sah man sich abermals getäuscht. Die Caravane<lb/> zog fast ununterbrochen fünf Tage und fünf Nächte lang durch die Wüste.<lb/> In <placeName>Siwa</placeName> erklärten die Häupter, welche in der Oase die Obergewalt ausübten,<lb/> die Reisenden für Spione und droheten, auf sie schieſsen zu lassen, wenn sie<lb/> die Grenzen eines ihnen angewiesenen Raumes übertreten würden. Auf der<lb/> Rückreise nach <placeName>Alexandrien</placeName> erkrankten, als Folge der eingetretenen kühlen<lb/> Witterung und der ermüdenden Märsche, Professor <hi rendition="#g"><persName>Liman<note resp="#CT" type="editorial">Liman, Ludwig Theodor (1788–1821); keine GND-ID verfügbar. Vgl. z. B. Rahel Levin Varnhagen: Briefwechsel mit Pauline Wiesel. Hrsg. Barbara Hahn und Birgit Bosold. München: C. H. Beck, 1997, S. 752.</note></persName></hi> und <hi rendition="#g"><persName>Wilhelm<lb/> Söllner</persName></hi>, der Gehülfe der Naturforscher. Beide gelangten zwar noch bis<lb/><placeName>Alexandrien</placeName>, erlagen aber dort im Anfange des Monat December, als Opfer<lb/> ihrer mühseligen Anstrengungen. Der Orientalist Herr <hi rendition="#g"><persName>Scholtz<note resp="#CT" type="editorial">vermutlich https://en.wikipedia.org/wiki/Johann_Martin_Augustin_Scholz; http://d-nb.info/gnd/115368604</note></persName></hi> trennte<lb/> sich in <placeName>Kahira</placeName> von den Naturforschern und nahm seinen Weg nach <placeName>Palästina</placeName>.<lb/><hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118529250">Ehrenberg</persName>,</hi> und <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/117516376">Hemprich</persName></hi> verfolgten von nun an allein den ihnen vorge-<lb/> schriebenen Reiseplan. Eine im Monat März unternommene Excursion nach<lb/> der Povinz <placeName>Fajum</placeName> wurde durch ein dreimonatliches Nervenfieber des Doctor<lb/><hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118529250">Ehrenberg</persName></hi>, unter einem Zelte am Fuſs der groſsen Pyramide von <placeName>Sakhara</placeName><lb/> unterbrochen. Nur die sorgfältigste Pflege seines Freundes konnte ihn retten.<lb/> Erst am Ende des Julius 1821 war es möglich, die Reise durch <placeName>Fajum</placeName> fort-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [116/0007]
A. v. Humboldt
eine Tagereise von der Grenze des Tripolitanischen Gebiets entfernt ist. Der
Beduinenfürst erklärte, daſs er ohne die ausdrückliche Erlaubniſs von Halil
Bey in Derna die Grenzen nicht überschreiten könne. Boten wurden deshalb
mit den Empfehlungsschreiben vorausgesandt. Da die Uneinigkeit unter den
Beduinen täglich zunahm, so wurde die Caravane dergestalt getheilt, daſs
der General von Minutoli mit dem Beduinenfürsten und dem Hauptdoll-
metscher über das Ammonium nach Kahira zurückkehrte, der andere Theil
der Caravane aber, zu dem die Naturforscher und Künstler gehörten, sich ent-
schloſs, die Rückkehr der ausgesandten Boten abzuwarten. Diese Trennung
der Reisenden geschah bei Bir el Kor. Siebzehn Tage harrte man vergebens
in der Wüste. Die Boten erschienen nicht und Reisende, auf die man stieſs,
erzählten, daſs Halil Bey von Derna über die Ankunft einer Caravane, in
der sich ein General befand, sehr bestürzt wäre. Bei längerer Zögerung
würde der Zeitraum, für welchen die Kameele gemiethet waren, abgelaufen
sein. Man beschloſs daher, sich nach der Oase von Siwa zu begeben, wo
man vor den eigenen Beduinen Schutz erwartete. Ein ansehnliches Geschenk
wurde einem Führer, der in einem Beduinenlager zurückblieb, verheiſsen,
wenn er eine günstige Antwort des Bey von Derna nach Siwa bringen könnte.
In allen diesen Hoffnungen sah man sich abermals getäuscht. Die Caravane
zog fast ununterbrochen fünf Tage und fünf Nächte lang durch die Wüste.
In Siwa erklärten die Häupter, welche in der Oase die Obergewalt ausübten,
die Reisenden für Spione und droheten, auf sie schieſsen zu lassen, wenn sie
die Grenzen eines ihnen angewiesenen Raumes übertreten würden. Auf der
Rückreise nach Alexandrien erkrankten, als Folge der eingetretenen kühlen
Witterung und der ermüdenden Märsche, Professor Liman und Wilhelm
Söllner, der Gehülfe der Naturforscher. Beide gelangten zwar noch bis
Alexandrien, erlagen aber dort im Anfange des Monat December, als Opfer
ihrer mühseligen Anstrengungen. Der Orientalist Herr Scholtz trennte
sich in Kahira von den Naturforschern und nahm seinen Weg nach Palästina.
Ehrenberg, und Hemprich verfolgten von nun an allein den ihnen vorge-
schriebenen Reiseplan. Eine im Monat März unternommene Excursion nach
der Povinz Fajum wurde durch ein dreimonatliches Nervenfieber des Doctor
Ehrenberg, unter einem Zelte am Fuſs der groſsen Pyramide von Sakhara
unterbrochen. Nur die sorgfältigste Pflege seines Freundes konnte ihn retten.
Erst am Ende des Julius 1821 war es möglich, die Reise durch Fajum fort-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Weitere Informationen:Eine weitere Fassung dieses Textes finden Sie in der Ausgabe Sämtliche Schriften digital (2021 ff.) der Universität Bern.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |