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Humboldt, Alexander von: Aus einem Briefe des Herrn Oberbergraths von Humboldt an Herrn Hofrath Blumenbach. In: Neues Journal der Physik, Bd. 2, H. 4 (1795), S. 471-473.

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und das muß Sie nicht wundern; denn der (von Gal-
vani
entdeckte) Versuch, die Zuckung zu erregen, indem
man bloß den Waden des Frosches gegen seine Brust
beugt, gelingt mir immer, wenn der Frosch, wie oben be-
schrieben, präparirt ist. Herr Volta hat die Bedingung
gefunden, unter der dieser Reitz entsteht. Die Berüh-
rung muß mit dem tendineusen, weißen, harten Theil
des Wadenmuskels geschehen und die Brust des Frosches
muß mehr mit Blut, Seife oder Kleister beschmiert seyn.
Dann berühren sich wieder drey heterogene Substanzen,
der weiche Muskel an der Brust, die Seife, (Blut) und
der tendineuse Muskel am Waden, und nur bey drey Sub-
stanzen kann das Gleichgewicht der E. aufgehoben seyn.
Wischen Sie die Brust des Frosches rein ab, so zuckt er
nie, legen Sie nasse Seife darauf, so ist der Reitz wie-
der da. Wenn gleich Herr Volta alles auf die Gesetze
der sogenannten gemeinen Electricität zurückführt, so zieht
er dennoch aus den Galvanischen Versuchen wichtige
Schlüsse für die Oekonomie des thierischen Körpers, be-
sonders für die Art, wie der Nerv in den Muskel wirkt.
Ein Schüler von Scarpa, Herr Dr. Presciani zu
Pavia, hat Nerven in allen Ordnungen der Würmer (Zoo-
phyten allein ausgeschlossen) entdeckt. Jn den Conchy-
lien sind sie besonders deutlich und das Galvanische Reitz-
mittel, welches Hr. Presciani's große Entdeckung be-
stätigt, ihn selbst darauf geleitet, zeigt sich hier von prakti-
schem Nutzen für die Zootomie. Hr. Mangili hat die
Nerven des Blutigels und Regenwurms beschrieben (Diss.
de Systemate nerveo hirudinis, lumbrici terrestris aliorum-
que vermium. Tic. 1795.)
, ja sie glücklich armirt. So
ist bestätigt worden, was der gelehrte Uebersetzer meiner
Aphor. ex physiol. chem. plantarum, Hr. Dr. Fischer,
meiner Behauptung über Nervenlosigkeit der Würmer
entgegnete.



8.

und das muß Sie nicht wundern; denn der (von Gal-
vani
entdeckte) Verſuch, die Zuckung zu erregen, indem
man bloß den Waden des Froſches gegen ſeine Bruſt
beugt, gelingt mir immer, wenn der Froſch, wie oben be-
ſchrieben, praͤparirt iſt. Herr Volta hat die Bedingung
gefunden, unter der dieſer Reitz entſteht. Die Beruͤh-
rung muß mit dem tendineuſen, weißen, harten Theil
des Wadenmuskels geſchehen und die Bruſt des Froſches
muß mehr mit Blut, Seife oder Kleiſter beſchmiert ſeyn.
Dann beruͤhren ſich wieder drey heterogene Subſtanzen,
der weiche Muskel an der Bruſt, die Seife, (Blut) und
der tendineuſe Muskel am Waden, und nur bey drey Sub-
ſtanzen kann das Gleichgewicht der E. aufgehoben ſeyn.
Wiſchen Sie die Bruſt des Froſches rein ab, ſo zuckt er
nie, legen Sie naſſe Seife darauf, ſo iſt der Reitz wie-
der da. Wenn gleich Herr Volta alles auf die Geſetze
der ſogenannten gemeinen Electricitaͤt zuruͤckfuͤhrt, ſo zieht
er dennoch aus den Galvaniſchen Verſuchen wichtige
Schluͤſſe fuͤr die Oekonomie des thieriſchen Koͤrpers, be-
ſonders fuͤr die Art, wie der Nerv in den Muskel wirkt.
Ein Schuͤler von Scarpa, Herr Dr. Preſciani zu
Pavia, hat Nerven in allen Ordnungen der Wuͤrmer (Zoo-
phyten allein ausgeſchloſſen) entdeckt. Jn den Conchy-
lien ſind ſie beſonders deutlich und das Galvaniſche Reitz-
mittel, welches Hr. Presciani's große Entdeckung be-
ſtaͤtigt, ihn ſelbſt darauf geleitet, zeigt ſich hier von prakti-
ſchem Nutzen fuͤr die Zootomie. Hr. Mangili hat die
Nerven des Blutigels und Regenwurms beſchrieben (Diss.
de Syſtemate nerveo hirudinis, lumbrici terreſtris aliorum-
que vermium. Tic. 1795.)
, ja ſie gluͤcklich armirt. So
iſt beſtaͤtigt worden, was der gelehrte Ueberſetzer meiner
Aphor. ex physiol. chem. plantarum, Hr. Dr. Fiſcher,
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[473/0004] und das muß Sie nicht wundern; denn der (von Gal- vani entdeckte) Verſuch, die Zuckung zu erregen, indem man bloß den Waden des Froſches gegen ſeine Bruſt beugt, gelingt mir immer, wenn der Froſch, wie oben be- ſchrieben, praͤparirt iſt. Herr Volta hat die Bedingung gefunden, unter der dieſer Reitz entſteht. Die Beruͤh- rung muß mit dem tendineuſen, weißen, harten Theil des Wadenmuskels geſchehen und die Bruſt des Froſches muß mehr mit Blut, Seife oder Kleiſter beſchmiert ſeyn. Dann beruͤhren ſich wieder drey heterogene Subſtanzen, der weiche Muskel an der Bruſt, die Seife, (Blut) und der tendineuſe Muskel am Waden, und nur bey drey Sub- ſtanzen kann das Gleichgewicht der E. aufgehoben ſeyn. Wiſchen Sie die Bruſt des Froſches rein ab, ſo zuckt er nie, legen Sie naſſe Seife darauf, ſo iſt der Reitz wie- der da. Wenn gleich Herr Volta alles auf die Geſetze der ſogenannten gemeinen Electricitaͤt zuruͤckfuͤhrt, ſo zieht er dennoch aus den Galvaniſchen Verſuchen wichtige Schluͤſſe fuͤr die Oekonomie des thieriſchen Koͤrpers, be- ſonders fuͤr die Art, wie der Nerv in den Muskel wirkt. Ein Schuͤler von Scarpa, Herr Dr. Preſciani zu Pavia, hat Nerven in allen Ordnungen der Wuͤrmer (Zoo- phyten allein ausgeſchloſſen) entdeckt. Jn den Conchy- lien ſind ſie beſonders deutlich und das Galvaniſche Reitz- mittel, welches Hr. Presciani's große Entdeckung be- ſtaͤtigt, ihn ſelbſt darauf geleitet, zeigt ſich hier von prakti- ſchem Nutzen fuͤr die Zootomie. Hr. Mangili hat die Nerven des Blutigels und Regenwurms beſchrieben (Diss. de Syſtemate nerveo hirudinis, lumbrici terreſtris aliorum- que vermium. Tic. 1795.), ja ſie gluͤcklich armirt. So iſt beſtaͤtigt worden, was der gelehrte Ueberſetzer meiner Aphor. ex physiol. chem. plantarum, Hr. Dr. Fiſcher, meiner Behauptung uͤber Nervenloſigkeit der Wuͤrmer entgegnete. 8.

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Aus einem Briefe des Herrn Oberbergraths von Humboldt an Herrn Hofrath Blumenbach. In: Neues Journal der Physik, Bd. 2, H. 4 (1795), S. 471-473, hier S. 473. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_blumenbach_1795/4>, abgerufen am 21.11.2024.