Humboldt, Alexander von: Über die Hochebene von Bogota. In: Ders.: Kleinere Schriften. Erster Band. Geognostische und physikalische Erinnerungen. Stuttgart und Tübingen, 1853, S. 100-132.einen geistlichen, den Oberpriester von Iraca (östlich von der Stadt Tunja), theilte. Seine Mission war nun vollendet. Er zog sich in das heilige Thal von Iraca zurück, und lebte dort, wie Buddha und der aztekische Wundermann Quetzalcoatl, in beschaulicher Andacht und in schweren, sich selbst aufgelegten Büßungen hundert Muyscas-Cyclen, d. h. zweitausend Mondjahre. Er verschwand bei Sogamoso, und wird oft mit einem anderen Wundermann, dem Gottesboten(enviado de Dios) Nemterequeteba, Oberpriester von Iraca oder Sogamoso, verwechselt. Diese Mythe, ein geognostischer Roman, wie ihn die ältesten heiligen Bücher so vieler Völker (und oft neben einem historischen) darbieten, ist theils durch die Localverhältnisse des hohen Beckens von Bogota und die Ueberschwemmungen des Flüßchens Funzha, theils durch die symbolisirende Tendenz der frühesten Menschheit erzeugt. Unter allen Zonen: in Vorder-Asien, in den Hochebenen und Kesselthälern von Hellas, ja auf Inseln der Südsee von geringem Umfange, finden wir dieselben geognostischen und moralisch-politischen Mythen wieder. Botschika und Huythaca sind das gute und böse Princip. Sie kämpfen gegen einander. Botschika ist ein Heliade, wie Manco-Capac, vielleicht die menschgewordene Sonne selbst. Huythaca, das feuchte Princip, erregt die Fluth und wird der Mond; Botschika, das erwärmende trocknende Princip, verjagt die Wasser, giebt ihnen Abfluß, indem er eine Felsenspalte öffnet. einen geistlichen, den Oberpriester von Iraca (östlich von der Stadt Tunja), theilte. Seine Mission war nun vollendet. Er zog sich in das heilige Thal von Iraca zurück, und lebte dort, wie Buddha und der aztekische Wundermann Quetzalcoatl, in beschaulicher Andacht und in schweren, sich selbst aufgelegten Büßungen hundert Muyscas-Cyclen, d. h. zweitausend Mondjahre. Er verschwand bei Sogamoso, und wird oft mit einem anderen Wundermann, dem Gottesboten(enviado de Dios) Nemterequeteba, Oberpriester von Iraca oder Sogamoso, verwechselt. Diese Mythe, ein geognostischer Roman, wie ihn die ältesten heiligen Bücher so vieler Völker (und oft neben einem historischen) darbieten, ist theils durch die Localverhältnisse des hohen Beckens von Bogota und die Ueberschwemmungen des Flüßchens Funzha, theils durch die symbolisirende Tendenz der frühesten Menschheit erzeugt. Unter allen Zonen: in Vorder-Asien, in den Hochebenen und Kesselthälern von Hellas, ja auf Inseln der Südsee von geringem Umfange, finden wir dieselben geognostischen und moralisch-politischen Mythen wieder. Botschika und Huythaca sind das gute und böse Princip. Sie kämpfen gegen einander. Botschika ist ein Heliade, wie Manco-Capac, vielleicht die menschgewordene Sonne selbst. Huythaca, das feuchte Princip, erregt die Fluth und wird der Mond; Botschika, das erwärmende trocknende Princip, verjagt die Wasser, giebt ihnen Abfluß, indem er eine Felsenspalte öffnet. <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0019" n="117"/> einen geistlichen, den Oberpriester von <placeName>Iraca</placeName> (östlich von der Stadt <placeName>Tunja</placeName>), theilte. Seine Mission war nun vollendet. Er zog sich in das heilige Thal von <placeName>Iraca</placeName> zurück, und lebte dort, wie <persName>Buddha</persName> und der aztekische Wundermann <persName>Quetzalcoatl</persName>, in beschaulicher Andacht und in schweren, sich selbst aufgelegten Büßungen hundert Muyscas-Cyclen, d. h. zweitausend Mondjahre. Er verschwand bei Sogamoso, und wird oft mit einem anderen Wundermann, dem <hi rendition="#g">Gottesboten(enviado de Dios)</hi> Nemterequeteba, Oberpriester von Iraca oder Sogamoso, verwechselt.</p><lb/> <p>Diese Mythe, ein geognostischer Roman, wie ihn die ältesten heiligen Bücher so vieler Völker (und oft neben einem historischen) darbieten, ist theils durch die Localverhältnisse des hohen Beckens von <placeName>Bogota</placeName> und die Ueberschwemmungen des Flüßchens <placeName>Funzha</placeName>, theils durch die symbolisirende Tendenz der frühesten Menschheit erzeugt. Unter allen Zonen: in <placeName>Vorder-Asien</placeName>, in den Hochebenen und Kesselthälern von <placeName>Hellas</placeName>, ja auf Inseln der <placeName>Südsee</placeName> von geringem Umfange, finden wir dieselben geognostischen und moralisch-politischen Mythen wieder. Botschika und Huythaca sind das gute und böse Princip. Sie kämpfen gegen einander. Botschika ist ein Heliade, wie Manco-Capac, vielleicht die menschgewordene Sonne selbst. Huythaca, das feuchte Princip, erregt die Fluth und wird der Mond; Botschika, das erwärmende trocknende Princip, verjagt die Wasser, giebt ihnen Abfluß, indem er eine Felsenspalte öffnet.<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [117/0019]
einen geistlichen, den Oberpriester von Iraca (östlich von der Stadt Tunja), theilte. Seine Mission war nun vollendet. Er zog sich in das heilige Thal von Iraca zurück, und lebte dort, wie Buddha und der aztekische Wundermann Quetzalcoatl, in beschaulicher Andacht und in schweren, sich selbst aufgelegten Büßungen hundert Muyscas-Cyclen, d. h. zweitausend Mondjahre. Er verschwand bei Sogamoso, und wird oft mit einem anderen Wundermann, dem Gottesboten(enviado de Dios) Nemterequeteba, Oberpriester von Iraca oder Sogamoso, verwechselt.
Diese Mythe, ein geognostischer Roman, wie ihn die ältesten heiligen Bücher so vieler Völker (und oft neben einem historischen) darbieten, ist theils durch die Localverhältnisse des hohen Beckens von Bogota und die Ueberschwemmungen des Flüßchens Funzha, theils durch die symbolisirende Tendenz der frühesten Menschheit erzeugt. Unter allen Zonen: in Vorder-Asien, in den Hochebenen und Kesselthälern von Hellas, ja auf Inseln der Südsee von geringem Umfange, finden wir dieselben geognostischen und moralisch-politischen Mythen wieder. Botschika und Huythaca sind das gute und böse Princip. Sie kämpfen gegen einander. Botschika ist ein Heliade, wie Manco-Capac, vielleicht die menschgewordene Sonne selbst. Huythaca, das feuchte Princip, erregt die Fluth und wird der Mond; Botschika, das erwärmende trocknende Princip, verjagt die Wasser, giebt ihnen Abfluß, indem er eine Felsenspalte öffnet.
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