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Humboldt, Alexander von: Geognostische und physikalische Beobachtungen über die Vulkane des Hochlandes von Quito. Erste Abhandlung. In: Annalen der Physik und Chemie, Bd. 40 (1837), S. 161-193.

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Westlich vom Hochlande von Quito scheint die
Richtung der Ketten selbst zu beweisen, dass ein Küsten-
Einschnitt, der Golf von Guayaquil, ein kleines zufälli-
ges Phänomen späterer Entstehung ist, als die der Ket-
ten-Hebung. Hier nähert sich die Küste bis auf 25 Bo-
gen-Minuten der westlichen Cordillere, in der Gegend
von Cuenca, südlich von dem oben erwähnten Quer-
joch des Assuay, wo die viel besuchte Landstrasse fast
die Höhe des Montblanc erreicht. Kein Einfluss dieser
grösseren Meeres-Nähe auf die Stellung der Vulkane
zeigt sich aber hier. Schon zwanzig geographische Mei-
len nördlicher, seit dem Parallel des Tunguragua, ist
die lange Reihe thätiger Vulkane gegen Süden geendigt.
Hindernisse in den Gesteinschichten haben vielleicht hier,
der Seeküste näher, den Durchbruch der elastischen Kräfte
und eine permanente Verbindung mit dem Inneren ge-
hindert. Auffallend ist es sogar, dass das Hinderniss we-
niger gross nach der von dem Littoral abgekehrten Seite
gewesen ist; denn am Fuss der östlichen Kette ist der
Sangay, oder Vulkan von Macas, einen vollen halben
Grad südlich vom Parallel des Tanguragua in einer wald-
reichen Ebene, an den Quellen des Rio Morona, ausgebro-
chen. Rüppel giebt dem rauchenden Kegelberge in Kor-
dofan 84 Meilen Entfernung vom Meere, während der Pe-
schan in Inner-Asien, von dem sich noch in späteren ganz
historischen Zeiten Lavaströme ergossen haben, und an-
dere thätige Vulkane der Kette Thianschan, nach mei-
ner Skizze der Bergketten von Inner-Asien, drei Mal so
weit, volle 260 geographische Meilen von allen Meeren
entfernt und keinesweges von grossen Binnen-Wassern
umgeben liegen.

Wenn gleich in einem grossen Theile der Welt das
Emporsteigen von Trachyt-, Andesit- und Dolerit-Mas-
sen die höchsten Gipfel der Ketten oder Insel-Gruppen
gebildet hat, so lehren dagegen andere Zonen (z. B. der
Himalaya und die östliche Andes-Cordillere von Bolivia),

Westlich vom Hochlande von Quito scheint die
Richtung der Ketten selbst zu beweisen, daſs ein Küsten-
Einschnitt, der Golf von Guayaquil, ein kleines zufälli-
ges Phänomen späterer Entstehung ist, als die der Ket-
ten-Hebung. Hier nähert sich die Küste bis auf 25 Bo-
gen-Minuten der westlichen Cordillere, in der Gegend
von Cuenca, südlich von dem oben erwähnten Quer-
joch des Assuay, wo die viel besuchte Landstraſse fast
die Höhe des Montblanc erreicht. Kein Einfluſs dieser
gröſseren Meeres-Nähe auf die Stellung der Vulkane
zeigt sich aber hier. Schon zwanzig geographische Mei-
len nördlicher, seit dem Parallel des Tunguragua, ist
die lange Reihe thätiger Vulkane gegen Süden geendigt.
Hindernisse in den Gesteinschichten haben vielleicht hier,
der Seeküste näher, den Durchbruch der elastischen Kräfte
und eine permanente Verbindung mit dem Inneren ge-
hindert. Auffallend ist es sogar, daſs das Hinderniſs we-
niger groſs nach der von dem Littoral abgekehrten Seite
gewesen ist; denn am Fuſs der östlichen Kette ist der
Sangay, oder Vulkan von Macas, einen vollen halben
Grad südlich vom Parallel des Tanguragua in einer wald-
reichen Ebene, an den Quellen des Rio Morona, ausgebro-
chen. Rüppel giebt dem rauchenden Kegelberge in Kor-
dofan 84 Meilen Entfernung vom Meere, während der Pe-
schan in Inner-Asien, von dem sich noch in späteren ganz
historischen Zeiten Lavaströme ergossen haben, und an-
dere thätige Vulkane der Kette Thianschan, nach mei-
ner Skizze der Bergketten von Inner-Asien, drei Mal so
weit, volle 260 geographische Meilen von allen Meeren
entfernt und keinesweges von groſsen Binnen-Wassern
umgeben liegen.

Wenn gleich in einem groſsen Theile der Welt das
Emporsteigen von Trachyt-, Andesit- und Dolerit-Mas-
sen die höchsten Gipfel der Ketten oder Insel-Gruppen
gebildet hat, so lehren dagegen andere Zonen (z. B. der
Himalaya und die östliche Andes-Cordillere von Bolivia),

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[172/0012] Westlich vom Hochlande von Quito scheint die Richtung der Ketten selbst zu beweisen, daſs ein Küsten- Einschnitt, der Golf von Guayaquil, ein kleines zufälli- ges Phänomen späterer Entstehung ist, als die der Ket- ten-Hebung. Hier nähert sich die Küste bis auf 25 Bo- gen-Minuten der westlichen Cordillere, in der Gegend von Cuenca, südlich von dem oben erwähnten Quer- joch des Assuay, wo die viel besuchte Landstraſse fast die Höhe des Montblanc erreicht. Kein Einfluſs dieser gröſseren Meeres-Nähe auf die Stellung der Vulkane zeigt sich aber hier. Schon zwanzig geographische Mei- len nördlicher, seit dem Parallel des Tunguragua, ist die lange Reihe thätiger Vulkane gegen Süden geendigt. Hindernisse in den Gesteinschichten haben vielleicht hier, der Seeküste näher, den Durchbruch der elastischen Kräfte und eine permanente Verbindung mit dem Inneren ge- hindert. Auffallend ist es sogar, daſs das Hinderniſs we- niger groſs nach der von dem Littoral abgekehrten Seite gewesen ist; denn am Fuſs der östlichen Kette ist der Sangay, oder Vulkan von Macas, einen vollen halben Grad südlich vom Parallel des Tanguragua in einer wald- reichen Ebene, an den Quellen des Rio Morona, ausgebro- chen. Rüppel giebt dem rauchenden Kegelberge in Kor- dofan 84 Meilen Entfernung vom Meere, während der Pe- schan in Inner-Asien, von dem sich noch in späteren ganz historischen Zeiten Lavaströme ergossen haben, und an- dere thätige Vulkane der Kette Thianschan, nach mei- ner Skizze der Bergketten von Inner-Asien, drei Mal so weit, volle 260 geographische Meilen von allen Meeren entfernt und keinesweges von groſsen Binnen-Wassern umgeben liegen. Wenn gleich in einem groſsen Theile der Welt das Emporsteigen von Trachyt-, Andesit- und Dolerit-Mas- sen die höchsten Gipfel der Ketten oder Insel-Gruppen gebildet hat, so lehren dagegen andere Zonen (z. B. der Himalaya und die östliche Andes-Cordillere von Bolivia),

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Geognostische und physikalische Beobachtungen über die Vulkane des Hochlandes von Quito. Erste Abhandlung. In: Annalen der Physik und Chemie, Bd. 40 (1837), S. 161-193, hier S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_geognostisch_1837/12>, abgerufen am 26.04.2024.