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Humboldt, Alexander von: Geognostische und physikalische Beobachtungen über die Vulkane des Hochlandes von Quito. Erste Abhandlung. In: Annalen der Physik und Chemie, Bd. 40 (1837), S. 161-193.

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seiner lichtverbreitenden Theorie des Hervortretens von
Gebirgsketten durch Spalten mehrfach auf die Beziehungen
hingewiesen, die man zwischen der Richtung der Gebirgs-
ketten und naher oder ferner Küsten bemerkt. Das Phä-
nomen thätiger, dauernder Vulkane ist in Süd-Amerika
bekanntlich auf den Westrand des Continents beschränkt,
und meine hypsometrische Darstellung der ganzen An-
deskette, welche in die neuesten Karten von Brue über-
tragen, nirgends aber richtiger und geschmackvoller wie-
derholt worden ist, als in einer leider noch immer nicht
erschienenen kleinen Karte von Berghaus 1), zeugt für
den innigsten Zusammenhang zwischen der Form (dem
Umriss) des Continents und dem wechselnden Streichen
der Kette. Der Wendepunkt bei Arica, wo die Küste
ihr nordsüdliches Streichen plötzlich in ein nordwestli-
ches verwandelt, eine Einbiegung unter 18° 1/2 südlicher
Breite, welche der ganz ähnlichen Einbiegung der West-
küste des pyramidalen Continents von Afrika (in 4° 1/2
nördlicher Breite), bei Fernando Po, entspricht, ist in
seiner geologischen Bedeutsamkeit schon mehrmals von
mir, an anderen Orten, bezeichnet worden. Das plötz-
lich veränderte Streichen der Andeskette im Parallel von
Arica ist nicht auf die der Südsee-Küste nahe westliche
Cordillere eingeschränkt; sie erstreckt sich in eben dem
Maasse auf die östliche Kette, welche den frühesten Sitz
menschlicher Cultur in Süd-Amerika, die Hochebenen
von Titicaca, begränzt, und auf ihrem Rücken die erst
neuerlichst bekannt gewordenen Bergkolosse des Sorata
und Ilimani trägt. Der Parallelismus der Cordilleren un-
ter sich, besonders zwischen 5° südlicher und 5° nörd-
licher Breite ist so auffallend, als der Parallelismus mit
den Sinuositäten des Littorals. Ein einziges, sein Strei-
chen veränderndes abscharendes Trumm vereinigt die
neuere Gebirgsspalte der Andes von Quito durch Neu
Granada, östlich von Bogota, mit der älteren Gebirgs-
spalte der Küstenkette von Caracas.

1) Karte des ganzen Neuen Continents.

seiner lichtverbreitenden Theorie des Hervortretens von
Gebirgsketten durch Spalten mehrfach auf die Beziehungen
hingewiesen, die man zwischen der Richtung der Gebirgs-
ketten und naher oder ferner Küsten bemerkt. Das Phä-
nomen thätiger, dauernder Vulkane ist in Süd-Amerika
bekanntlich auf den Westrand des Continents beschränkt,
und meine hypsometrische Darstellung der ganzen An-
deskette, welche in die neuesten Karten von Brué über-
tragen, nirgends aber richtiger und geschmackvoller wie-
derholt worden ist, als in einer leider noch immer nicht
erschienenen kleinen Karte von Berghaus 1), zeugt für
den innigsten Zusammenhang zwischen der Form (dem
Umriſs) des Continents und dem wechselnden Streichen
der Kette. Der Wendepunkt bei Arica, wo die Küste
ihr nordsüdliches Streichen plötzlich in ein nordwestli-
ches verwandelt, eine Einbiegung unter 18° ½ südlicher
Breite, welche der ganz ähnlichen Einbiegung der West-
küste des pyramidalen Continents von Afrika (in 4° ½
nördlicher Breite), bei Fernando Po, entspricht, ist in
seiner geologischen Bedeutsamkeit schon mehrmals von
mir, an anderen Orten, bezeichnet worden. Das plötz-
lich veränderte Streichen der Andeskette im Parallel von
Arica ist nicht auf die der Südsee-Küste nahe westliche
Cordillere eingeschränkt; sie erstreckt sich in eben dem
Maaſse auf die östliche Kette, welche den frühesten Sitz
menschlicher Cultur in Süd-Amerika, die Hochebenen
von Titicaca, begränzt, und auf ihrem Rücken die erst
neuerlichst bekannt gewordenen Bergkolosse des Sorata
und Ilimani trägt. Der Parallelismus der Cordilleren un-
ter sich, besonders zwischen 5° südlicher und 5° nörd-
licher Breite ist so auffallend, als der Parallelismus mit
den Sinuositäten des Littorals. Ein einziges, sein Strei-
chen veränderndes abscharendes Trumm vereinigt die
neuere Gebirgsspalte der Andes von Quito durch Neu
Granada, östlich von Bogota, mit der älteren Gebirgs-
spalte der Küstenkette von Caracas.

1) Karte des ganzen Neuen Continents.
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[171/0011] seiner lichtverbreitenden Theorie des Hervortretens von Gebirgsketten durch Spalten mehrfach auf die Beziehungen hingewiesen, die man zwischen der Richtung der Gebirgs- ketten und naher oder ferner Küsten bemerkt. Das Phä- nomen thätiger, dauernder Vulkane ist in Süd-Amerika bekanntlich auf den Westrand des Continents beschränkt, und meine hypsometrische Darstellung der ganzen An- deskette, welche in die neuesten Karten von Brué über- tragen, nirgends aber richtiger und geschmackvoller wie- derholt worden ist, als in einer leider noch immer nicht erschienenen kleinen Karte von Berghaus 1), zeugt für den innigsten Zusammenhang zwischen der Form (dem Umriſs) des Continents und dem wechselnden Streichen der Kette. Der Wendepunkt bei Arica, wo die Küste ihr nordsüdliches Streichen plötzlich in ein nordwestli- ches verwandelt, eine Einbiegung unter 18° ½ südlicher Breite, welche der ganz ähnlichen Einbiegung der West- küste des pyramidalen Continents von Afrika (in 4° ½ nördlicher Breite), bei Fernando Po, entspricht, ist in seiner geologischen Bedeutsamkeit schon mehrmals von mir, an anderen Orten, bezeichnet worden. Das plötz- lich veränderte Streichen der Andeskette im Parallel von Arica ist nicht auf die der Südsee-Küste nahe westliche Cordillere eingeschränkt; sie erstreckt sich in eben dem Maaſse auf die östliche Kette, welche den frühesten Sitz menschlicher Cultur in Süd-Amerika, die Hochebenen von Titicaca, begränzt, und auf ihrem Rücken die erst neuerlichst bekannt gewordenen Bergkolosse des Sorata und Ilimani trägt. Der Parallelismus der Cordilleren un- ter sich, besonders zwischen 5° südlicher und 5° nörd- licher Breite ist so auffallend, als der Parallelismus mit den Sinuositäten des Littorals. Ein einziges, sein Strei- chen veränderndes abscharendes Trumm vereinigt die neuere Gebirgsspalte der Andes von Quito durch Neu Granada, östlich von Bogota, mit der älteren Gebirgs- spalte der Küstenkette von Caracas. 1) Karte des ganzen Neuen Continents.

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Geognostische und physikalische Beobachtungen über die Vulkane des Hochlandes von Quito. Erste Abhandlung. In: Annalen der Physik und Chemie, Bd. 40 (1837), S. 161-193, hier S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_geognostisch_1837/11>, abgerufen am 27.04.2024.