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Humboldt, Wilhelm von: Ideen zu einem Versuch, die Gränzen der Wirksamkeit des Staats zu bestimmen. Breslau, 1851.

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überhaupt nicht gut ist, einzelnen Resultaten eine so grosse
Wichtigkeit beizumessen, zu glauben, dass entweder so viele
andere Wahrheiten, oder so viele äussere oder innere nützliche
Folgen von ihnen abhängen. Es wird dadurch zu leicht ein
Stillstand in der Untersuchung hervorgebracht, und so arbeiten
manchmal die freiesten und aufgeklärtesten Behauptungen
gerade gegen den Grund, ohne den sie selbst nie hätten empor-
kommen können. So wichtig ist Geistesfreiheit, so schädlich
jede Einschränkung derselben. Auf der andren Seite hingegen
fehlt es dem Staate nicht an Mitteln, die Gesetze aufrecht zu
erhalten, und Verbrechen zu verhüten. Man verstopfe, so viel
es möglich ist, diejenigen Quellen unsittlicher Handlungen,
welche sich in der Staatseinrichtung selbst finden, man schärfe
die Aufsicht der Polizei auf begangene Verbrechen, man strafe
auf eine zweckmässige Weise, und man wird seines Zwecks
nicht verfehlen. Und vergisst man denn, dass die Geistesfrei-
heit selbst, und die Aufklärung, die nur unter ihrem Schutze
gedeiht, das wirksamste aller Beförderungsmittel der Sicherheit
ist? Wenn alle übrige nur den Ausbrüchen wehren, so wirkt
sie auf Neigungen und Gesinnungen; wenn alle übrige nur eine
Uebereinstimmung äussrer Handlungen hervorbringen, so schafft
sie eine innere Harmonie des Willens und des Bestrebens. Wann
wird man aber auch endlich aufhören, die äusseren Folgen der
Handlungen höher zu achten, als die innere geistige Stimmung,
aus welcher sie fliessen? wann wird der Mann aufstehen, der
für die Gesetzgebung ist, was Rousseau der Erziehung war,
der den Gesichtspunkt von den äussren physischen Erfolgen
hinweg auf die innere Bildung des Menschen zurückzieht?

Man glaube auch nicht, dass jene Geistesfreiheit und Auf-
klärung nur für einige Wenige des Volks sei, dass für den grös-
seren Theil desselben, dessen Geschäftigkeit freilich durch die
Sorge für die physischen Bedürfnisse des Lebens erschöpft wird,
sie unnütz bleibe, oder gar nachtheilig werde, dass man auf ihn

überhaupt nicht gut ist, einzelnen Resultaten eine so grosse
Wichtigkeit beizumessen, zu glauben, dass entweder so viele
andere Wahrheiten, oder so viele äussere oder innere nützliche
Folgen von ihnen abhängen. Es wird dadurch zu leicht ein
Stillstand in der Untersuchung hervorgebracht, und so arbeiten
manchmal die freiesten und aufgeklärtesten Behauptungen
gerade gegen den Grund, ohne den sie selbst nie hätten empor-
kommen können. So wichtig ist Geistesfreiheit, so schädlich
jede Einschränkung derselben. Auf der andren Seite hingegen
fehlt es dem Staate nicht an Mitteln, die Gesetze aufrecht zu
erhalten, und Verbrechen zu verhüten. Man verstopfe, so viel
es möglich ist, diejenigen Quellen unsittlicher Handlungen,
welche sich in der Staatseinrichtung selbst finden, man schärfe
die Aufsicht der Polizei auf begangene Verbrechen, man strafe
auf eine zweckmässige Weise, und man wird seines Zwecks
nicht verfehlen. Und vergisst man denn, dass die Geistesfrei-
heit selbst, und die Aufklärung, die nur unter ihrem Schutze
gedeiht, das wirksamste aller Beförderungsmittel der Sicherheit
ist? Wenn alle übrige nur den Ausbrüchen wehren, so wirkt
sie auf Neigungen und Gesinnungen; wenn alle übrige nur eine
Uebereinstimmung äussrer Handlungen hervorbringen, so schafft
sie eine innere Harmonie des Willens und des Bestrebens. Wann
wird man aber auch endlich aufhören, die äusseren Folgen der
Handlungen höher zu achten, als die innere geistige Stimmung,
aus welcher sie fliessen? wann wird der Mann aufstehen, der
für die Gesetzgebung ist, was Rousseau der Erziehung war,
der den Gesichtspunkt von den äussren physischen Erfolgen
hinweg auf die innere Bildung des Menschen zurückzieht?

Man glaube auch nicht, dass jene Geistesfreiheit und Auf-
klärung nur für einige Wenige des Volks sei, dass für den grös-
seren Theil desselben, dessen Geschäftigkeit freilich durch die
Sorge für die physischen Bedürfnisse des Lebens erschöpft wird,
sie unnütz bleibe, oder gar nachtheilig werde, dass man auf ihn

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[80/0116] überhaupt nicht gut ist, einzelnen Resultaten eine so grosse Wichtigkeit beizumessen, zu glauben, dass entweder so viele andere Wahrheiten, oder so viele äussere oder innere nützliche Folgen von ihnen abhängen. Es wird dadurch zu leicht ein Stillstand in der Untersuchung hervorgebracht, und so arbeiten manchmal die freiesten und aufgeklärtesten Behauptungen gerade gegen den Grund, ohne den sie selbst nie hätten empor- kommen können. So wichtig ist Geistesfreiheit, so schädlich jede Einschränkung derselben. Auf der andren Seite hingegen fehlt es dem Staate nicht an Mitteln, die Gesetze aufrecht zu erhalten, und Verbrechen zu verhüten. Man verstopfe, so viel es möglich ist, diejenigen Quellen unsittlicher Handlungen, welche sich in der Staatseinrichtung selbst finden, man schärfe die Aufsicht der Polizei auf begangene Verbrechen, man strafe auf eine zweckmässige Weise, und man wird seines Zwecks nicht verfehlen. Und vergisst man denn, dass die Geistesfrei- heit selbst, und die Aufklärung, die nur unter ihrem Schutze gedeiht, das wirksamste aller Beförderungsmittel der Sicherheit ist? Wenn alle übrige nur den Ausbrüchen wehren, so wirkt sie auf Neigungen und Gesinnungen; wenn alle übrige nur eine Uebereinstimmung äussrer Handlungen hervorbringen, so schafft sie eine innere Harmonie des Willens und des Bestrebens. Wann wird man aber auch endlich aufhören, die äusseren Folgen der Handlungen höher zu achten, als die innere geistige Stimmung, aus welcher sie fliessen? wann wird der Mann aufstehen, der für die Gesetzgebung ist, was Rousseau der Erziehung war, der den Gesichtspunkt von den äussren physischen Erfolgen hinweg auf die innere Bildung des Menschen zurückzieht? Man glaube auch nicht, dass jene Geistesfreiheit und Auf- klärung nur für einige Wenige des Volks sei, dass für den grös- seren Theil desselben, dessen Geschäftigkeit freilich durch die Sorge für die physischen Bedürfnisse des Lebens erschöpft wird, sie unnütz bleibe, oder gar nachtheilig werde, dass man auf ihn

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Zitationshilfe: Humboldt, Wilhelm von: Ideen zu einem Versuch, die Gränzen der Wirksamkeit des Staats zu bestimmen. Breslau, 1851, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_grenzen_1851/116>, abgerufen am 21.11.2024.